DAS QUARTAL 2.2014 - page 22

DAS QUARTAL 2.14
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Themen im Fokus
Hintergründe und Logik des evidenzbasierten
Asset-Managements
Text: von Prof Dr. Stefan May (Leiter Asset-Management quirin bank AG)
I
m Rahmen unseres innovativen Anlage-
konzepts „Markt – Meinung – Wissen“
spielt der sogenannte Marktbaustein eine
hervorgehobene Rolle. Idealerweise sollte
er in Ihrem Vermögensengagement das
größte Gewicht haben. Speziell imBaustein
„Markt“ werden wir daher Ihr Vermögen in
Zukunft noch mehr als bisher mithilfe eines
wissenschaftlich fundierten Investmentan-
satzes verwalten, den wir evidenzbasiertes
Asset Management nennen. Dieser Ansatz
ist nicht nur wissenschaftlich abgesichert,
sondern auch nachweisbar erfolgreicher als
sämtliche Alternativen. Mit den folgenden
Ausführungen möchte ich Ihnen die Hin-
tergründe und Logik dieses werthaltigen
Investmentansatzes erläutern.
Markteffizienz und aktives Management
Die übliche Anlagepraxis ignoriert in der
Regel ein zentrales Ergebnis der moder-
nen Kapitalmarktforschung, nämlich dass
die großen und wichtigen Finanzmärkte für
Aktien und Renten im Wesentlichen effizi-
ent funktionieren. Diese sogenannte Markt­
effizienzhypothese behauptet dabei kei-
neswegs, dass die Marktakteure jederzeit
perfekt informiert seien oder gar zukünftige
Entwicklungen voraussehen könnten. Dies
wird von Kritikern gerne unterstellt, ent-
spricht jedoch nicht den Tatsachen.
Stattdessen ist die der Effizienzhypothe-
se zugrunde liegende Argumentation we-
sentlich subtiler: Sie lautet lediglich, dass
an effizienten Märkten in den Kursen alles
enthalten ist, was man auf Basis der jeweils
aktuellen und zugegebenermaßen stets un-
vollständigen Informationen grundsätzlich
wissen kann. Sie lautet eben nicht, dass
die Marktakteure tatsächlich alles wis-
sen. Doch bereits diese Erkenntnis führt
zu der zwingenden Einschätzung, dass
es an effizienten Märkten nicht möglich
ist, vermeintliche Informationsvorsprünge
auszunutzen und in eine die Marktrendite
übersteigende Performance umzumünzen.
Letztlich aber muss die Frage, ob und in-
wieweit nun Finanzmärkte effizient sind
oder nicht, keineswegs auf der theoreti-
schen Ebene entschieden werden. Hierfür
genügt ein genauer Blick auf die Fakten.
Die Grundüberlegung eines solchen Fak-
tenchecks lautet wie folgt: Die einzigen
Alternativen, welche es zu einem wissen-
schaftlich fundierten Investmentansatz
gibt, sind aktive Anlagephilosophien und
-strategien, die durch eine überlegene
Prognoseleistung hinsichtlich Märkten und
Wertpapieren versuchen, eine Überrendite
zu erzielen. Genau dies wird im Fachjargon
als aktives Management bezeichnet.
Nun ist es aber erwiesen, dass all diese
aktiven Strategien nicht nachhaltig er-
folgreich sind. Die Ergebnisse der ent-
sprechenden empirischen Studien sind
so eindeutig, dass unter unabhängigen
Wissenschaftlern hier nicht mehr nur von
einer Vermutung, sondern von einer empi-
rischen Tatsache gesprochen wird.
Doch was heißt nun „nicht nachhaltig er-
folgreich“? Genau besehen haben wir es
hier mit zwei Resultaten zu tun. Das erste
besagt, dass die aktiven Managementstile
im Durchschnitt eine schlechtere Wertent-
wicklung aufweisen als die Vergleichsren-
dite des Marktes. Dies bedeutet aber, dass
es angesichts der Vielfalt aktiver Strategi-
en immer auch welche geben muss, die
deutlich besser, und welche, die deutlich
schlechter sind als die Marktrendite. Hieran
knüpfen viele Anleger die Hoffnung, dass
es dann eben genau darauf ankomme,
die entsprechenden Gewinner-Strategien
oder -Fonds zu finden. Von dieser Hoff-
nung ernährt sich eine ganze Industrie. Und
trotzdem ist sie nicht berechtigt. Denn das
zweite Ergebnis, welches ebenfalls als eine
empirische Tatsache anzusehen ist, be-
sagt, dass die Gruppe der Gewinner perma-
nent und vor allem rein zufällig wechselt. Es
gibt in dieser Gruppe keine Nachhaltigkeit.
Insofern ist auch der nachvollziehbare und
beliebte Ansatz, sich einfach den Gewin-
nern anzuschließen, zum Scheitern verur-
teilt: Anleger, welche dies versuchen, landen
– wenn sie Glück haben! – letztlich doch
wieder bei der Marktrendite oder leicht da-
runter; im schlimmen Falle (und durchaus
nicht selten) sogar weit darunter.
Eine der wichtigsten Prämissen unseres
evidenzbasierten Asset-Managements
lautet daher, dass jede den risikofreien
Zinssatz übersteigende Rendite durch die
Inkaufnahme von irgendwelchen Risiken
erkauft werden muss. Es gibt eben keine
Anlagestrategien und -produkte – seien sie
auch noch so findig und komplex konstru-
iert –, welche eine Überrendite ohne Risiko
ermöglichen. Genau dieses Versprechen
liegt aber den meisten von Banken und
Finanzdienstleistungsunternehmen un-
terbreiteten Angeboten zugrunde.
Logik des evidenzbasierten Asset-
Managements
Vor allem die skizzierten Befunde zum
aktiven Management – und weniger rein
theoretische Überlegungen – haben uns
zur Überzeugung geführt, dass eine kon-
sequente Ausrichtung an den gesicherten
Erkenntnissen der theoretischen und empi-
rischen Finanzmarktforschung die einzige
Möglichkeit ist, mit der wir unseren Kunden
langfristig am besten dienen können.
Zweistufige Diversifizierung
„Diversification is the only free lunch.“ Die-
ser Spruch unterstreicht die zentrale Rolle,
welche Diversifikation, d. h. eine gezielte Ri-
sikostreuung beim Aufbau einer sinnvollen
Depotstruktur, spielt. Dabei bedeutet Diver-
sifikation keineswegs nur möglichst viele
Wertpapiere oder nur Indexorientierung.
Erfolgsentscheidend ist vielmehr, dass in
gezielter und systematischer Weise so-
wohl innerhalb sämtlicher Anlageklassen
gestreut wird als auch über ausgewählte
Anlageklassen hinweg. Nur eine in die-
ser Weise zielgerichtete zweistufige Risi-
kostreuung gewährleistet, dass in einem
Depot wirklich alle sog. unsystematischen
Risiken beseitigt sind. Als unsystematisch
werden diejenigen Risiken bezeichnet, die
(im Gegensatz zu Marktrisiken, sprich sys-
tematischen Risiken) durch eine sinnvolle
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