DAS QUARTAL 1.2017 - page 26

Rechtsprechung zu
abgasmanipulierten Fahrzeugen
Im September 2015 wurde der VW-Abgasskandal aufgedeckt. VW verwendete
eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung ihrer Diesel-Fahrzeuge.
Etwa 2,5 Millionen Autos von VW, Seat, Skoda und Audi stoßen in Deutschland
mehr Stickoxid und Feinstaub in die Luft als zulässig.
DAS QUARTAL 1.17
26
Themen im Fokus
N
ach knapp über einem Jahr gibt es
erste Urteile zu den abgasmanipulierten
Fahrzeugen. Die Rechtsprechung ist jedoch
nicht einheitlich. Die Tendenz erscheint
jedoch verbraucherfreundlich:
Mögliche Rechte
Käufern eines abgasmanipulierten Fahr-
zeugs können verschiedene Rechte zu-
stehen. Zum einen sind Ansprüche gegen
den VW-Konzern denkbar. Zum anderen
kommen auch Rechte gegen den Kfz-
Händler in Betracht.
Ansprüche gegenüber dem VW-Konzern
Gegenüber dem VW-Konzern können
Schadenersatzansprüche bestehen.
In diesem Zusammenhang sind der
Redaktion jedoch keine Urteile bekannt.
Ein Schaden wird jedoch mit hoher Wahr-
scheinlichkeit zu bejahen sein, wenn das
gekaufte Fahrzeug wegen der manipu-
lierten Motorsteuerung seine Betriebszu-
lassung oder seine Umweltplakette ver­
lieren würde. Auch eine Erhöhung des Sprit-
verbrauchs oder eine geringere Fahrleis-
tung wegen einer Nachbesserung könnte
zu einem durch den Hersteller zu ersetzen-
den Schaden führen.
Ansprüche gegenüber Händlern
Die meisten rechtlichen Auseinander-
setzungen werden zwischen Käufern und
Händlern geführt. Hierzu gibt es bereits
eine Vielzahl an Urteilen. Die Käufer eines
Autos mit betroffenem Motor können ge-
gen den Verkäufer Ansprüche auf Nach-
besserung haben. Die Kosten der Nach-
besserung muss der Händler bzw. der
Hersteller übernehmen.
Ist die von einem Käufer gesetzte (ange-
messene) Frist zur Nachbesserung ver-
strichen, ist der Rücktritt vom Kaufvertrag
denkbar. So hat das Landgericht München I
entschieden (Urteil vom 14.04.2016,
Aktenzeichen 23 O 23033/15), dass der Ver-
käufer den Kaufpreis abzüglich Nutzungs-
ersatz zurückzahlen muss. Ähnlich hat das
Landgericht Krefeld entschieden (Urteile
vom 14.09.2016, Aktenzeichen 2 O 72/16
und 83/16).
Auch das Landgericht Aachen hat mit Ur-
teil vom 06.12.2016 (Aktenzeichen 10 O
146/16) entschieden, dass der beklagte
VW-Vertragshändler zur Erstattung des
Kaufpreises abzüglich einer Nutzungs-
entschädigung verpflichtet sei. In der Ur-
teilsbegründung führte es sogar aus, dass
eine Frist zur Nacherfüllung jedenfalls dann
nicht gesetzt werden muss, wenn das
Autohaus selbst eine Nachbesserung ab-
lehnt und den Käufer auf eine VW-Rück-
rufaktion verweist. Auch eine zwischen-
zeitliche Nachrüstung in der Werkstatt
führte nach der Argumentation des Land-
gerichts Aachen zu keinem anderen Er-
gebnis. Das gleiche Ergebnis kannmit hoher
Wahrscheinlichkeit durch eine Anfechtung
wegen arglistiger Täuschung erreicht
werden.
Das Landgericht Düsseldorf hatte hinge-
gen eine Klage zur Rückabwicklung eines
in Rede stehenden Kaufvertrags abgelehnt.
In diesem Fall hatte der Käufer dem Ver-
käufer jedoch keine Frist gesetzt (Urteil
vom 23.08.2016, Aktenzeichen 413/15).
Gründe, nach denen eine Fristsetzung aus-
nahmsweise entbehrlich sein könnte, sah
das Düsseldorfer Landgericht nicht.
1...,16,17,18,19,20,21,22,23,24,25 27,28,29,30,31,32,33,34,35,36,...52