THEMEN IM FOKUS
DAS QUARTAL 2.13
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Mannheim. „Der Nachfolger lernt Unterneh-
men, Kunden sowie Mitarbeiter kennen und
kann in seine Aufgabe hineinwachsen.“
Trotzdem sieht der Forschungsbereichslei-
ter Familienunternehmen eine solche Kon-
stellation mit Skepsis: „Das funktioniert nur
mit einer klaren Kompetenzabgrenzung.“
Welche Dramen sich abspielen können,
wenn der Senior weiter reinregiert, war
jüngst bei der Unternehmensgruppe Fischer
in Waldachtal zu beobachten. Patriarch
Klaus Fischer hatte 2011 die operative
Führung des Dübel- und Schraubenherstel-
lers an seinen Sohn Jörg Klaus abgegeben.
Bereits im April 2012 schmiss dieser hin und
verließ das Unternehmen „wegen gravierend
unterschiedlicher Auffassungen.“ Klaus
Fischer hat nun – kurz vor dem Rentenalter
– wieder das alleinige Sagen. Ein Nachfolger
ist nicht in Sicht.
Inhaber stehen kurz vor dem Rentenalter.
2012 seien rund 105.000 Betriebe reif für die
Nachfolge, 2020 bereits 124.000. Gleichzeitig
gibt es auch in Unternehmerfamilien immer
weniger Kinder, unter denen sich ein geeig-
neter Nachfolger finden könnte. Dadurch
wird der Generationswechsel immer mehr
zum Risiko. 40 Prozent der Firmenchefs
räumen laut einer Studie der TNS Emnid
Medien- und Sozialforschung GmbH in
Bielefeld ein, dass sie ihren eigenen Nach-
wuchs für fachlich ungeeignet halten, den
Betrieb fortzuführen, 29 Prozent sehen per-
sönliche Defizite.
Konsequent loslassen.
„Der Nachname al-
lein macht keinen Unternehmer“, bringt es
Birgit Felden auf den Punkt. Die Professorin
für Mittelstand und Unternehmensnachfolge
forscht und lehrt an der Hochschule für
Wirtschaft und Recht in Berlin. Neben fach-
licher sowie persönlicher Eignung, sagt sie,
brauchen Nachfolger unternehmerische
Qualitäten wie Risikobereitschaft und strate-
gischen Weitblick. Doch selbst wenn ein Kind
das Zeug zum Firmenchef hat, ist der Stab-
wechsel oft zum Scheitern verurteilt, da der
Senior einfach nicht loslassen kann. „Natür-
lich ist eine gemeinsame Übergangszeit von
Vorteil“, meint Detlef Keese vom Institut für
Mittelstandsforschung (ifm) der Universität
Zeitplan:
Beginnen Sie frühzeitig mit der Vorbereitung Ihres Rückzugs. Planung und
Umsetzung des Generationswechsels dauern mindestens drei bis fünf Jahre.
Kandidaten:
Reden Sie mit der Familie darüber, wer nachfolgen könnte und auch wirklich
will. Prüfen Sie Alternativen: Ein fähiger Mitarbeiter oder externer Manager ist häufig ein
besserer Kandidat als ein unwilliger oder unzureichend qualifizierter Angehöriger.
Investitionen:
Stärken Sie die Finanz- und Ertragskraft des Unternehmens.
Werden notwendige Investitionen vernachlässigt, ist der Einstieg für externe Nachfolger
uninteressant.
Organisation:
Machen Sie sich überflüssig. Stellen Sie den Betrieb so auf, dass er auch
ohne Sie läuft. Dafür müssen klare Verantwortungsbereiche und Vollmachten festgelegt
werden.
Wertermittlung:
Lassen Sie durch eine objektive Unternehmensbewertung den fairen
Preis feststellen. Oft scheitert die Nachfolge an überzogenen Preisvorstellungen des Seniors.
Übertragung:
Geben Sie die Unternehmensanteile schrittweise in andere Hände.
Das erleichtert dem Nachfolger die Finanzierung des Kaufs.
Zurückhaltung:
Verabschieden Sie sich aus dem Tagesgeschäft: Der Senior sollte dem
Nachfolger als Ratgeber zur Verfügung stehen, sich aber nicht ständig einmischen.
Informationen:
Mehr erfahren Sie unter folgenden Internet-Adressen:
Checkliste
Diese Punkte müssen Sie bei der Nachfolge beachten
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer
Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG,
Nürnberg, Ausgabe 02/2013
Einen Fahrplan vereinbaren.
„Hier wurden
im Vorfeld offensichtlich die Hausaufgaben
nicht gemacht“, kommentiert Birgit Felden
den Fall. Unternehmer müssten die Nachfol-
ge systematisch angehen, indem sie Wün-
sche und Ziele der Beteiligten berücksichti-
gen. Schnellschüsse sind zum Scheitern
verurteilt. Die Vorbereitung und Umsetzung
des Stabwechsels dauert mindestens drei
bis fünf Jahre und sollte einem festgelegten
Fahrplan folgen. „Die Übertragung der Ge-
schäftsführung und des Vermögens sollten
Unternehmer getrennt betrachten“, rät
Felden. Erst wenn der Nachfolger gefunden
ist und der Nachfolgefahrplan steht, werden
rechtliche Absicherung und steuerliche Op-
timierung der Firmenübergabe relevant.
Steuerberater und Anwalt des Betriebs
helfen hier, die Weichen richtig zu stellen.
Wer Unternehmensteile herauslösen oder
Anteile an der Firma vorab übertragen will,
braucht das Know-how des Beraters. Auch
ein Verkauf muss gut vorbereitet sein, damit
der Betrieb nicht zum Ladenhüter wird.
„Nur wenn der Senior die Firma profitabel
geführt und Investitionen nicht vernach-
lässigt hat, ist der Einstieg für einen
familienfremden Nachfolger attraktiv“, sagt
ifm-Experte Keese.
An die Alternativen denken.
Das weiß auch
Klaus Ruder, der sich – durch die Erfahrung
seines eigenen überraschenden Einstiegs
bei Stempel-Gmähle-Schilder klug gewor-
den – gleich mehrere Nachfolge-Optionen
offenhält. Wollen seine Kinder nach dem
Studium nicht den Betrieb übernehmen,
braucht er Alternativen. Ruder denkt an ei-
nen Juniorpartner, schließt aber auch eine
Fusion nicht aus. Er ist auf alles vorbereitet:
„Das Unternehmen ist so aufgestellt, dass
jeder Mitarbeiter seinen Entscheidungsrah-
men hat und weiß, was er tun muss, sollte
ich ausfallen.“ Die Firma läuft auch ohne
Chef. Das erleichtert einem Nachfolger den
Einstieg. „Und außerdem kann ich beruhigt
in Urlaub fahren“, freut sich Ruder.
„Die Übertragung der Geschäftsführung
und des Vermögens sollten Unternehmer
getrennt betrachten.“
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