DAS QUARTAL 3.2013 - page 26

Compliance –
jetzt gelten neue Regeln
Auch Mittelständler sind zunehmend gefordert, gegenüber großen Kunden oder Behörden ihr gesetzeskonformes Verhalten
zu dokumentieren. Ohne Compliance-Management-System könnten sie deshalb künftig lukrative Aufträge verlieren.
Text: Angelika Knop
THEMEN IM FOKUS
DAS QUARTAL 3.13
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Compliance nennt man das Befolgen von
Regeln und Gesetzen. Das wird für Firmen heute
immer schwieriger, weil die Vorschriften zu-
nehmen, die Gesetze strenger werden und die
Kontrollen effektiver – insbesondere im Wettbe-
werbsrecht oder beim Umwelt- und Datenschutz.
darauf drängen, dass sie beachtet werden.
Viertens muss das jemand kontrollieren, do-
kumentieren sowie Verstöße ahnden. Das
kostet Zeit und Geld.
Kunden wollen Taten sehen.
Vielleicht leis­
tet sich deshalb nur jedes zweite mittel­
ständische Unternehmen ein Compliance-
Management, wie das Deloitte Mittelstands-
institut 2011 ermittelte. Das Budget dafür
liegt meistens weit unter 50.000 Euro, oft so-
gar unter 10.000 Euro im Jahr. Vor allem
kleine, inhabergeführte Firmen haben sel-
tener ein CMS und geben dafür weniger aus.
Immer öfter aber müssen sie hier einfach
investieren – weil es Geschäftspartner oder
Kunden fordern, die Compliance in der
ganzen Lieferkette sicherstellen wollen.
Bei der Zeon Europe GmbH in Düsseldorf
kam der Anstoß vom japanischen Mutter-
haus. Der weltweite Hersteller von Poly- und
Elastomeren wünschte ein CMS bei der
Tochtergesellschaft – angelehnt an die Ver-
haltensgrundsätze des Konzerns, aber mit
freier Hand gestaltet, nach der deutschen
sowie der europäischen Rechts- und Ge-
schäftspraxis. Birgit Koll, Senior Managerin
Administration & Logistics, übernahm die
Aufgabe. Seit 2010 ist sie auch Compliance-
Managerin der GmbH, zuständig für 36 Mit-
arbeiter in der Handels- und Vertriebszen-
trale sowie in den Niederlassungen Italien,
Spanien und Frankreich. Das Wichtigste für
sie dabei ist: „klare und verständliche Struk-
turen schaffen – und nichts versprechen,
was Sie nicht halten können. Wenn das Ma-
nagement Compliance vorlebt, dann folgen
auch die Mitarbeiter.“
Ohne Training geht es nicht.
Daher berief
sie alle vier Direktoren in ein sogenanntes
Compliance-Komitee und ließ sie erst ein-
mal eine Selbstverpflichtung unterschrei-
ben. Dann wurden die Risiken der einzelnen
Bereiche analysiert. Am Ende stand ein neuer
nehmen, die Gesetze strenger werden und
die Kontrollen effektiver – insbesondere im
Wettbewerbsrecht oder beim Umwelt- und
Datenschutz. Und wenn Geschäftsführer
oder Inhaber nicht ordentlich informieren,
schulen oder kontrollieren, haften sie so-
wohl für ihre eigenen Fehler als auch für die
ihrer Mitarbeiter. Gibt es beispielsweise kei-
ne klare Regelung zur Privatnutzung von Ge-
schäftscomputern, wird der illegale Musik-
download des Azubis ganz schnell zum
Problem für den Chef.
Als Lösung empfiehlt sich ein sogenanntes
Compliance-Management-System (CMS):
Das sind Vorschriften und Prozesse, an die
sich alle Mitarbeiter halten müssen. „Aber
ein CMS ist kein Feigenblatt. Es reicht nicht,
ein paar Regeln aus dem Internet abzuwan-
deln, auszudrucken und ans Schwarze Brett
zu hängen“, warnt Malte Passarge. Erstens
müssen es die für den eigenen Betrieb rich-
tigen Regeln sein. Am Anfang steht also die
genaue Risikoanalyse, wo welcher Rechts-
verstoß auftreten kann. In Einkauf und Ver-
trieb, insbesondere im Ausland, dürften
Schmiergelder oder Absprachen das Pro-
blem sein, in der Produktion eher Arbeits-
und Umweltschutz. Zweitens muss man die
Regeln bekannt machen. Drittens muss man
K
leine Geschenke erhalten die Freund-
schaft. Nach diesem Motto bedachte
der Chef einer Lausitzer Firma für Ab-
fallentsorgung seine Kunden, darunter kom-
munale Amtsträger. Hier eine Flasche Wein,
da VIP-Karten für ein Motorsport-Event –
keine Aufmerksamkeit war über 80 Euro
wert. Bereits darin sah das Landgericht
Cottbus aber eine strafbare Vorteilsgewäh-
rung und verurteilte den Mann im Dezember
2012 zu 14.400 Euro Geldstrafe. Teurer noch
kamen wohl der monatelange Prozess und
der Imageschaden. Anders als die Skandale
von Siemens, Thyssen oder MAN stand der
Fall zwar nur in der Lokalzeitung. Aber ein
negativer Artikel gefährdet kleine Betriebe
oft stärker als die Millionenstrafe einen
Weltkonzern. Kunden oder Kredite bleiben
aus, Wettbewerber fordern Schadensersatz.
Ein CMS ist kein Feigenblatt.
„Gerade wenn
man eine dünne Kapitaldecke oder nur weni-
ge Geschäftspartner hat, kann einem bei
Rechtsverstößen schnell der ganze Laden
um die Ohren fliegen“, weiß Malte Passarge,
Vorstandsvorsitzender des Instituts für Com-
pliance im Mittelstand in Hamburg. Compli-
ance nennt man das Befolgen von Regeln
und Gesetzen. Das wird für Firmen heute im-
mer schwieriger, weil die Vorschriften zu-
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