DAS QUARTAL 2.2017 - page 18

DAS QUARTAL 2.17
18
Themen im Fokus
„W
ir sind nicht größenwahnsinnig ge-
worden“, sagt CEO Reza Etemadian,
wenn er erklärt, warum seine Würzburger
Softwareschmiede iTiZZiMO drei Jahre
nach Gründung als neue Rechtsform die
AG wählte. Er will international expandie-
ren. „Als Aktiengesellschaft war es leichter,
Investoren an Bord zu holen“, so Etemadian.
„InternationalenFinanziers ist dieRechtsform
vertraut.“ Erster Schritt ins Ausland war die
Gründung der iTiZZiMO Inc. in den USA: „Die
Nachfrage nach unseremProdukt Simplifier
ist da.“ Die Plattform Simplifier unterstützt
Unternehmen unabhängig von Branche
oder Geschäftsfeld bei der Digitalisierung.
Investorenstecktenschon fünfMillionenEuro
in das Unternehmen. Mit der Umwandlung
der GmbH in eine AG hielt sich der Mittel-
ständler auch eine Option für die Zukunft
offen: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass
wir an die Börse gehen“, sagt Etemadian,
umdann einzuschränken: „Wahrscheinlicher
aber ist ein solider Wachstumsprozess.“
Leistungsträger will er bereits heute mit
Aktienoptionen an die Firma binden und
am Erfolg beteiligen: „Das ist ein schöner
Nebeneffekt der Umfirmierung.“
Wechselgrund herausarbeiten
Es gibt viele Gründe für einen Wechsel der
Rechtsform, etwa Änderungen bei Unter-
nehmenssituation und strategischer Aus-
richtung sowie steuerliche Überlegungen.
Steigt der Umsatz, gründen Firmenchefs
oft eine GmbH, die als juristische Person
beispielsweise bei der Auftragsvergabe ei-
nen Vorteil bringen könnte. Drohen mit der
Ausweitung des Geschäfts höhere Risiken,
möchten Inhaber ihre persönliche Haftung
begrenzen. Wachstumsunternehmen wer-
den mit gut handelbaren Anteilsscheinen
attraktiver für Kapitalgeber oder Topma-
nager. Auch wer seine Nachfolge plant,
kommt nicht an dem Thema vorbei, wenn
er die Übergabe steuerlich optimieren und
sein Lebenswerk bewahren möchte. Die
Rechtsform beeinflusst zudem, wer die
Geschäfte führt und den Unternehmens-
kurs bestimmt, ob Gesellschafter aufge-
nommen werden können und welche Bilan-
zierungs- und Publizitätspflichten gelten.
Entschieden werden sollte über die Rechts-
form nie ohne fachliche Expertise und
genaue Analyse des Unternehmens. Der
Steuerberater hilft, exakt die Lösung zu
identifizieren, mit der sich strategische
und wirtschaftliche Ziele am besten er-
reichen lassen. Der Anwalt formuliert die
Dokumente. „Eine wichtige Rolle spielen
die steuerrechtlichen Besonderheiten je-
der Gesellschaftsform sowie die Anforde-
rungen an die Rechnungslegung, die mit
erheblichen Kosten verbunden sein kön-
nen“, meint Hartmut Schwab, Vizepräsident
der Bundessteuerberaterkammer (BStBK).
An die Steuerbelastung denken
Der Steuerberater legt dem Mandanten
genau dar, wie das Umfirmieren die Steuer-
last und Liquidität beeinflusst. „Die private
Situation der Anteilseigner muss berück-
sichtigt werden“, sagt Jens Eric Gotthardt,
Vorsitzender des Fachausschusses Gesell-
schaftsrecht der Bundesrechtsanwaltskam-
mer. Eine der wichtigsten Fragen sei: „Sind
regelmäßige private Entnahmen geplant?“
Die meisten Gründer starten als Einzelun-
ternehmer oder – bei mehreren Partnern
– Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).
Der bürokratische Aufwand ist gering: Sie
melden ein Gewerbe an. Kaufleute benöti-
gen einen Eintrag ins Handelsregister. Der
Einzelunternehmer trägt dann den Zusatz
e. K. (eingetragener Kaufmann), mehrere
Personen können als offene Handelsge-
sellschaft (OHG) firmieren. Einzelunterneh-
men sind günstig zu gründen und leicht zu
handhaben. „Es ist kein festes Kapital zu
erbringen und keine Mindesteinlage zu leis-
ten“, so Schwab. Die Steuererklärung bleibt
überschaubar. Der ermittelte Gewinn ent-
fällt auf den Unternehmer und wird von ihm
persönlich versteuert. Er haftet jedoch für
Verluste mit seinem Privatvermögen.
Stille Reserven nicht aufdecken
Mit steigendem Umsatz und der Expan-
sion in neue Geschäftsfelder stellt sich
Unternehmern schnell die Frage nach
einer Haftungsbegrenzung, also einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
(GmbH). Das Mindeststammkapital beträgt
25.000 Euro. Bei einer Insolvenz ist dann
nur das Firmenvermögen weg. Weitere Vor-
teile: Anteile lassen sich leichter übertragen,
Kapitalgeber und Fremdgeschäftsführer
an Bord holen. „Auch die Akzeptanz einer
Kapitalgesellschaft ist im Ausland häufig
größer“, weiß BStBK-Vize Schwab.
„Der Formwechsel von einer Personen-
zur Kapitalgesellschaft ist aber ein großer
Schritt, der intensiv besprochen werden
muss“, warnt Gesellschaftsrechtsexper-
te Gotthardt, denn damit ändert sich die
Besteuerung. Die GmbH zahlt Körper-
schafts- und Gewerbesteuer. Gewinne sind,
anders als bei Personengesellschaften, von
den Gesellschaftern erst zu versteuern,
wenn sie ausgeschüttet werden. Verluste
können nicht mit anderen Einkünften der
Anteilseigner verrechnet werden. Dazu
kommt – größenabhängig – die Pflicht,
eine Bilanz aufzustellen und prüfen zu las-
sen sowie den Jahresabschluss offenzu-
legen. „Es muss darauf geachtet werden,
dass der Rechtsformwechsel steuer-
neutral erfolgt, also ohne die Aufdeckung
stiller Reserven“, betont Schwab einen
weiteren Aspekt.
Großer Beliebtheit erfreut sich bei Mittel-
ständlern auch die GmbH & Co. KG. Da-
hinter steckt eine Kommanditgesellschaft
(KG), deren Vollhafter (Komplementär)
nicht der Unternehmer selbst, sondern eine
GmbH ist. Die weiteren Gesellschafter, die
Kommanditisten, sind reine Geldgeber. Sie
haben keinen Einfluss aufs Geschäft, erhal-
ten eine Verzinsung und haften mit ihrem
investierten Kapital. Der Charme dieser
Lösung: Die Firma ist trotz Haftungsbe-
schränkung eine Personengesellschaft.
So können sich steuerliche Vorteile erge-
ben, die aber im Einzelfall genau mit dem
Steuerberater zu prüfen sind.
Stefan Voelkel dachte kaum an Steuer-
optimierung, als er seine Nachfolge vor-
bereitete – er wollte das Lebenswerk der
Familie bewahren. Schon seine Großeltern
stellten Säfte mit Früchten und Gemüse
Rechtsformwechsel – Kurs halten
mit neuem Modell
Wer Märkte erobern, frisches Kapital anlocken, die Haftung begrenzen oder die
Nachfolge sichern will, sucht für sein Unternehmen oft eine andere juristische
Hülle. Anwalt und Steuerberater helfen bei der Auswahl, sie kennen alle
Vorteile und Stolpersteine.
Text: Sigrun an der Heiden
1...,8,9,10,11,12,13,14,15,16,17 19,20,21,22,23,24,25,26,27,28,...52