DAS QUARTAL 3.2016 - page 12

BEI FRAGEN SPRECHEN SIE BITTE IHREN
ZUSTÄNDIGEN STEUERBERATER AN.
DAS QUARTAL 3.16
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Themen im Fokus
Sachverhalt
Der Kläger ist Zahnarzt. Die Beklagte be-
treibt unter der Internetadresse www.
jameda.de ein Portal zur Arztsuche und
-bewertung. Dort können Interessierte
Informationen über Ärzte aufrufen. Regis-
trierten Nutzern bietet das Portal zudem
die Möglichkeit, die Tätigkeit von Ärzten zu
bewerten. Die Bewertung, die der jeweilige
Nutzer ohne Angabe seines Klarnamens
abgeben kann, erfolgt dabei anhand einer
sich an Schulnoten orientierenden Skala für
insgesamt fünf vorformulierte Kategorien,
namentlich „Behandlung“, „Aufklärung“,
„Vertrauensverhältnis“, „genommene Zeit“
und „Freundlichkeit“. Ferner besteht die
Möglichkeit zu Kommentaren in einem
Freitextfeld.
Gegenstand der Entscheidung des Bun-
desgerichtshofs war die Bewertung des
Klägers durch einen anonymen Nutzer,
er könne den Kläger nicht empfehlen.
Als Gesamtnote war 4,8 genannt. Sie
setzte sich aus den in den genannten
Kategorien vergebenen Einzelnoten zu-
sammen, darunter jeweils der Note „6“
für „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Ver-
trauensverhältnis“. Der Kläger bestreitet,
dass er den Bewertenden behandelt hat.
Der Kläger forderte die Beklagte zur Entfer-
nung der Bewertung auf. Diese sandte die
Beanstandung dem Nutzer zu. Die Antwort
des Nutzers hierauf leitete sie dem Kläger
unter Hinweis auf datenschutzrechtliche
Bedenken nicht weiter. Die Bewertung be-
ließ sie im Portal.
Verfahrensweg
Mit seiner Klage verlangte der Zahnarzt von
dem Bewertungsportal, es zu unterlassen,
die dargestellte Bewertung zu verbreiten
oder verbreiten zu lassen. Das Landgericht
Köln hatte der Klage und damit dem Unter-
lassungsbegehren stattgeben.
Das Oberlandesgericht Köln hatte die Klage
auf die Berufung des Bewertungsportals
abgewiesen. Der für das Allgemeine Per-
sönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat diese Ent-
scheidung aufgehoben und den Rechts-
streit an das Berufungsgericht zurückver-
wiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Die beanstandete Bewertung ist nach dem
Urteil des Bundesgerichtshofs keine eige-
ne „Behauptung“ des Bewertungsportals,
weil dieses sie sich inhaltlich nicht zu eigen
gemacht hat. Das Bewertungsportal haftet
demnach für die vom Nutzer ihres Portals
abgegebene Bewertung deshalb nur dann,
wenn es zumutbare Prüfungspflichten ver-
letzt hat:
Deren Umfang richtet sich nach den Um-
ständen des Einzelfalls. Maßgebliche Be-
deutung kommt dabei dem Gewicht der
beanstandeten Rechtsverletzung, den
Erkenntnismöglichkeiten des Providers
sowie der Funktion des vom Provider be-
triebenen Dienstes zu. Hierbei darf einem
Diensteanbieter keine Prüfungspflicht
auferlegt werden, die sein Geschäftsmo-
dell wirtschaftlich gefährdet oder seine
Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert.
Auf der Grundlage der Feststellungen des
Oberlandesgerichts Köln hat das Bewer-
tungsportal nach dem Urteil des Bundesge-
richtshofs seine obliegenden Prüfpflichten
verletzt. Der Betrieb eines Bewertungspor-
tals trägt im Vergleich zu anderen Portalen
von vornherein ein gesteigertes Risiko von
Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich.
Diese Gefahr wird durch die Mög-
lichkeit, Bewertungen ano-
nym oder pseudonym
abzugeben, ver-
stärkt. Zudem
erschweren
Bundesgerichtshof konkretisiert
Pflichten des Betreibers eines
Ärztebewertungsportals
Der Bundesgerichtshof hat am 01.03.2016 ein weiteres Grundsatzurteil zu den
Pflichten von Bewertungsportalen veröffentlicht. In der Sache mit dem
Aktenzeichen VI ZR 34/15 hat ein Arzt das Bewertungsportal Jameda verklagt.
es nach dem Bundesgerichtshof derart
verdeckt abgegebene Bewertungen dem
betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden
direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund
hätte die beklagte Portalbetreiberin die Be-
anstandung des betroffenen Arztes dem
Bewertenden übersenden und ihn dazu
anhalten müssen, ihr den angeblichen
Behandlungskontakt möglichst genau zu
beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den
Bewertenden auffordern müssen, ihr den
Behandlungskontakt belegende Unterla-
gen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder
sonstige Indizien, möglichst umfassend
vorzulegen. Diejenigen Informationen und
Unterlagen, zu deren Weiterleitung sie ohne
Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage
gewesen wäre, hätte sie an den Zahnarzt
weiterleiten müssen.
Fazit
Der Bundesgerichtshof weist dem Portal-
betreiber zu Recht eine vermittelnde Rolle
zwischen den Parteien zu. Sowohl die Pati-
enten, die anonym eine Bewertung abgeben
wollen, als auch Bewertungsempfänger,
deren Rechte durch falsche Bewertungen
leicht verletzt werden können, profitieren
von dieser Entscheidung.
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