DAS QUARTAL 4.2014 - page 12

DAS QUARTAL 4.14
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Themen im Fokus
Tischmanieren:
Das Handy bleibt unsichtbar
Verträge werden häufig bei einem Geschäftsessen ausgehandelt. Beherrscht jemand
hier die Etikette, kann das die Stimmung des Gesprächspartners beeinflussen.
Auch generell gilt: je höflicher und souveräner der Auftritt, desto besser
der Eindruck.
Text: Maria Hoffmann
K
leineGabeln,großeGabeln,spitzeMesser,
stumpfe Messer – beim Geschäftses-
sen das passende Besteck zu wählen, ist
oft gar nicht so einfach. Oder das korrekte
Glas für Rotwein, Weißwein, Wasser. Die
wirkliche Herausforderung allerdings ist
der Brotteller. Er steht immer links amPlatz.
Wer das nicht weiß, greift schon mal nach
rechts – und damit beimTischnachbarn zu.
Lydia Morawietz hilft, solche Peinlichkeit zu
vermeiden. Bei „Dinner & Etikette“, einem
moderierten Abendessen, erklärt die Inha-
berin von morawietz training & coaching in
München ihren Kunden, wie man sich mit
Stil begrüßt, benimmt und unterhält. „Einmal
legte ausgerechnet der Chef der Teilnehmer
gerade das Brot auf meinen Teller, als ich
diesen Fauxpas beschrieb“, erzählt sie
schmunzelnd. Das sorgte dann doch für
Heiterkeit, obwohl es sich sonst natürlich
nicht gehört, über seine Gäste zu lachen.
Businessetikette hat für Morawietz nichts
mit Förmlich- oder Freudlosigkeit zu tun –
weder im Seminar noch im Alltag. Immer-
hin rät sie Geschäftsleuten in ihrem Okto-
berfest-Knigge, dort „alles etwas lockerer
als sonst zu sehen“ und das Brathendl mit
den Fingern zu essen. Quintessenz des
guten Benehmens sind für sie immer und
überall Wertschätzung und Freundlichkeit.
Das schlage sich im Geschäftserfolg nie-
der. Seit 30 Jahren ist sie auch Geschäfts-
führerin des Business Centers BLM Büro-
service in München und schult ihre Ange-
stellten regelmäßig im guten Ton am Te-
lefon sowie am Empfang: „Das hat sicher
dazu beigetragen, dass uns unsere Mieter
so lange treu bleiben, manche 20 Jahre.“
Benehmen kann man lernen
Viele Firmenchefs wissen, dass das Auf-
treten wichtig sein kann, um Kunden zu
gewinnen. Darum absolvieren sie Benimm-
Seminare oder schicken Mitarbeiter dort-
hin, vor allem Auszubildende sowie junge
Führungskräfte. Daniel Wischmann hat
aus eigenem Antrieb auf eigene Kosten ein
Einzeltraining gebucht. Der Projektmanager
beim Automobilzulieferer Selectrona GmbH
in Dippoldiswalde-Reinholdshain bei Dres-
den ist Ansprechpartner Nummer eins vie-
ler Kunden und wäre ohne gute Umgangs-
formen nicht seit Jahren erfolgreich. Doch
bei Geschäftsessen sah er oft, wie unter-
schiedlich Tischnachbarn schon Messer
und Gabel nutzten. „Ich wollte genau wis-
sen, wie man sich im Business benimmt,
sozusagen die restlichen fünf Prozent“,
erzählt er. „Man kann auch menschlich
dazulernen, nicht nur fachlich.“
Unterrichten ließ er sich einen Tag lang
von Sabine Schnelke, Beraterin für Unter-
nehmenskultur und Umgangsformen in
Potsdam. Beim gemeinsamen Mittages-
sen lernte er unter anderem, wie man den
Suppenlöffel im Bogen erst von sich weg
und dann zum Mund führt, damit Tropfen
im Teller landen statt auf dem Tisch oder
im Schoß. „Das Training hat mein Beneh-
men nicht wesentlich verändert, mir aber
den letzten Schliff gegeben und mich si-
cherer gemacht“, so Wischmann. Seinem
Ansehen war es auch nicht abträglich.
Kollegen und Vorgesetzte haben sehr in-
teressiert nachgefragt. Das Zertifikat liegt
jetzt als Weiterbildungsnachweis bei den
Personalunterlagen.
Gutes Benehmen lässt sich also lernen
und Übung macht auch hier den Meister.
„Wenn ich erst nachdenken muss, was zu
tun ist, ist die Gelegenheit oft vorbei“, sagt
Sabine Schnelke. Für erste Versuche eig-
net sich ein Kurs oder das Zuhause, nicht
die Öffentlichkeit. Darum empfiehlt die Be-
nimmberaterin, im Restaurant ein Gericht
zu wählen, das man beherrscht – also ohne
Routine im Umgang damit nicht gerade den
Hummer oder die langen Spaghetti. Denn
das Auge isst bekanntlich mit, auch beim
Gegenüber. Und wenn doch einmal etwas
Unbekanntes auf den Tisch kommt? „Dann
kann ich das Servicepersonal um Hilfe bit-
ten“, sagt Schnelke. „Man gesteht besser
ein, etwas nicht zu wissen oder zu können,
als verkrampft dazusitzen.
Wichtiger als eine korrekte Besteckhaltung
findet sie ohnehin, sich auf den Geschäfts-
partner zu konzentrieren: „Wer sein Handy
auf den Tisch legt, zeigt: Ein Anruf ist mir
wichtiger.“ Außerdem hält es die Expertin
für entscheidend, Gespräche in Gang zu
halten. „Es reicht nicht, bereitwillig auf Fra-
gen zu antworten“, warnt Schnelke. „Erst
mit Gegenfragen zeigen Sie Interesse und
Wertschätzung.“ Ob und wann aus dem
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