THEMEN IM FOKUS
DAS QUARTAL 2.13
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Die Scheinselbstständigkeit.
Eine Schein-
selbstständigkeit liegt vor, wenn jemand
nach der zugrunde liegenden Vertragsge-
staltung selbstständige Dienst- oder Werks-
leistungen für ein fremdes Unternehmen er-
bringt, tatsächlich aber nicht selbstständige
Arbeiten in einem Arbeitsverhältnis leistet.
Bei der Beurteilung des Status steht als
Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit
der Grad der unternehmerischen Entschei-
dungsfreiheit und inwiefern ein unterneh-
merisches Risiko getragen, unternehme-
rische Chancen wahrgenommen und hierfür
beispielsweise Eigenwerbung betrieben
wird. Als typische Merkmale einer Selbst-
ständigkeit gelten ferner die eigenständige
Entscheidung über Einkaufs- und Verkaufs-
preise bzw. den Warenbezug, Personelle
Fragen (Einstellung, Entlassung), die Ent-
scheidung über Einkaufs- und Verkaufskon-
ditionen sowie die eigene Kundenakquisition.
Grundsätzlich tritt bei Feststellung der
Scheinselbstständigkeit die Sozialversiche-
rungspflicht mit Aufnahme der Tätigkeit ein.
Der Auftraggeber ist verpflichtet, die ausste-
henden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbei-
träge zur Sozialversicherung rückwirkend
bis zu vier Jahre zu bezahlen. Eventuell sind
noch strafrechtliche Folgen zu erwarten.
Arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit.
Arbeitnehmerähnliche Selbstständige sind
solche Personen, die im Zusammenhang mit
ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig
keinen versicherungspflichtigen Arbeitneh-
mer beschäftigen und die auf Dauer und
im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber
tätig sind.
Diese Voraussetzung ist nach einer Faust‑
regel erfüllt, wenn 5/6 des Umsatzes über
einen Auftraggeber generiert werden. Die
rentenversicherungspflichtigen, arbeitnehmer­
ähnlichen Selbstständigen tragen ihre Bei-
träge zur Rentenversicherung in voller Höhe
selbst. Hier besteht häufig das Risiko erheb-
licher Nachzahlungen, weil zunächst keine
Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt
wurden.
Arbeitnehmerähnliche Selbstständige haben
sich innerhalb von drei Monaten nach Auf-
nahme der selbstständigen Tätigkeit beim
zuständigen Rentenversicherungsträger zu
melden.
ausgeschlossen, dass der Dienstleistende
an der Gesellschaft, für die er arbeitet, kapi-
talmäßig beteiligt ist.
Es liegt aber nicht vor, wenn der mitarbeiten-
de Gesellschafter persönlich unbeschränkt
für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft
haftet (Komplementäre einer KG, BGB/OHG-
Gesellschaft) oder nur nach dem Gesell-
schaftsvertrag zur Mitarbeit berechtigt und
verpflichtet ist (Kommanditisten einer KG)
oder die Geschicke der Gesellschaft maßge-
bend beeinflussen, insbesondere Beschlüsse
zuungunsten seines Mitarbeitsverhältnisses
verhindern kann (GmbH-Gesellschafter, Ak-
tionäre einer AG, Kommanditist einer KG)
oder für seine Mitarbeit nur einen höheren Ge-
winnanteil oder eine vom Gewinn und Verlust
der Gesellschaft abhängige Vergütung erhält.
Ob danach im Einzelfall ein abhängiges Be-
schäftigungsverhältnis auszuschließen ist,
ist anhand des Gesellschaftsvertrages, der
Satzung der Gesellschaft und der für die be-
treffende Gesellschaftsform maßgebenden
gesetzlichen Vorschriften sowie ggf. anhand
des Anstellungsvertrages zu prüfen.
Pflichtversicherung von Selbstständigen.
Pflichtversichert sind in der Regel Handwer-
ker oder Hausgewerbetreibende, Lehrer (Ver-
dienst mehr als 450 Euro monatlich; dazu
gehören auch selbstständige Coaches, Trainer
und Moderatoren), Hebammen oder Pflege-
personen (Physiotherapeut usw.), Künstler,
freie Journalisten oder Publizisten, Selbst-
ständige mit einem Auftraggeber sowie See-
lotsen, Küstenschiffer und -fischer.
Umfasst sind auch Erzieher, wenn ihre
Tätigkeit auf die Charakterschulung und
Persönlichkeitsbildung von Kindern und
Jugendlichen ausgerichtet ist. Neben Erzie-
hern in Kindergärten oder Horten sind auch
Tagesmütter versicherungspflichtig.
Abgrenzung Scheinselbstständigkeit und
der arbeitnehmerähnliche Selbstständige.
Ein in der Praxis viel beachtetes und bedeut-
sames Thema stellt die Scheinselbstständig-
keit dar. Als Scheinselbstständige bezeichnet
man Personen, die formell als Selbststän-
dige oder freie Mitarbeiter bezeichnet wer-
den, aber nach der tatsächlichen Gestaltung
ihrer Tätigkeit als abhängig beschäftigte Ar-
beitnehmer Leistungen erbringen. Deutlich
weniger Beachtung finden jedoch die arbeit-
nehmerähnlichen Selbstständigen. Dies ist
bemerkenswert, da hier erhebliche Risiken
bestehen. Arbeitnehmerähnliche Selbst-
ständige sind echte Selbstständige, sie
unterliegen aber der Rentenversicherungs-
pflicht. Die Abgrenzung dieser Personen-
gruppen gestaltet sich häufig schwierig:
Die vertragliche Ausgestaltung kann bedeut-
sam sein, tritt jedoch zurück, wenn die tat-
sächlichen Verhältnisse von ihr abweichen.
Somit sind für das Bestehen eines Beschäf-
tigungsverhältnisses letztlich nicht die
rechtlichen, sondern die tatsächlichen Ver-
hältnisse zwischen dem Beschäftigten und
seinem Arbeitgeber maßgebend. Der Be-
zeichnung der Tätigkeit im Arbeitsvertrag
kommt hier nur untergeordnete Bedeutung
zu, zumal sehr oft falsche oder ungenaue
Bezeichnungen gewählt werden.
Wesentliche Merkmale.
Von der Rechtspre-
chung wurden zur Beurteilung von abhän-
gigen Beschäftigungsverhältnissen die we-
sentlichen Merkmale herausgearbeitet: Zum
einen handelt es sich um die persönliche Ab-
hängigkeit und zum anderen um die Wei-
sungsgebundenheit.
Eine persönliche Abhängigkeit ist vielmehr
bei einer Beschäftigung in einem fremden
Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in
den Betrieb eingegliedert ist und dabei
einem Zeit, Dauer und Ort der Ausführung
umfassenden Weisungsrecht des Arbeitge-
bers unterliegt. Eine Tätigkeit gilt als wei-
sungsgebunden, wenn sie in ihrer gesamten
Durchführung vom Weisungsberechtigten
bestimmt werden kann.
Abgrenzung zur selbstständigen Tätigkeit.
Neben der Herausarbeitung der wesent-
lichen Merkmale des Beschäftigungsbegriffs
hat die Rechtsprechung auch versucht, den
Begriff der Beschäftigung durch die Abgren-
zung vom Gegenbegriff, der selbstständigen
Tätigkeit, zu konkretisieren. Die selbststän-
dige Tätigkeit ist gekennzeichnet durch das
eigene Unternehmerrisiko, das Vorhanden-
sein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfü-
gungsmöglichkeit über die eigene Arbeits-
kraft und die im Wesentlichen frei gestaltete
Tätigkeit und Arbeitszeit.
Ein Unternehmerrisiko als Indiz für die Selbst‑
ständigkeit liegt vor, wenn der Erfolg eines
eigenen wirtschaftlichen Einsatzes unge-
wiss ist. Das Unternehmerrisiko als Indiz für
eine selbstständige Tätigkeit hat entschei-
denden Einfluss auf die Beurteilung der
Frage, inwieweit mitarbeitende Gesellschaf-
ter in Personen- und Kapitalgesellschaften
als selbstständig Tätige oder abhängig Be-
schäftigte zu beurteilen sind.
Mitarbeitende Gesellschafter nehmen im
Allgemeinen eine Doppelstellung ein. Als
Gesellschafter sind sie Mitunternehmer der
Gesellschaft und als Mitarbeiter stehen sie
in einem Dienstverhältnis zur Gesellschaft.
Ein versicherungspflichtiges Beschäfti-
gungsverhältnis wird nicht schon dadurch
Bei Fragen sprechen Sie bitte
Ihren zuständigen Steuerberater an.
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