DAS QUARTAL 2.2015 - page 10

DAS QUARTAL 2.15
10
Themen im Fokus
Dozent an der Bundesfinanzakademie in
Brühl: „Kleine Firmen mit fünf bis zehn
Mitarbeitern könnten weiter ohne Nach-
weis des Arbeitsplatzerhalts auskommen.“
Außerdem dürfte die Berechnung des Ver-
waltungsvermögens neu geregelt werden.
Nicht überhastet entscheiden
Alle Experten sehen darum dringenden
Handlungsbedarf. „In Betrieben, bei denen
die unentgeltliche Übergabe bereits
ein Thema ist, sollten sich Unter-
nehmer rasch mit ihrem Steu-
erberater und ihrem Rechts-
anwalt zusammensetzen
und die Details planen“,
sagt Rödl. Ein Bun-
destagsbeschluss
im Sommer könnte
nach der bisheri-
gen Rechtspre-
chung der Stich-
tag sein, ab dem
die verschärften
Regeln gelten.
„Aber bis dahin
genießen Nach-
folger
auch
nach dem Urteil
des Bundesver-
fassungsgerichts
noch Vertrauens-
schutz“, so Jüli-
cher. Wichtig ist es,
bei laufenden Über-
gabeplanungen
mit
einer Widerrufsklausel
im Schenkungsvertrag für
unliebsame Überraschungen
durch den Gesetzgeber vorzusor-
gen, rät Rödl: „Kann der Nachfolger
die bisherigen günstigen Regeln nicht
nutzen, darf der Senior so die Schenkung
Prozent aller deutschen Unternehmen. Die
Grenze von 50 Prozent Verwaltungsvermö-
gen haben die Richter ebenfalls als zu hoch
eingestuft.
Bis Ende Juni 2016 müssen Bundestag
und Bundesrat die Mängel beheben. Doch
die Bundesregierung will rascher handeln.
„Ich nehme nicht an, dass wir diese Frist
ausschöpfen werden“, erklärte Bundesfi-
nanzminister Wolfgang Schäuble gleich
nach dem Urteil. Im Februar legte er sein
Eckpunktepapier für die Reform vor, bis
zur Sommerpause könnte der Bundestag
die Reform verabschieden. „Betroffen sind
alle Unternehmen, die vor einem Generati-
onswechsel stehen“, so Dr. Christian Rödl,
Professor an der Universität Erlangen-
Nürnberg. „Große Unternehmen werden
künftig nachweisen müssen, dass der
Steuernachlass existenznotwendig ist.“
Der Bundesfinanzminister meint damit
Betriebsvermögen ab 20 Millionen Euro
und plant einen Nachweis für den Arbeits-
platzerhalt ab einer Million Euro Betriebs-
vermögen.
Der Nachweis für einen Steuervorteil könn-
te auch an eine kleinere Mitarbeiterzahl
gekoppelt werden, meint Marc Jülicher,
widerrufen und mit dem Steuerberater eine
neue Übergangslösung suchen, die zur ge-
ringstmöglichen Belastung führt.“
Für Pascal Berroth, den künftigen Chef
des „Backparadies Berroth“ in Schwäbisch
Gmünd, sind die Folgen des Bundesverfas-
sungsgerichtsurteils allerdings kein Grund
zur Eile. „Wir lassen uns nicht durch die
jetzt noch geltenden Steuervorteile für Be-
triebsnachfolger hetzen.“ Konkret geht es
um das von seinen Eltern geführte Famili-
enunternehmen mit 120 Mitarbeitern und
zwölf Filialen. Für Berroth, der sich zurzeit
als Student in seiner Bachelorarbeit inten-
siv mit dem Thema Nachfolge und Steu-
ern beschäftigt, ist klar: „Vorrang hat die
ruhige und gründliche Planung der Über-
gabe mit einem fairen Ausgleich für meine
Geschwister.“ Mithilfe des Steuerberaters
könnte es 2016 so weit sein, wenn der künf-
tige Chef auch den Meisterbrief hat.
Beim Traditionsbetrieb Mack dagegen hat
sich die Eile gelohnt, weil ein laufender
Prozess gezielt beschleunigt wurde. „Wir
freuen uns, dass unsere Söhne noch die
vollen Steuervorteile der Schenkung nut-
zen können“, betont Dieter Henzler. „Eine
höhere Steuer wäre auf eine größere Kre-
ditlinie hinausgelaufen, die sie vielleicht
nicht hätten verkraften können und die
uns eventuell den Boden entzogen hätte,
auf dem wir arbeiten.“ Ans Aufgeben als Se-
niorchef freilich denkt Henzler noch lange
nicht. „Meine Vorgänger sind alle bis zu
ihrem Lebensende in der Firma geblieben
– vielleicht mache ich das genauso.“
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer
Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG,
Nürnberg, Ausgabe 02/2015
1,2,3,4,5,6,7,8,9 11,12,13,14,15,16,17,18,19,20,...52