THEMEN IM FOKUS
DAS QUARTAL 2.13
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tant und stieg im Jahresverlauf 2012 sogar
noch weiter an. Ein Vergleich mit dem Rest
Europas verdeutlicht zwar die Ausreißerrolle
dieser beiden Euro-Staaten – rosig ist die
Lage in vielen anderen Ländern aber auch
nicht (eine wichtige Ausnahme und Beleg für
eine derzeit völlig asymmetrische konjunk-
turelle Entwicklung in der Euro-Zone:
Deutschland).
Zweitens – und hier zeigt sich die politische
und damit letztendlich entscheidende Di-
mension der Krise der Euro-Zone – werden
die Grenzen des Draghi-Effekts an der Ver-
unsicherung deutlich, die sich durch die Ent-
wicklungen der letzten Wochen und Monate
in Italien, Zypern und zuletzt in Portugal er-
neut entwickelt hat. Es ist diese Angst der
Kapitalmärkte vor politischen Zuspitzungen
in den jeweiligen Ländern, die nun – nach
den Wochen der augenscheinlichen Beruhi-
gung der Euro-Krise – wieder eindrücklich
klarmacht, dass die Probleme der Euro-Zo-
ne erstens durch den Draghi-Effekt nur
überlagert waren und zweitens im Kern poli-
tischer Natur sind. Damit sind auch Chancen
und Risiken im weiteren Verlauf der Krise
der Euro-Zone von der Politik und nicht von
der Ökonomie dominiert (und auch das nach
wie vor nicht gänzlich auszuschließende
Auseinanderbrechen oder zumindest die
Verkleinerung der Euro-Zone ist ein poli-
tisches Risiko). Was bedeuten also die
jüngsten Entwicklungen in Italien, Zypern
und Portugal für die Gemeinschaftswährung
und für die Finanzmärkte?
Die Krise ist zurück: Italien, Zypern und
Portugal.
Den ersten Kratzer im Lack erhielt
die zwischenzeitliche Beruhigung der Euro-
Krise durch das Ergebnis der Parlaments-
wahlen in Italien. Dieses war gleich aus
mehreren Gründen brisant für die Gemein-
schaftswährung. Zum einen, weil erstmals
seit Ausbruch der Euro-Krise eine Mehrheit
der Wähler für Eurokritische – um nicht zu
sagen direkt gegen den Euro gerichtete –
Parteien stimmte. Diese sind zwar in teils so
unterschiedlichen politischen Spektren be-
Marktteilnehmer eher zu herdenartigem
Verhalten und Panikreaktionen. Eine wirt-
schaftspolitisch laxe italienische Regierung
wäre für die Finanzmärkte allemal besser
als gar keine. Sie wüssten wenigstens, wo-
ran sie sind.
Für ähnlich große Aufregung wie die poli-
tische Sackgasse Italiens sorgten Ende März
die Beschlüsse zur Rettung Zyperns. Was
auf den ersten Blick wie ein bloßes „Weiter
so!“ im scheinbar endlosen Rettungsmara-
thon aussieht, könnte allerdings der erste
(wenn auch vorsichtige und unvollständige)
Schritt hin zu einer nachhaltigeren Lösungs-
strategie für die Euro-Zone sein. Denn noch
vor dem üblichen Hilfspaket der Euro-Part-
ner und des IWF mussten erstmals ein Kri-
senstaat und die Gläubiger und Kunden der
dortigen Banken (also die hauptsächlichen
Nutznießer einer Rettung) in Vorleistung tre-
ten. Damit hält nun doch noch ein gewisses
Subsidiaritätsprinzip Einzug in die Rettungs-
bemühungen, das auf der Einsicht aufbaut,
dass nur unter Einbeziehung der eigenen
vermögensmäßigen Leistungsfähigkeit ein
Rückgriff auf die wirtschaftliche Leistungs-
fähigkeit der Partnerländer im gemein-
samen Währungsraum ökonomisch sinnvoll
und politisch durchsetzbar ist. Die erzielte
Einigung, die in ihren Details nach wie vor
Gegenstand von Verhandlungen ist, sieht un-
ter anderem vor, dass Bankeinlagen von
mehr als 100.000 € zur Sanierung der ban-
krotten Kreditinstitute des Landes herange-
zogen werden. Ein absolutes Novum in der
Euro-Zone, das die Finanzmärkte zunächst
stark beunruhigte, stellt es doch die Sicher-
heit von Bankeinlagen in der Euro-Zone
heimatet, dass aus dieser Wählermehrheit
keine politische Mehrheit werden konnte.
Das verheerende Signal in Richtung des
Festhaltens am Euro der 17 Mitgliedsstaaten
kam an den Kapitalmärkten aber durchaus
an. Zum anderen ließ sich bis jetzt ebenso
wenig eine andere politisch tragfähige Re-
gierung finden, die den nach wie vor drin-
gend nötigen wirtschaftspolitischen Konsoli-
dierungs- und Reformkurs der Regierung
Monti fortsetzen könnte. Derzeit herrscht
eine fragile Pattsituation. Eine Regierungs-
bildung scheint ausgeschlossen, auch Mo-
delle von Minderheitsregierungen o. Ä. sind
bereits gescheitert. Nach wie vor führt die
Regierung Monti kommissarisch die Ge-
schäfte. Der italienische Staatspräsident hat
nun die Einsetzung einer neuen Übergangs-
regierung angeordnet, die wohl ähnlich wie
schon die Regierung Monti eher aus Techno-
kraten denn aus Politikern bestehen wird.
Zwar könnte das durchaus die Aussicht auf
eine Weiterführung der Reformpolitik wahr-
scheinlicher machen, da keine vollmundigen
Parteiprogramme umgesetzt werden müs-
sen, sondern gewissermaßen nach Sach-
stand regiert werden könnte. Gleichzeitig
bedeutet dies aber eine nicht vorhandene
politische Legitimation, die diese Hoffnung
wieder konterkarieren kann: Eine nicht
durch Wahl legitimierte Regierung wird
kaum in der Lage sein, wirklich schmerz-
liche Wirtschaftsreformen gegen den Willen
großer gesellschaftlicher Gruppen umzuset-
zen. Damit geht von Italien bis auf Weiteres
eine große lähmende Unsicherheit aus, die
vor allem für die Finanzmärkte verheerend
ist: Da, wo Unsicherheit herrscht, schießen
schnell Gerüchte ins Kraut und verleiten die
Arbeitslosigkeit in ausgewählten Staaten der
Euro-Zone (in %)
Quellen: Eurostat, eigene Darstellung
Die grundlegenden (wirtschafts-)politischen
Probleme sind keineswegs gelöst und bahnen
sich immer wieder ihren Weg an die Ober‑
fläche der öffentlichen Aufmerksamkeit.
Es gilt daher auch weiterhin, die mit
einer solchen Entwicklung einhergehende
Unsicherheit und Volatilität an den
Finanzmärkten bei der Kapitalanlage zu
berücksichtigen.
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