DAS QUARTAL 4.2016 - page 9

DAS QUARTAL 4.16
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Themen im Fokus
B
lick in den Park, direkt amMeer, moder-
nisierter Altbau, guter Preis: Da musste
Heiner Schneider einfach zugreifen. Der
Unternehmer aus dem Münsterland, der
natürlich anders heißt, kaufte das Haus kurz
entschlossenund verbringt jetzt zweiMonate
im Jahr mit der Familie in seinem eigenen
kleinen Paradies in Spanien. Das Geld für
die Investition war da, und auf dem Konto
brächte es momentan sowieso nur Zinsen
im Promillebereich. Über die rechtlichen
und steuerlichen Modalitäten beim Erwerb
informierte Schneider sich, damit alles
seine Richtigkeit hat. Mit weiteren Details
wollte er sich nicht abgeben, schließlich
ist eine Immobilie doch eine Immobilie, ob
hierzulande oder im EU-Ausland – dachte
er zumindest.
Der Firmenchef ist keine Ausnahme. Eine
Million Bundesbürger hat eine Immobilie im
Ausland, doch kaum einer kennt den für ihn
geltenden regionalen und internationalen
Rechtsrahmen. Problematisch ist das im
Erb- und Schenkungsfall. Oft stellt sich die
Frage, welches Recht und – noch wichtiger
– Steuerrecht anzuwenden ist.
AN ERBRECHTSPLANUNG DENKEN
„Eigentümer bewegen sich auf vermin-
tem Gelände“, meint Hans Rudolf Ham-
mann, Mitglied des Geschäftsführenden
Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft
Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins.
„Die Zusammenhänge sind in aller Regel
so komplex, dass unbedingt Experten aus
den jeweiligen Ländern eingeschaltet wer-
den sollten.“ Statt ein Thema durch die
deutsche Brille zu sehen, müssen Landes-
gesetze beachtet werden. Existiert etwa
hierzulande ein gemeinschaftliches Testa-
ment, muss es anderswo nicht anerkannt
werden. Sorgfältige Erbrechtsplanung ist
bei Immobilien im Ausland deshalb das A
und O, um spätere Probleme zu vermeiden.
Laut EU-Erbrechtsverordnung gelten die
Regeln des Staates, in dem der Verstorbe-
ne den letzten gewöhnlichen Aufenthalts-
ort hatte, aber das ist schwammig. „Es gibt
einen Kriterienkatalog, nach dem dieser zu
bestimmen ist“, sagt Hammann. „Er ist aber
nicht lückenlos.“ So kann der Wohnsitz ein
Indiz sein, muss es aber nicht. Der gewöhn-
liche Aufenthaltsort liegt dort, wo der Ver-
storbene seinen Lebensmittelpunkt hatte,
Konten führte, Freunde und Familie leben.
Dies prüfen die Behörden. Auf der sicheren
Seite sind nur Immobilieneigentümer, die im
Testament festlegen, welches Recht gelten
soll. Im Fachjargon heißt das „Rechtswahl“.
Der letzte Wille kann den Passus „Ich wähle
deutsches Recht“ enthalten. Besser wäre,
die Aussage mithilfe erfahrener Experten
wasserdicht zu machen. „Wir empfehlen,
nicht davon auszugehen, im Alleingang
seinen Nachlass rechtlich und steuerlich
regeln zu können“, warnt Hammann. „Die
Gefahren lauern unter der Oberfläche.“
KEINE BEHÖRDENGÄNGE VERGESSEN
Wie gravierend Nachlässigkeiten bei der
Regelung des Auslandserbes sein kön-
nen, zeigt folgender Fall: Ein kinderloses
Ehepaar wollte Freunden eine Immobilie
in Spanien hinterlassen. So stand es im
Testament. Erst starb die Frau. Ihr Mann
vergaß, ihren Anteil im spanischen Grund-
buch auf sich umschreiben zu lassen. Als
er starb, brauchten die Freunde für die
Vermögensübertragung viele Dokumente
und Nachweise. Es begann damit, dass
das Testament übersetzt und die Echtheit
mit einer Apostille bestätigt werden muss-
te, einer Beglaubigung im internationalen
Urkundenverkehr. „Diese wird regelmäßig
von ausländischen Behörden angefordert,
was Verwaltungsaufwand und damit zu-
sätzliche Kosten bedeutet“, so Hammann.
Benötigt wurden zudem eine internationale
Sterbeurkunde, der Kaufvertrag sowie di-
verse Bank- und Steuerbescheinigungen.
„Der Verstorbene hätte den Erben einen gro-
ßen Gefallen damit getan, nach dem Tod
seiner Frau im Grundbuch in Spanien sein
Alleineigentum direkt eintragen zu lassen“,
sagt Hammann. „Das wäre mit weniger
Aufwand verbunden gewesen, schon weil
es für seine Erben ungleich schwieriger war,
die notwendigen Unterlagen wie den Kauf-
vertrag beizubringen.“
Wichtig ist auch, die steuerlichen Folgen
des Immobilienkaufs im Ausland zu be-
achten. „In vielen Staaten unterliegen Im-
mobilien der Erbschaftsteuerpflicht des
Landes, in dem sie sich befinden“, warnt
Volker Kaiser, Vizepräsident der Bundes-
steuerberaterkammer. „Deshalb werden
Eine Million Bundesbürger hat eine Immobilie
im Ausland, doch kaum einer kennt den für ihn
geltenden regionalen und internationalen
Rechtsrahmen. Problematisch ist das im Erb- und
Schenkungsfall. Oft stellt sich die Frage, welches Recht
und – noch wichtiger – Steuerrecht anzuwenden ist.
STEUERFALLEN
Bei Erbschaft und Schenkung immer Steuerberater und Anwalt einschalten
Das deutsche Steuerrecht macht keinen großen Unterschied zwischen Erben und
Schenken. Im Ausland kann das ganz anders aussehen, hier sind je nach Region mög-
licherweise überraschende Details mit dem Steuerberater zu klären, wie das Beispiel
Spanien zeigt:
WERTZUWACHSSTEUER:
Will der Unternehmer seinem Nachwuchs frühzeitig eine
Immobilie übertragen, kommt die sogenannte Wertzuwachssteuer ins Spiel. Die spa-
nischen Kommunen wollen quasi an der „stillen Reserve“ von Haus oder Wohnung
teilhaben. Die Abgabe wird bei Verkauf, Verschenken und Vererben fällig.
EINKOMMENSTEUER:
Der Eigentümer zahlt zusätzlich Einkommensteuer, falls er
das Haus vererbt oder verschenkt. In Deutschland gibt es das nicht. Hier kann nur
Spekulationssteuer anfallen.
BERECHNUNG:
Wie viel der spanische Staat am Ende kassiert, hängt von der Region
ab. Weil es kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien
gibt, kann es zu einer Steuerbelastung in beiden Ländern kommen.
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