DAS QUARTAL 4.2016 - page 23

DAS QUARTAL 4.16
23
Themen im Fokus
dem man den Anlagesegmenten risikoar-
men Anlagen einerseits und risikobehafte-
ten Anlagen andererseits unterschiedlich
hohe Gewichte verleiht. Ganz wichtig in
diesem Zusammenhang: Die individuelle
Risikoneigung ist derjenige Faktor, der den
Portfolioaufbau maßgeblich bestimmen
sollte und nicht – wie viele Anleger immer
noch irrtümlich glauben – die aktuelle Ein-
schätzung der Märkte.
Sharpe fungierte mit seinen Erkenntnissen
quasi als Geburtshelfer des indexorientier-
ten Investierens – allerdings auf Umwegen.
Nimmt man nämlich seine Theorien wört-
lich, so unterstellt er, dass das Marktportfo-
lio sämtliche globale Vermögenswerte der
(liquiden) Kapitalmärkte enthält. Naturge-
mäß sind aber in der Praxis niemals alle
Vermögenswerte im Paket handelbar.
Im Zeitverlauf setzte sich aber die Erkennt-
nis durch, dass die dargelegten Grundsät-
ze auch gelten, wenn man sein Depot mit
marktbreiten Indexinvestments ausstattet.
Große und bekannte Aktien- und Anleihein-
dizes beinhalten zwar nicht alle verfügba-
ren Wertpapiere, aber in der Regel immer-
hin doch den Löwenanteil der jeweiligen
Marktkapitalisierung. Wichtig ist zudem,
dass eine wirksame Diversifikation immer
mehrere Ebenen umfasst, also diverse
Anlageklassen, Branchen, Regionen und
Unternehmensgrößen. So wirkt z. B. der
Übergang von einer rein nationalen zu ei-
ner internationalen Depotstruktur wie eine
Absenkung des systematischen Risikos.
In den 1990er-Jahren enthüllten die bei-
den Finanzmarktforscher Eugene Fama
und Kenneth French dann mithilfe zahlrei-
cher Studien Folgendes: Neben der bereits
bekannten Marktprämie existieren am
Aktienmarkt zwei weitere Prämienquellen
(Neben- und Substanzwerte). Sie bieten
dem Anleger bei konsequent langfristiger
Investition die Möglichkeit, systematisch
über die allgemeine Marktrendite hinaus-
gehende Renditen einzustreichen.
Diese speziellen Renditen bzw. Risiko-
prämien fallen jedoch in unregelmäßigen
Abständen an und sind nicht konkret vor-
hersehbar. Vor diesem Hintergrund wäre
es äußerst kurzsichtig, sich aufgrund
ihrer höheren zu erwartenden Rendite
nur auf Substanz- oder Nebenwerte zu
konzentrieren. Ein solches Vorgehen
würde die erhöhten Risiken, welche mit
diesen beiden Segmenten ebenfalls einher-
gehen, völlig vernachlässigen.
Grundsätzlich gilt daher: Ein effizientes
Wertpapierdepot erntet immer alle verfüg-
baren Prämien und nutzt dabei zugleich
auch die zwischen den Anlageklassen
bestehenden Diversifikationspotenziale.
Neben den drei Prämienbereichen des Akti-
enmarkts, gilt es noch die Marktsegmente
zu beachten, in denen Anleihen spezielle
Risikoprämien liefern. Ausfallrisikoarme
Anleihen mit langer Restlaufzeit generie-
ren die sogenannte Laufzeitprämie für das
Eingehen des Durationsrisikos. Ausfallrisi-
kobehaftete Unternehmensanleihen bieten
eine Bonitätsprämie für das Kreditrisiko.
Wie bereits erwähnt, gehören in ein effizien-
tes Wertpapierdepot zur Risikoabfederung
letztlich auch immer risikoarme Anleihen.
Unterm Strich deckt ein nach wissen-
schaftlichen Kriterien erstelltes Portfolio
die folgenden Marktsegmente ab:
• Risikoarme Anleihen
• Ausfallrisikoarme Anleihen mit
langer Restlaufzeit
• Ausfallrisikobehaftete Anleihen
• Standardaktien
• Nebenwerte (Small Caps)
• Substanzwerte (Value Stocks)
Was ist die Moral dieser Zeitreise?
Sowohl die Arbeiten der Pioniere der Finanz-
marktforschung als auch jüngste Studien
machen deutlich: Sage und schreibe rund
95 % der langfristigen Wertentwicklung
eines Wertpapierdepots basieren auf Ent-
scheidungen über die Vermögensstruktur.
Die intelligente Mischung einzelner prämi-
entragender Anlageklassen und Marktseg-
mente hat für den Erfolg Ihrer persönlichen
MARKTRENDITE VERSUS ANLEGERRENDITE
Durchschnittliche Jahresrenditen im Zeitraum von 1995 bis 2014 in US-Dollar
FrühereWertentwicklungensindkeinverlässlicherIndikatorfürdieZukunft.BeiderAnlageininternationalenAktienmärktenbestehenWährungsrisiken.
Quellen: Dalbar Report 2015, eigene Darstellung
Für jeden Anlegertyp gibt es nur
ein einziges optimales Portfolio
mit risikobehafteten Wertpapieren,
nämlich das Markt(kapitalisierungs)-
Portfolio.
1...,13,14,15,16,17,18,19,20,21,22 24,25,26,27,28,29,30,31,32,33,...52