DAS QUARTAL 3.2016 - page 20

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ei der Hoppen Innenausbau GmbH in
MönchengladbachwissendieMitarbeiter
stets genau, was in den nächsten Tagen zu
tun ist: Eine große Pinnwand in der Produk-
tionshalle zeigt alle aktuellen Aufträge, die
von der Gestaltung des Konferenzraums in
einem Bürogebäude bis zum Ausbau des
Wohnbereichs in einemPrivathaus reichen
– und die damit verbundenen Aufgaben.
„So sieht jeder, was erledigt werden muss,
und kann sich dort einbringen, wo seine
Stärken liegen“, erklärt Ralf Hoppen, der den
Betrieb mit seiner Frau Karin und seinem
Cousin Peter leitet, diese ungewöhnliche
Art der Arbeitsorganisation. „Dadurch lässt
sich unnötiger Stress verhindern, weil jeder
Mitarbeiter entsprechend seinen Interessen
und Fähigkeiten eingeteilt werden kann.“
So eine in vielen Unternehmen undenkbare
Transparenz gehört zu einem durchdach-
ten System des betrieblichen Gesundheits-
managements. Firmenchef Hoppen will,
dass seine Mitarbeiter gern zu ihm kom-
men, weil sie hier mehr Erfüllung finden als
in einer anonymen, streng durchgetakteten
Fertigung im Fließbandformat.
In Gesundheitskurse investieren
Deshalb optimiert er auch kontinuierlich
Prozesse und Ausstattung, um die körper-
liche Belastung der Beschäftigten zu re-
duzieren, und bietet ihnen Leistungen zur
Verbesserung des Gesundheitszustands,
etwa Fitnesskurse. Werden in Absprache
mit dem Steuerberater die entsprechenden
Vorgaben erfüllt, bleiben für jeden Begüns-
tigten jährlich Zuwendungen von bis zu 500
Euro steuer- und sozialversicherungsfrei.
Die Sinnhaftigkeit solch eines Gesund-
heitsmanagements steht für Hoppen außer
Frage, denn er hat erkannt: „Wir sind hier
fast alle um die 50 und wollen schließlich
gesund alt werden.“
Das scheint anderswo schwieriger zu sein,
weil sich die Beschäftigten dort nicht rich-
tig wohlfühlen. „Momentan kämpfen wir
mit dem Auftreten psychischer Probleme“,
warnt Julia Scharnhorst, im Berufsverband
deutscher Psychologinnen und Psycholo-
gen zuständig für Gesundheitspsychologie.
„Ursache sind oft der Umgang miteinander
im Unternehmen und die Gestaltung der Ar-
beitsprozesse.“ Erheblich beeinflusst wird
das Stressniveau dadurch, ob Beschäftig-
te eine ausreichende Entscheidungs- und
Handlungsfreiheit spüren. „Darf man seine
Arbeit selbst gestalten, ist das gesundheits-
fördernd“, betont die Psychologin. „Wer
eingeschränkt ist und strenge Vorgaben
hat, arbeitet ständig gegen seinen eigenen
Rhythmus, und das kann zu psychischen
Problemen führen.“ Verringern lässt sich
die Belastung unter anderem durch Verän-
derungen in der Arbeitsorganisation sowie
Programme zur Gesundheitsförderung.
Mitarbeitern Angebote machen
In kleinen Betrieben wird das Thema Ge-
sundheitsförderung oft mit dem Argu-
ment abgelehnt, das koste Zeit, Geld und
personelle Ressourcen. Scharnhorst hält
das für Ausreden. „Dann will der Chef sich
einfach nicht darum kümmern“, meint sie,
denn: „In solchen Unternehmen gibt es we-
niger zu untersuchen, ein Workshop dauert
vielleicht nur zwei bis drei Stunden.“ Dabei
steht für die Psychologin außer Frage,
dass sich dieser verhältnismäßig geringe
Aufwand nachhaltig lohnt: „Mitarbeiter sind
motiviert, wenn sie merken, dass der Un-
ternehmer an ihre Gesundheit denkt.“ Dies
sei gerade bei einer kleinen Mannschaft
extrem wichtig, wo ein Mitarbeiter etwa im
Krankheitsfall viel schwerer zu ersetzen ist
als bei einer großen Belegschaft.
Rahmenbedingungen verbessern
Bei Hoppen Innenausbau ist die Botschaft
angekommen. Es werden diverse Ideen um-
gesetzt, um die psychische und körperliche
Gesundheit der 27 Mitarbeiter zu stärken.
Beispielsweise arbeiten vier Frauen mit
Kindern auf Halbtagsstellen und dürfen
viele Aufgaben am heimischen Computer
erledigen. „Die flexiblen Arbeitszeiten neh-
men ihnen die Sorge um die Betreuung der
Kinder“, weiß Hoppen. „Das ist ein großer
WORK-LIFE-BALANCE:
steuerlich eine runde Sache
Um die Beschäftigten fit zu halten und den Ruf des Unternehmens aufzupolieren,
setzen viele Unternehmer auf betriebliche Gesundheitsförderung.
Werden geschickt externe Angebote genutzt sowie Vorgaben
des Fiskus befolgt, kostet das weniger als gedacht.
Text: Pia Weber
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