DAS QUARTAL 1.2017 - page 22

DAS QUARTAL 1.17
22
Themen im Fokus
Ökonomisch gesehen –
Konjunkturperspektiven 2017
Text: Philipp Dobbert (Chefvolkswirt und stv. Leiter Vermögensverwaltung)
D
er Jahresstart gibt regelmäßig eine
gute Gelegenheit, die konjunkturellen
Perspektiven und damit gewissermaßen
auch den Nährboden der Kapitalmarktent-
wicklung eines Anlagejahres auszuloten.
Der unmittelbare Einfluss der konjunktu-
rellen Entwicklung auf die Perspektiven der
Kapitalmärkte ist zwar in den letzten Jahren
durch die massiven wirtschaftspolitischen
Eingriffe der Zentralbanken – die auch in
2017, insbesondere in Europa, die sonstigen
Rahmenbedingungen dominieren dürften
– deutlich zurückgegangen. Ein solcher
Blick bleibt aber durchaus lohnenswert
für die Feinsteuerung der internationalen
Struktur der Investitionen, insbesonde-
re im Aktienbereich. Zu diesem Zweck
wird im Portfoliomanagement Ihrer Quirin
Privatbank ein Konjunkturmodell für die
von uns betrachteten Wirtschaftsregionen
gepflegt, das die Vielzahl der verschiedenen
Konjunkturindikatorenauf einSignal jeRegion
verdichtet. Dieses deutet in unterschiedlich
starker Ausprägung entweder konjunkturell
auf einen Auf- oder Abschwung hin.
USA
Die Frage der konjunkturellen und allge-
mein wirtschaftlichen Perspektiven in den
USA bleibt vorerst kaum zu beantworten,
da weiter unklar bleibt, welche Ziele der
neue Präsident Trump nun tatsächlich
verfolgen wird.
Insbesondere die zu erwartenden Ände-
rungen im Bereich der Steuerpolitik sowie
die avisierten Ausgabenpakete in den Be-
reichen öffentliche Infrastruktur und Militär
könnten sich – wenn auch nur kurzfristig –
konjunkturell positiv auswirken. Schwierig
hingegen dürfte es für die US-Wirtschaft
werden, wenn tatsächlich die angedachten
Außenhandelsbeschränkungen in die Tat
umgesetzt würden. In den Konjunkturindi-
katoren der USA sind schon vor dem Jah-
reswechsel viele mögliche vorübergehend
positive Wirkungen dieser Maßnahmen
vorweggenommen worden. Vor allem auch
die Frühindikatoren mit einem Prognose-
horizont um 6 Monate drehten deutlich
ins Positive. Angesichts dieser Datenlage,
die gemäß unserem Modell so deutlich
auf Wachstum hinweist wie seit 5 Jahren
nicht, dürfte von einer konjunkturellen
Stärkephase in den USA ausgegangen
werden. Aufgrund der vielen genannten
Unwägbarkeiten und der sonst fortbeste-
henden spürbaren Risiken – z. B. mögliche
stärkere Abkehr vom Nullzinskurs der Fed
oder auch politische Spannungen – bleibt
aber unklar, wie kräftig und lang anhaltend
diese Phase tatsächlich sein wird.
Europa
In Europa stehen die konjunkturellen Aus-
sichten gemäß unserem Modell ähnlich
günstig wie in den USA. Einzig die euro-
päischen Arbeitsmärkte bleiben trotz der
signifikanten Aufholbewegungen im letzten
Jahr weiter auf Abschwungniveau.
Dies könnte sich in den kommenden Mo-
naten aber auch relativ rasch ändern. Dann
würden auch in diesem Wirtschaftsraum
die Zeichen so deutlich auf Wachstum
stehen wie seit 5 Jahren nicht mehr. Aller-
dings sind die neben der reinen Datenla-
ge bestehenden (wirtschafts-)politischen
Herausforderungen in Europa ungleich
größer als in den USA. Hier wäre zum
einen die anhaltende Krise des italienischen
Bankensektors zu nennen. Aufgrund fauler
Kredite in erheblichem Umfang wird
wohl die italienische Regierung als Retter
agieren müssen – man fühlt sich an 2008
oder 2012 erinnert.
In Frankreich wird gewählt – bei ähnlich
unerwartetem und uneuropäischem Aus-
gang wie in Großbritannien droht erneut
europaweites Ungemach. Und überhaupt:
der Brexit. Hier wird es im Jahresverlauf
weitere Entwicklungen geben, die eben-
falls konjunkturell – insbesondere über
den Außenhandel – destabilisierend wir-
ken können.
• Mit dem Jahreswechsel haben – wie in jedem Jahr – Konjunktur-
prognosen wieder Hochkonjunktur
• Sie kennen uns: Wir wollen nicht vermeintlich sichere punktgenaue
Vorhersagen treffen, auf deren Basis Sie dann den Großteil Ihres Portfolios
aufbauen und damit zu viel riskieren
• Trotzdem ist für die Feinsteuerung der internationalen Struktur –
insbesondere im Aktienbereich – ein Blick auf die möglichen Konjunktur-
perspektiven der von uns betrachteten Regionen durchaus sinnvoll
2017 – VIELE FRAGEZEICHEN
1...,12,13,14,15,16,17,18,19,20,21 23,24,25,26,27,28,29,30,31,32,...52