DAS QUARTAL 1.2015 - page 19

DAS QUARTAL 1.15
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Themen im Fokus
Handlungsbedarfs“, sagt Oliver Gaedeke,
Vorstand der YouGov Deutschland AG,
eines international tätigen Instituts für
Marktforschung, Organisationsforschung
und Beratung in Köln.
Der Betrieb allein reicht nicht
Bei Unternehmern in der Altersgruppe bis
50 Jahre sieht es kaum besser aus. „Viele
Firmenchefs investieren ihr ganzes Geld in
den Aufbau des Betriebs“, so Toni Wirler,
Vizepräsident des Bundesverbands der Ru-
hestandsplaner Deutschland e. V. in Berlin.
Wegen Euro- und Schuldenkrise transferie-
ren sie sogar gezielt Kapital aus dem Pri-
vatvermögen in die Firma. Sie glauben, so
langfristig höhere Renditen erzielen zu kön-
nen als in anderen Anlagen. Mit Blick auf
die Altersvorsorge ist das riskant. Wer kann
heute schon abschätzen, was der Betrieb
in einigen Jahrzehnten beim Generations-
wechsel oder Verkauf wert ist und welcher
Ertrag sich realisieren lässt? Auch darum
sollten Unternehmer kontinuierlich Geld in
die private Absicherung stecken, immer ab-
gestimmt auf ihr Alter, ihre Lebenssituation
und ihre Risikoneigung.
Unbedingt sollte später eine sichere Rente
fließen. Die gesetzliche Rentenversiche-
rung (GKV) dient hier nur als Basis. Alter-
nativ oder zusätzlich empfiehlt sich eine
geförderte Rürup-Rente. Zwar liegt der
Garantiezins ab 2015 nur bei 1,25 Prozent.
Dafür sind Einzahlungen bei der soge-
nannten Basis-Rente in der Ansparphase
steuerfrei. 2015 lassen sich 80 Prozent der
Beiträge bis zur Höchstgrenze von geplant
24.000 Euro (Single) als Sonderausgaben
geltend machen, das wären 19.200 Euro.
Die Quote steigt bis 2025 um jährlich zwei
Prozent. Die Leistungen sind später steu-
erpflichtig, es geht also um eine Art Steu-
erstundung. Trotzdem lohnt sich die Kon-
struktion. „Der Steuersatz ist in der Regel
im Ruhestand deutlich niedriger als in der
Erwerbsphase“, erklärt Stephan Hübscher,
Vizepräsident des Steuerberaterverbands
Schleswig-Holstein. Weiterer Pluspunkt der
Basis-Rente: Sie wird nicht mit Hartz-IV-
Leistungen verrechnet und bietet optional
oder über eine Zusatzversicherung einen
Hinterbliebenenschutz.
Staatliche Förderung hilft
Eine Rürup-Rente hat auch Dirk Skirde
abgeschlossen, der in Ingolstadt ein Fach-
geschäft für Raumausstattung mit 200
Quadratmeter Verkaufsfläche führt. Zur
Vorsorge nutzt er einen Mix unterschiedli-
cher Sparformen. Die Grundlage bilden die
gesetzliche Rentenversicherung und zwei
Kapitallebenspolicen, die er vor Jahren ab-
geschlossen hat. Zusätzlich profitieren will
er vom Steuervorteil der Basis-Rente.
Wählen lässt sich zwischen der klassi-
schen Rürup-Rente und einer Variante, bei
der auch in Fonds investiert wird. Für eher
risikoorientierte Sparer kann die Fondslö-
sung interessant sein – mit dem Ziel, hö-
here Renditen zu erreichen. „Der aktuelle
Leitzins der Europäischen Zentralbank von
0,05 Prozent kommt einer Enteignung der
Sparer gleich“, sagt Wirler. Sichere Invest-
ments, die zur Altersvorsorge gefragt sind,
erwirtschaften derzeit jährliche Erträge von
teils deutlich weniger als drei Prozent. Wer
mehr will, muss höhere Risiken eingehen.
Vor allem Aktien gelten als sinnvolle Bei-
mischung im Mix der Altersvorsorge, weil
gerade solide Standardwerte kontinuierlich
Dividenden abwerfen und sich in den ver-
gangenen Jahren trotz Finanzkrise zumeist
gut entwickelt haben.
Dennoch rät Ruhestandsplaner Wirler bei
Einzelaktien zur Vorsicht, wenn man nicht
ständig die Kurse verfolgt. Besser sind Fonds,
die Aktien kaufen: „Unternehmer können
ihr Geld etwa in Sparpläne unabhängiger
Vermögensverwaltungen fließen lassen.“
Bei der Auswahl ist auf die Renditen der
letzten fünf Jahre zu achten. Auch Immo-
bilien als Teil der Altersvorsorge hält Wirler
für sinnvoll – in Form von Anteilsscheinen
von Immobilienunternehmen oder als ge-
kaufte Gebäude. Bei Mietshäusern ist die
Rendite wichtig. Vermieter müssen auf
eine erstklassige Lage achten. Steht ein
Objekt länger leer, schlägt das massiv auf
den Ertrag durch. Wer kaufen will, sollte mit
dem Steuerberater genau eine realistische
langfristige Rendite nach Steuern kalkulie-
ren – der Preis für Häuser und Wohnungen
ist laut Bundesbank im vergangenen Jahr
im Schnitt von 125 Städten um 6,25 Prozent
gestiegen, es könnte also mittelfristig eine
Immobilienblase drohen. Wenn die platzt,
würden überteuert angeschaffte Immobilien
massiv die Absicherung im Alter gefährden.
Immobilie schuldenfrei machen
Erforderlich ist genaues Kalkulieren auch
beim selbst genutzten Wohneigentum. Un-
ternehmer Skirde hat sich schon vor Jahren
zum Kauf entschieden: „Im Alter werden wir
keine Miete zahlen müssen, und überdies
gehe ich davon aus, dass die Preise in der
Region Ingolstadt langfristig eher steigen
als nachgeben.“ Wer in jungen Jahren kauft,
sollte zusätzlich zu Zins und Tilgung re-
gelmäßig Geld für Modernisierungen und
Reparaturen zurücklegen. „Das Objekt al-
tert schließlich mit“, gibt Experte Wirler zu
bedenken. „Solche Kosten allein aus dem
Alterssalär zu stemmen, ist oft kaummög-
lich.“ Auch an diesen Aspekt hat Landwirt-
schaftsunternehmer Kaufmann bei seiner
Altersvorsorge gedacht. Er lebt mit seiner
Familie in einem Eigenheim, das längst ab-
bezahlt ist.
Quelle: TRIALOG,
Das Unternehmermagazin
Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG,
Nürnberg, Ausgabe 01/2015
SO SCHLIESSEN SIE DIE RENTENLÜCKE
Besprechen und berechnen Sie den richtigen Vorsorgemix mit Experten
FAUSTREGEL:
Wer voll in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, erhält später
55 Prozent des aktuellen Erwerbseinkommens. Eine zusätzliche Vorsorge ist deshalb
sinnvoll.
PLANUNG:
Parallel zur Firmengründung sollten Unternehmer mit der Vorsorge be-
ginnen – und wenn sie nur monatlich 100 Euro sparen. Der Betrag kann sukzessive
aufgestockt werden. Basis für die Ertragsrechnung sollte eine durchschnittliche Le-
benserwartung von rund 85 Jahren sein.
STATUS QUO:
Der Stand der Altersvorsorge ist jährlich zu überprüfen. Auf der Haben-
seite stehen die prognostizierten Rentenleistungen der jeweiligen Verträge und die
Vermögenswerte, dem gegenüber das gewünschte Alterssalär – es sollte monatlich
mindestens 70 Prozent der Einkünfte in der Erwerbsphase betragen. So wird erkenn-
bar, ob es ein Loch in der Altersvorsorge gibt.
VORSORGEMIX:
Basis sind gesetzliche Rentenversicherung, Betriebsrente und private
Rentenversicherung – etwa als geförderte Rürup- oder Riester-Rente. Eine Ergänzung
sind Misch- und Dachfonds, die in Aktien und Anleihen investieren. Defensiv orientierte
Fonds kaufen schwankungsarme Papiere. Wichtig ist die Entwicklung der vergange-
nen fünf Jahre. Direkte Aktieninvestitionen bedeuten mehr Rendite und mehr Risiko.
Dann muss man sich intensiv mit dem Thema beschäftigen und geeignete Werte
auswählen. Abgerundet wird der Vorsorgemix durch die im Alter schuldenfreie selbst
genutzte Immobilie sowie Mietobjekte, die verkaufbar sein müssen.
BERATUNG:
Der Vorsorgemix muss regelmäßig mit dem Steuerberater diskutiert
werden. Er berechnet Renditen und beurteilt die steuerlichen Aspekte der Bestandteile
in Ansparphase wie Ruhestand.
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