DAS QUARTAL 2.2015 - page 12

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DAS QUARTAL 2.15
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THEMEN IM FoKUS
Anspruch eines Patienten gegen
den Klinikträger auf Preisgabe der
Privatanschrift eines angestellten
Arztes
Der Bundesgerichtshof entschied in einem wegweisenden Urteil darüber,
ob ein Patient einen Anspruch gegen den Klinikträger hat,
die Privatanschrift eines angestellten Arztes zu erhalten.
Sachverhalt
Der Kläger wurde in der Einrichtung des
Klinikträgers stationär behandelt. Sowohl
gegen den Klinikträger als auch gegen
zwei bei diesem angestellte Ärzte machte
er Schadenersatzansprüche geltend.
An einen der Ärzte konnte die Klage unter
der Klinikanschrift zunächst nicht zuge-
stellt werden, weil der Prozessbevollmäch-
tigte des Klägers den Namen nicht richtig
angegeben hatte. Nach der Korrektur des
Namens war die Zustellung erfolgreich.
Trotzdem verlangte der Kläger von der Kli-
nik Auskunft über die Privatanschrift des
betroffenen Arztes. Dies lehnte der Klinik-
träger ab.
Entscheidungen des Amtsgerichts Weiß-
wasser und des Landgerichts Görlitz
Das Amtsgericht hat die Klage abgewie-
sen. Das Landgericht hat die Beklagte zur
Auskunft verurteilt, weil sich Anonymität
nicht mit dem Wesen des Arzt-Patienten-
Verhältnises vertrage. Es hat die Revision
zugelassen.
Urteil des Bundesgerichtshofs
Der u. a. für die Fragen des Persönlichkeits-
schutzes und der Arzthaftung zuständige
VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die Revision des Klinikträgers das Be-
rufungsurteil aufgehoben, die Klage abge-
wiesen und dies imWesentlichen wie folgt
begründet:
Zwar hat der Patient gegenüber Arzt und
Krankenhaus grundsätzlich auch außer-
halb eines Rechtsstreits Anspruch auf
Einsicht in die ihn betreffenden Krankenun-
terlagen, soweit sie Aufzeichnungen über
objektive physische Befunde und Berichte
über Behandlungsmaßnahmen (Medikati-
on, Operation etc.) betreffen. Der Klinikträ-
ger ist auch grundsätzlich gehalten, dem
Patienten den Namen des ihn behandeln-
den Arztes mitzuteilen.
Der Kläger brauchte aber zur Führung des
Zivilprozesses nicht die Privatanschrift
des Arztes, weil die Klageschrift unter der
Klinikanschrift zugestellt werden konnte.
Der Auskunftserteilung steht außerdem die
datenschutzrechtliche Vorschrift des § 32
Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz
(BDSG) entgegen. Die Regelung gestattet
dem Arbeitgeber die Erhebung, Verarbei-
tung und Nutzung von Daten für Zwecke
des Beschäftigungsverhältnisses.
Der Arbeitgeber ist aber grundsätzlich nicht
berechtigt, personenbezogene Daten, die
für Zwecke des Beschäftigungsverhältnis-
ses erhoben worden sind, an Dritte wei-
terzuleiten. Da die Daten für die Zwecke
des Beschäftigungsverhältnisses erhoben
worden sind, ist die Übermittlung an Dritte
nach dem für den Datenschutz geltenden
Zweckbindungsgebot grundsätzlich als
zweckfremde Verwendung ausgeschlos-
sen. Eine Weiterleitung privater Kommu-
nikationsdaten an Dritte bedarf vielmehr
der Einwilligung des Betroffenen oder der
besonderen Gestattung durch eine Rechts-
vorschrift.
Fazit
Das Urteil hat eine weitreichende Bedeu-
tung. Nicht nur Ärzte, sondern viele weitere
Arbeitnehmer dürften von dieser Entschei-
dung betroffen sein. Auch für Arbeitgeber
herrscht nun – zumindest teilweise –
Klarheit, dass sie keine Privatdaten ihrer
Arbeitnehmer herausgeben dürfen. Deut-
lich wird damit auch, dass die private Tele-
fonnummer oder die E-Mail-Adresse eines
Kollegen bei dessen Abwesenheit z. B. im
Urlaub oder bei einem auswärtigen Termin
in keinem Fall weitergegeben werden darf.
Nicht abschließend geklärt ist, ob der Bun-
desgerichtshof die gleiche Entscheidung
getroffen hätte, wenn die Klage dem Arzt
nicht unter der Anschrift des Klinikträgers
hätte zugestellt werden können. Nach un-
serer Auffassung dürften auch in diesem
Fall keine Daten herausgegeben werden.
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