THEMEN IM FOKUS
DAS QUARTAL 1.13
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der Konsum nicht einbricht, denn dieser ist
die Stütze der US-Konjunktur. Positive Im-
pulse ergäben sich zudem, wenn sich der In-
vestitionsstau der Unternehmen langsam
auflösen sollte. Im Mittel haben die Kon-
zerne in den vergangenen Jahren relativ we-
nig investiert und sitzen auf enormen Cash-
Reserven. Dieses Phänomen war quasi in
allen Industrieländern zu beobachten, was
nicht zuletzt im Zusammenhang mit der
schwelenden Euro-Krise und der drohenden
US-Fiskalklippe gestanden hat. In Europa ist
hingegen für 2013 bestenfalls eine Stagnati-
on zu erwarten. Das Weltwirtschaftswachs-
tum wird in der Konsensprognose mit rund 3
% taxiert. Sollte diese Wachstumsrate in
etwa eintreten, dürften die meisten Unter-
nehmen in den Industrieländern ihre Um-
satz- und Gewinnziele für 2013 realisieren
können. Denn das Gros der amerikanischen
und europäischen Konzerne erzielt deutlich
mehr als die Hälfte ihrer Umsätze und Ge-
winne im Exportgeschäft. Dabei steigt der
Umsatzanteil in den Schwellenländern seit
Jahren überproportional. Die Steigerungsra-
ten werden nach der Aufholjagd in den ver-
gangenen Jahren zwar basisbedingt nicht
mehr so hoch ausfallen. Selbst stagnierende
oder sogar leicht rückläufige Unterneh-
mensgewinne müssen aber nicht zwangs-
weise zu fallenden Aktienkursen führen,
denn: Die Bewertungskennzahlen zeigen an,
dass das Gros der Aktienmärkte in den In-
dustrieländern aus historischer Sicht immer
noch nicht zu hoch bewertet ist.
Einige wichtige Gründe hierfür:
Liquidität
ist zweifelsohne zum wichtigsten Impulsge-
ber für tendenziell steigende Aktienkurse
geworden. Seit der Finanzkrise in 2008 ha-
ben die internationalen Notenbanken die
Märkte mit Geld geflutet und dieser Prozess
ist offensichtlich noch nicht beendet. Im Ge-
genteil: In den USA hat Fed-Chef Bernanke
klargemacht, dass die US-Notenbank 2013
die Geldpolitik weiter lockern und noch er-
heblich mehr Geld drucken wird. Dass die
Fed nicht kleckert, sondern klotzt, zeigt auch
die Absicht, die Nullzins-Politik bis zum Er-
reichen einer Arbeitslosenquote von 6,5 %
(aktuell: 7,8 %) beibehalten zu wollen, solan-
ge die Inflation nicht über 2,5 % (aktuell: 1,8
%) steigt. Die Europäische Zentralbank (EZB)
hält ebenfalls an ihrer extrem expansiven
Geldpolitik fest, hat bei den Zinsen aber
kaum noch Spielraum nach unten. Die No-
tenbanken der Schwellenländer besitzen
deutlich mehr Spielraum, monetär Gas zu
geben, und tun dies aktuell auch. Chinas No-
tenbank drückt zunehmend mehr Liquidität
in die Wirtschaft, was nicht zuletzt auf Inter-
ventionen der neuen politischen Führung zu-
rückzuführen sein dürfte. Auf Druck der neu
gewählten Führung in Japan reagierte auch
die dortige Notenbank mit neuen Geldsprit-
zen. Festzuhalten bleibt: Solange die
Finanzmärkte in Liquidität schwimmen,
behalten die Aktienmärkte erheblichen
Rückenwind.
Die Aktienkurse werden grundsätzlich maß-
geblich von der Entwicklung der Unterneh-
mensgewinne beeinflusst. Diese sind für
2013 nur schwer einzuschätzen. Es kommt
hier insbesondere darauf an, dass die Welt-
wirtschaft auf einem gewissen Wachstums-
pfad bleibt. Ein kurzer Rückgriff: In den USA
ist der Absturz über die Fiskalklippe im letz-
ten Moment verhindert worden, dennoch
wird es Steuererhöhungen und auch Ausga-
benkürzungen des Staates geben. Insofern
dürften die Amerikaner an konjunkturellem
Schwung verlieren, aber immerhin weiter
wachsen. Eine neuerliche Rezession ist zu-
dem unwahrscheinlich. Wichtig bleibt, dass
W
as für ein Börsenjahr! Trotz Euro-
Krise, der drohenden – mittlerweile
teilweise entschärften – US-Fis-
kalklippe und eines fragilen weltwirtschaft-
lichen Umfeldes stach die Anlageklasse Ak-
tien alle anderen klassischen Anlageformen
aus. Ungeachtet dessen fristet sie immer
noch das sprichwörtliche Mauerblümchen-
Dasein. Offensichtlich ist die Aversion gegen
Dividendentitel nach den Baissephasen 2000
bis 2003 und 2008 bis 2009 weiterhin sehr
hoch. Die rasanten Kursgewinne seit dem
Krisentief im März 2009 konnten viele Indi-
zes immer noch nicht ganz an die alten Re-
kordhochs der Jahre 2000 bzw. 2007 heran-
führen. Real gesehen, also nach Abzug der
Inflationsraten, notieren die Börsenbarome-
ter der Industrieländer (S&P 500, DAX und
Co.) noch deutlich unter diesen Marken. Da
Aktienanleger, die bereits langfristig inves‑
tiert sind, vielfach kein Geld verdient haben,
ist es zunächst einmal verständlich, dass
sich viele Investoren im Laufe der Zeit von
dieser Anlageklasse abgewandt haben. An-
gesichts des Anlagenotstandes aufgrund der
extrem niedrigen Zinsen und der freund-
lichen Tendenz an den Aktienmärkten ist es
aber erstaunlich, dass die Anleger diesseits
und jenseits des Atlantiks auch im vergange-
nen Jahr aus Aktienfonds flohen und noch-
mals massiv Anleihefonds kauften. Fest
steht: Dividendentitel werden aktuell in den
Depots deutlich untergewichtet – besonders
krass in Deutschland. Der Aktienanteil am
Geldvermögen der privaten Haushalte liegt
bei knapp 5 % (allerdings wieder mit leicht
steigender Tendenz). Im Jahr 2000 lag die
Quote noch bei 14,5 %. Aber auch in den USA
sind die Anleger jüngst zunehmend in Anlei-
hen geflüchtet und haben den Aktienanteil
mittlerweile historisch niedrig gewichtet. Vor
dem Hintergrund, dass die internationale Fi-
nanzkrise in wichtigen Weltregionen (insbe-
sondere in den USA und Europa) längst nicht
gelöst ist und ein weiter Weg zur Sanierung
der Haushalte sowie zu notwendigen Struk-
turreformen vor uns liegt, mag diese extrem
geringe Aktienquote verständlich sein, Sinn
macht sie gleichwohl nicht.
Wird 2013 wieder ein Aktienjahr?
Marktkommentar der quirin bank AG / 1. Quartal 2013
Text:
Guido Schäfers
(Portfoliomanagement) • quirin bank AG
KGV ausgewählter Aktienindizes
Quellen: Deutsche Bank Global Markets, LBBW,
IBES. Frühere Entwicklungen sind kein verläss-
licher Indikator für die Zukunft.
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