DAS QUARTAL 4.2016 - page 15

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ieleUnternehmersehenungenutzteBüros
als Last – sie verursachen nur Kosten.
VerenaPatriasempfandesalsSegen,dassbei
der Wheels Logistics GmbH&Co. KG ein Teil
des Firmengebäudes leer stand. So konnte
die Area-Managerin der Spedition inMünster
ihre Idee zur betrieblichen Kinderbetreuung
für gut 80Mitarbeiter realisieren: „Wir haben
uns vomJugendamt über dieMöglichkeiten
beraten lassen und um Auskunft gebeten,
ob die Räume dafür infrage kommen.“ Mit
dem positiven Bescheid begann Anfang
2012 der Umbau, installiert wurden unter
anderemeineweitereTür sowieToilettenund
Waschmöglichkeiten in Kindergröße. Dazu
entstand ein Freigeländemit Sandkastenund
Spielgeräten. ImOktober ging die firmennahe
Kinderbetreuung zur Freude der Angestellten
los – viele Firmenchefs kennen die Situation,
dass Eltern nach den Sommerferien um
flexible Arbeitszeiten bitten, da es nicht mit
der geplanten Kinderbetreuung klappt und
nun Improvisieren angesagt ist.
Wer Mitarbeiter sucht oder Fachkräfte ans
Unternehmen binden will, sollte Angebote
zur betrieblichen Kinderbetreuung prüfen.
Sie können bei Bewerbern ausschlagge-
bend für die Zusage sein und gesuchte
Spezialisten von der Abwanderung abhal-
ten. Das Gründen einer eigenen Einrichtung
und das Bezuschussen einer anderweiti-
gen Unterbringung der Kinder sollte aber
mit Anwalt und Steuerberater besprochen
werden. Hierbei gilt es unter anderem zu
klären, wie sich die Angebote steuerlich für
das Unternehmen als Betriebsausgaben
sowie für die Beschäftigen als geldwerter
Vorteil auswirken. Überdies könnte eine
Förderung in Höhe von 9.600 Euro pro Be-
treuungsplatz durch das Bundesfamilien-
ministerium drin sein. Zudem müssen mit
dem Anwalt das Genehmigungsverfahren
und mögliche Haftungsrisiken oder Ver-
sicherungspflichten diskutiert werden.
SCHULFERIEN SIND EIN PROBLEM
Sind diese Fragen beantwortet, steht der
betrieblichen Kinderbetreuung nichts
mehr im Weg und der Firmenchef hat ein
gutes Argument bei der Mitarbeitersu-
che. Jeder Dritte der 25- bis 39-Jährigen
würde den Job wechseln, um Familie
und Beruf besser unter einen Hut zu be-
kommen, so eine Studie des Bundesfa-
milienministeriums. Mit Konzepten für
die betriebliche Kinderbetreuung punkten
können Unternehmen vor allem, weil der
seit August 2013 geltende Rechtsanspruch
auf einen Kindergartenplatz ab dem voll-
endeten ersten Lebensjahr nur auf dem
Papier besteht. In vielen Regionen sind
verlässliche Strukturen weiter Mangel-
ware. Eng ist es zudem nicht nur für
Eltern mit kleinen Kindern. Es fehlen auch
Ganztagsbetreuungs- oder Hortplätze für
Fünftklässler. Und praktisch unvereinbar
mit dem Beruf sind natürlich zwölf Wochen
Schulferien – vielerorts völlig ohne Betreu-
ungsmöglichkeit.
BETREUUNG IM BETRIEB ENTLASTET
Bei Wheels Logistics muss sich darüber
niemand mehr Gedanken machen. Zur Be-
treuung von neun Kindern gibt es jetzt eine
sogenannte Großtagespflegeeinrichtung.
„Ein Betriebskindergarten wäre organisa-
torisch zu aufwe ndig gewesen“, so Pat-
rias. Sie hätte sich auch vorstellen können,
Plätze in vorhandenen Kitas für die Kollegen
zu buchen, wären die eigenen Räume als
untauglich eingestuft worden – oder den
Einsatz selbstständiger Tagesmütter, die
das Jugendamt ausbildet. Letztlich aber
wählte Patrias das „Mini-Betriebskinder-
garten“ genannte Modell, in dem sich meh-
rere Tagesmütter zur Großtagespflege in
einer externen Einrichtung für die Kinderbe-
treuung zusammentun, in diesem Fall auf
dem Wheels-Gelände.
Fünf Plätze stehen Kindern der Mitarbeiter
zu, vier Studenten der benachbarten Po-
lizeihochschule, mit der kooperiert wird.
„Das kam über das Jugendamt zustan-
de und passte zufällig gut“, sagt Patrias.
Freie Plätze gehen an externe Kinder. Zwei
selbstständige Tagesmütter haben die
Räume vom Unternehmen gemietet. Das
Geld bekommen sie vom Jugendamt, die
Eltern zahlen der Stadt bruttolohn- und
stundenabhängige Beiträge. Um den
Tagesmüttern die für die relativ langen
Öffnungszeiten von 7.30 bis 17 Uhr nötige
finanzielle Planungssicherheit zu geben,
sicherte Wheels zu, finanzielle Lücken zu
schließen, die entstehen, falls ein Platz
für ein Mitarbeiterkind freigehalten wird
oder Kinder
nicht gleich für
die ganze Betreuungs-
zeit angemeldet werden.
„Außerdem stellen wir ein Extrabudget
für Spielzeug, Essen, Obst und Getränke
zur Verfügung“, so Patrias. Wer sich nicht
zutraut, ein derartiges Kinderbetreu-
ungskonzept selbst auf die Beine zu
stellen, kann einen der mittlerweile zahl-
reichen Dienstleister in diesem Bereich
einschalten. Zu ihnen gehört Alfons
Scheitz. Um für ein Unternehmen eine
Betriebskita in einer ehemaligen Haus-
meisterwohnung nach dem Vorbild der
zuvor für den Eigenbedarf von ihm ins
Leben gerufenen Kita zu realisieren,
gründete er Impuls Soziales Management
in Kassel – als Verein und als GmbH&Co. KG.
UNTERNEHMER MÜSSEN HANDELN
Mit 750 Mitarbeitern betreibt Scheitz rund
35 betriebliche und öffentliche Kinderbe-
treuungseinrichtungen: „Vom Konzept bis
zum Betrieb machen wir alles.“ Über die
Fio Consult GmbH werden Machbarkeits-
studien und Platzbedarfsanalysen erstellt,
aber auch Themen wie Personalmanage-
ment oder Qualitätsstandards behandelt.
Es gibt auf die Bedürfnisse der Kunden
zugeschnittene Angebote zur Ferien- oder
Notbetreuung im Krankheitsfall – und der
Cateringservice „Kita-Express“ liefert kind-
gerechte Mahlzeiten. Ein Firmenchef kann
also viele Wege einschlagen, um seinen
Mitarbeitern die Kinderbetreuung zu er-
leichtern – wichtig ist, dass er sich in diese
Richtung bewegt.
Betriebliche Kinderbetreuung –
Grund zu allgemeiner Freude
Sorgen sich Mitarbeiter um die Kinderbetreuung, sind sie weniger konzentriert.
Hier können Firmenchefs mit entsprechenden Angeboten gegensteuern.
Auch kleine Unternehmen haben durchaus die Möglichkeit, Plätze in einer
betriebsnahen Kita zu stellen.
Text: Midia Nuri
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Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer
Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG,
Nürnberg, Ausgabe 04/2016
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