DAS QUARTAL 1.2015 - page 16

DAS QUARTAL 1.15
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Themen im Fokus
Der Anspruch auf Löschung von
Daten aus einem Bewertungsportal
Verbraucher informieren sich zunehmend auch im Internet über die Bewertung
von Produkten. Neben einschlägigen Testzeitschriften und der Information
im Bekanntenkreis ist dies ein wichtiger Bestandteil bei der
Entscheidung für ein Produkt.
A
ber nicht nur Waren können in einschlä-
gigen Portalen im Internet bewertet
werden, sondern auch die Leistung von
Rechtsanwälten, Restaurants, Handwerkern,
Steuerberatern oder Ärzten. Für Verbraucher
und Patienten sind diese Bewertungsportale
hilfreich. Was ist aber, wenn eine Bewertung
negativ ist? Es stellt sich die Frage, welche
Mittel der bewerteten Person zur Verfügung
stehen.
In einem nun ergangenen Urteil hat der
Bundesgerichtshof den Anspruch eines
Arztes auf Löschung seiner Daten aus
einem Ärztebewertungsportal abgelehnt
(Urteil vom 23.09.2014 - VI ZR 358/13).
Sachverhalt
Der Kläger ist niedergelassener Gynäkolo-
ge. Die Beklagte – das Bewertungsportal
Jameda – betreibt ein Portal zur Arztsuche
und Arztbewertung. Internetnutzer können
dort kostenfrei Informationen über Ärzte
und Träger anderer Heilberufe abrufen. Zu
den abrufbaren Daten zählen unter ande-
rem Name, Fachrichtung, Praxisanschrift,
Kontaktdaten und Sprechzeiten sowie
Bewertungen des Arztes durch Portalnut-
zer. Die Abgabe einer Bewertung erfordert
eine vorherige Registrierung. Hierzu hat
der bewertungswillige Nutzer lediglich eine
E-Mail-Adresse anzugeben, die im Laufe
des Registrierungsvorgangs verifiziert wird.
Der Kläger ist in dem genannten Portal mit
seinem akademischen Grad, seinem Na-
men, seiner Fachrichtung und der Anschrift
seiner Praxis verzeichnet. Nutzer haben
ihn im Portal mehrfach bewertet. Gestützt
auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht
verlangt er von der Beklagten, es zu unter-
lassen, die ihn betreffenden Daten – also
„Basisdaten“ und Bewertungen – auf der
genannten Internetseite zu veröffentlichen,
und sein Profil vollständig zu löschen.
Amts- und Landgericht hatten die Klage
abgewiesen.
Urteil des Bundesgerichtshofs
Auch der unter anderem für den Schutz des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts zustän-
dige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat die Revision des Klägers zurückgewie-
sen. Nach dem Urteil des Bundesgerichts-
hofs überwiegt das Recht des Klägers auf
informationelle Selbstbestimmung nicht
das Recht der Beklagten auf Kommunika-
tionsfreiheit. Die Beklagte ist deshalb zur
Erhebung, Speicherung und Nutzung sowie
zur Übermittlung der Daten an die Portal-
nutzer berechtigt. Zwar wird ein Arzt durch
seine Aufnahme in ein Bewertungsportal
nicht unerheblich belastet. Abgegebene
Bewertungen können – neben den Aus-
wirkungen für den sozialen und beruflichen
Geltungsanspruch des Arztes – die Arzt-
wahl behandlungsbedürftiger Personen
beeinflussen, sodass er im Falle negativer
Bewertungen wirtschaftliche Nachteile zu
gewärtigen hat. Auch besteht eine gewisse
Gefahr des Missbrauchs des Portals.
Auf der anderen Seite war im Rahmen der
Abwägung aber zu berücksichtigen, dass
das Interesse der Öffentlichkeit an Infor-
mationen über ärztliche Leistungen vor
dem Hintergrund der freien Arztwahl ganz
erheblich ist und das von der Beklagten
betriebene Portal dazu beitragen kann,
einem Patienten die aus seiner Sicht erfor-
derlichen Informationen zur Verfügung zu
stellen. Zudem berühren die für den Betrieb
des Portals erhobenen, gespeicherten und
übermittelten Daten den Arzt nur in seiner
sogenannten „Sozialsphäre“, also in einem
Bereich, in dem sich die persönliche Entfal-
tung von vornherein im Kontakt mit ande-
ren Personen vollzieht.
Hier muss sich der Einzelne auf die Be-
obachtung seines Verhaltens durch eine
breitere Öffentlichkeit sowie auf Kritik
einstellen. Missbrauchsgefahren ist der
betroffene Arzt nicht schutzlos ausgelie-
fert, da er von der Beklagten die Löschung
unwahrer Tatsachenbehauptungen sowie
beleidigender oder sonst unzulässiger Be-
wertungen verlangen kann. Dass Bewertun-
gen anonym abgegeben werden können,
führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn
die Möglichkeit zur anonymen Nutzung ist
dem Internet immanent.
Fazit
Das Urteil des Bundesgerichtshofs ist an-
gemessen und ausgewogen. Zum einen
werden die Interessen der Patienten ge-
wahrt, die wichtige Kritik und Bewertungen
anderer Patienten erfahren können. Zum
anderen werden der bewerteten Person An-
sprüche auf Löschung zugestanden, wenn
unwahre Behauptungen oder Beleidigun-
gen veröffentlicht werden.
BEI FRAGEN SPRECHEN SIE BITTE IHREN
ZUSTÄNDIGEN STEUERBERATER AN.
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