DAS QUARTAL 2.2017 - page 26

Lohn und Gehalt –
jeder Stein muss exakt passen
Selbst in kleinen Unternehmen ist die Abrechnung inzwischen so schwierig,
dass eine Betriebsprüfung oft mit Nachzahlungen endet. Die Fallen reichen
von vermeintlich abgabenfreien Zuschlägen über den sogenannten
Fiktivlohn bis zur Pfändungsgrenze.
Text: Eva-Maria Neuthinger
DAS QUARTAL 2.17
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Themen im Fokus
F
ür Sandra Warden ist das Thema zwar
nicht neu, es gewinnt nach ihrer Beob-
achtung jedoch aktuell merklich an Brisanz.
„Nach einer Prüfung der Sozialversicherung
werden derzeit viele Unternehmer aufge-
fordert, eine Nachzahlung zu leisten – sie
sollen Beiträge auf gar nicht ausgezahlte
und dazu noch vermeintlich abgabenfreie
Zuschläge abführen“, berichtet die Ge-
schäftsführerin für Arbeitsrecht und Soziales
in der Berliner Bundesgeschäftsstelle des
Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands
(DEHOGA) aus der Praxis. Die betroffenen
Firmenchefs müssen sich in diesem Fall
mit einer ihnen normalerweise weitgehend
unbekannten Feinheit bei Steuern und Ab-
gaben beschäftigen, für die die Fachleute
sogar eine eigene Bezeichnung haben. Es
geht um die sogenannte Fiktivlohnfalle.
Zuschläge machen oft Probleme
Jeder Unternehmer weiß, dass Zuschläge
für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit
vom Zugriff des Fiskus verschont bleiben.
Für den Arbeitgeber und seinen Mitarbeiter
sind die Leistungen zudem bis zu einem
Stundenlohn von 25 Euro sozialversiche-
rungsfrei. Was vielen Firmenchefs jedoch
nicht bewusst ist: „Die Abgabenfreiheit
gilt nur, wenn Zuschläge für Arbeit gezahlt
werden, die tatsächlich und nachweislich
zu den vom Steuerrecht begünstigten
Stunden geleistet wurde“, erklärt Warden.
So können Sozialabgaben fällig sein, mit
denen keiner rechnet. Wird ein Arbeitneh-
mer etwa krank oder geht er in Urlaub,
ergibt sich üblicherweise das Salär für
diesen Zeitraum nach dem sogenannten
Lohnausfallprinzip – bei Krankschreibung
aus dem durchschnittlichen Verdienst der
letzten zwölf Monate, bei Urlaub aus dem
der vergangenen 13 Wochen, jeweils ein-
schließlich der gezahlten Zuschläge.
Es ist unerheblich, ob der Mitarbeiter das
Plus auf Basis eines Tarifvertrags oder
seines individuellen Arbeitsvertrags erhal-
ten hat. Wird nicht tatsächlich gearbeitet,
fallen Sozialversicherungsbeiträge auf die
Zuschläge an – aufgrund der sogenannten
betrieblichen Übung sogar bei freiwilligen
Leistungen und generell auch für Leistun-
gen, die dem Beschäftigten in diesem Zeit-
raum gar nicht ausgezahlt wurden.
Allein der Unternehmer haftet
Für Unternehmer kann das teuer werden.
„Der Firmenchef muss im Regelfall für den
gesamten Zeitraum, den der Prüfer der
Sozialversicherung unter die Lupe genom-
men hat, die Nachzahlung allein tragen“,
betont Thilo Söhngen, Vizepräsident des
Steuerberaterverbands Westfalen-Lippe.
Die Mitarbeiter kann er zumeist nicht mehr
in die Pflicht nehmen. Es ist daher emp-
fehlenswert, die Lohnzahlungen mit einem
Steuerberater zu besprechen, um solchen
Stolpersteinen auszuweichen.
Margit Niedermaier, die gemeinsam mit
ihrem Mann Heribert in Hohenpolding bei
Landshut die Niedermaier Haustechnik
GmbH führt, sind derartige Risiken sehr
wohl bekannt: „Wir haben uns darum
schon vor vielen Jahren dazu entschlossen,
unsere Lohnbuchhaltung komplett an
unsere Steuerkanzlei auszugliedern, und
fahren sehr gut damit.“ Die Firma wird
lückenlos über alle Jahre geprüft. „Es kam
noch nie zu Beanstandungen“, sagt die Fir-
menchefin zufrieden. Sie nimmt jedes Jahr
an Weiterbildungsveranstaltungen bei-
spielsweise von Krankenkassen teil, damit
sie in puncto Lohnabrechnung auch selbst
auf dem Laufenden bleibt. „Dann stelle ich
immer wieder fest, wie kompliziert die
Materie ist und vor allem: wie viel sich
ändert“, sagt Niedermaier mit Blick auf die
Inhalte dieser Seminare. „Es wäre für uns
zu aufwendig, uns über jedes Detail früh-
zeitig zu informieren.“
An Pfändungsgrenzen denken
Wie knifflig die Einzelheiten bei der Lohn-
abrechnung häufig sind, zeigt das Beispiel
Gehaltspfändung. „Es kommt durchaus
öfter vor, dass Mitarbeiter so hoch ver-
schuldet sind, dass ihnen ein Teil des
Lohns nicht ausgezahlt werden darf“, er-
läutert Verbandsvize Söhngen. „Der Unter-
nehmer haftet im Zweifel gegenüber dem
Gläubiger.“ Mit der Zustellung eines Pfän-
dungsbeschlusses – er wird in der Regel
von einem Gerichtsvollzieher übergeben –
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