DAS QUARTAL 2.2014 - page 28

DAS QUARTAL 2.14
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Themen im Fokus
Arbeitssicherheit:
Schutzkleidung ist Chefsache
Jeder Unternehmer muss mögliche Gefahren an den Arbeitsplätzen seiner
Beschäftigten beurteilen und beseitigen oder zumindest das Verletzungsrisiko
minimieren. Wer dies versäumt, zahlt bei einem Unfall eventuell teuer
für die Folgen.
Text: Pia Weber
PERSÖNLICHE HAFTUNG DROHT
Obwohl unmissverständlich dazu verpflich-
tet, drückt sich noch knapp jeder fünfte Un-
ternehmer um die Gefährdungsbeurteilung.
Dies besagt beispielsweise das Dekra-Ar-
beitssicherheitsbarometer 2013/2014, für
das 800 meist kleine und mittlere Betriebe
befragt wurden. Vielen Firmenchefs scheint
gar nicht klar zu sein, welch großes Risiko
sie damit eingehen. „Kommt es in diesem
Fall zu einem Arbeitsunfall, dann haftet
der Unternehmer persönlich“, sagt Dekra-
Arbeitsschutz-Experte Fatih Yilmaz.
Allerdings lassen sich immer mehr Ver-
antwortliche bewusst auf das Thema
ein – vor allem, weil sie erkennen, dass
S
ieben Uhr morgens: Die Mitarbeiter der
Firma Bad & Heizung Kreuz GmbH in
Schallstadt bei Freiburg machen sich zur
Abfahrt bereit. Auf demEinsatzplan steht die
Montage einer Solaranlage. Jeder Handwer-
ker trägt den namentlich gekennzeichneten
Rucksack, der seine persönliche Schutzaus-
rüstung (PSA) enthält, von der Schutzbrille
bis zu den Sicherheitsarbeitsschuhen. Auf
der Baustelle erwartet die Monteure ein
Gerüst, auf dem sie sich sicher bewegen
können. Das ist eine Konsequenz aus der
Gefährdungsbeurteilung, die Firmenchef
JoachimKreuzautomatischvorjedemProjekt
erstellen lässt. Gut 400 Euro berechnet er den
Auftraggebern für das Gerüst – bislang gab
es keine Proteste. „Die Kunden akzeptieren
begründete Kosten für Arbeitsschutz und
bezahlen sie auch“, sagt Kreuz. „Ich denke,
dieses Vorgehen hat das Image unserer
Firma als zuverlässiger Partner gestärkt.“
So eine Gefährdungsbeurteilung ist das
Herzstück des betrieblichen Arbeitsschut-
zes und muss laut Arbeitsschutzgesetz
in jedem Betrieb mit mindestens einem
Beschäftigten für jede Tätigkeit erstellt
werden. Ermittelt wird, welche Gesund-
heitsgefahren oder Unfallquellen sich aus
der Arbeit ergeben könnten und welche
Gegenmaßnahmen notwendig sind. Neben
der Frage, inwieweit die Beschäftigten etwa
unter Lärm, Gefahrstoffen oder körperlich
schwerer Arbeit leiden, geht es auch um
psychische Belastungen. Dazu zählen laut
Stressreport 2012 Termindruck, Störungen
und Unterbrechungen bei der Arbeit, hohe
Arbeitsgeschwindigkeit sowie die gleich-
zeitige Bearbeitung verschiedener Aufga-
ben. Solche gesundheitlichen Belastungen
zeigen Wirkung. 2011 haben mit einem
Anteil von über 40 Prozent erstmals mehr
Menschen eine Erwerbsminderungsrente
wegen psychischer Störungen erhalten als
wegen Muskel- und Skeletterkrankungen
oder Herz-Kreislauf-Problemen, so die Sta-
tistik der Deutschen Rentenversicherung.
sie angesichts des drohenden Fachkräf-
temangels bald nur noch qualifiziertes
Personal finden werden, wenn neben den
allgemeinen Arbeitsbedingungen auch die
Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz
stimmen. „Wir begegnen öfter Unterneh-
men, die versuchen, mehr für Arbeits- und
Gesundheitsschutz zu tun als gesetzlich
vorgeschrieben“, hat Yilmaz beobachtet.
Für zwei Drittel sei „Beruf und körperliche
Fitness“ ein zentrales Thema der betrieb-
lichen Gesundheitspolitik. Der demografi-
sche Wandel und psychische Belastungen
werden von jedem Zweiten als Gründe ge-
nannt. Weitsichtige Firmenchefs verstehen
die positiven Effekte durch eine unfallfreie
Umgebung und eine gesunde Belegschaft.
GESETZESRAHMEN
Diese Anforderungen müssen Sie bei der Arbeitssicherheit erfüllen
Wahlfreiheit:
Kleinen und mittleren Betrieben lassen die Berufsgenossenschaften die
Wahl zwischen Regelbetreuung und Unternehmermodell, auch alternative Betreuung
genannt. Möglich ist eine Wahl je nach Branche bei bis zu durchschnittlich weniger als
51 Mitarbeitern.
Unternehmermodell:
Der Firmenchef absolviert die von der Berufsgenossenschaft
festgelegten Informations-, Motivations- und Fortbildungsmaßnahmen. Zudem muss
er eine qualifizierte, bedarfsgerechte überbetriebliche Beratung zu Fragen des Arbeits-
schutzes in Anspruch nehmen.
Regelbetreuung:
Der Firmenchef überträgt das Thema einer Fachkraft und benennt ei-
nen Betriebsarzt. Die Grundbetreuung bei bis zu zehn Beschäftigten umfasst Basisleis-
tungen nach dem Arbeitssicherheitsgesetz, die unabhängig von der Größe des Betriebs
sind. Dabei gelten für die Experten feste Einsatzzeiten. Ab elf Mitarbeitern ist zusätzlich
noch eine betriebsspezifische Betreuung erforderlich, damit auch betriebliche Besonder-
heiten berücksichtigt werden. Eine pauschale Festlegung von Einsatzzeiten ist für diesen
Teil der Betreuung nicht möglich.
Gefährdungsbeurteilung:
Der Firmenchef muss mögliche Gesundheitsgefahren im
Betrieb schriftlich erfassen (lassen) sowie Maßnahmen zu deren Beseitigung festlegen
und umsetzen. Die Mitarbeiter sollten schriftlich bestätigen, dass sie eine Sicherheitsbe-
lehrung erhalten haben. Spätestens alle fünf Jahre ist eine Aktualisierung nötig, an der –
falls vorhanden – der Betriebsrat mitwirken sollte. Formulare, Vordrucke und Informatio-
nen liefert die Berufsgenossenschaft.
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