DAS QUARTAL 1.2015 - page 9

DAS QUARTAL 1.15
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Themen im Fokus
S
tolz blickt Christian Gerlach auf die
neue Halle, die Maschinen, die Förder-
bänder. Im September 2014 startete der
Geschäftsführer der Kappstein GmbH &
Co. KG die Fertigung in Gotha. In Thüringen
entstehen jetzt Komponenten für Fahrräder:
Neben Motoren für E-Bikes und Hochleis-
tungsritzeln für den Bahnradsport auch
Tretlagergetriebe mit zwei Übersetzungen,
die die Anzahl der hinteren Fahrradgänge
verdoppeln, sowieNaben aus Aluminium, die
es per Hebelschalter ermöglichen, zwischen
Freilauf und starremGang zu wechseln. Für
den Standort Deutschland entschied sich
Gerlach, damit die Firma mit australischen
Wurzeln nah bei den Kunden produziert. Und
auch das Marketing spielte eine Rolle: „Uns
war das Label Made in Germany wichtig.“
Dass der Freistaat Thüringen ihn mit 1,4
Millionen Euro unterstützt, erleichterte dem
Besitzer eines deutschen und australischen
Passes zusätzlich die Rückkehr: „Das Land
fördert Unternehmen, die in der Region Ar-
beitsplätze schaffen, mit einem Zuschuss
von über 40 Prozent.“ Dank guter Berater
gelang es Gerlach, den GWR-Fördertopf
(Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der
regionalenWirtschaftsstruktur) anzuzapfen:
„Ein Case-Manager der Landesentwick-
lungsgesellschaft hat uns sehr unterstützt“,
sagt er. „Und unser Steuerberater klärte die
rechtlichen sowie steuerlichen Fragen und
half bei der Antragstellung.“
Der Antrag bedeutet Aufwand
So schnell und reibungslos kommen nur
wenige Unternehmer an staatliche Geld-
geschenke. Die meisten Firmenchefs wis-
sen gar nicht, von wem es Zuschüsse für
welche Vorhaben gibt – oder sie scheuen
den damit verbundenen Aufwand. „Das An-
gebot ist so unübersichtlich, dass Unter-
nehmer ohne Antragserfahrung kaum das
passende Programm finden“, erklärt Friede-
rike Welter, Präsidentin des Instituts für Mit-
telstandsforschung (IfM) in Bonn. Zahllose
Ansprechpartner erschweren den Überblick
in einem Labyrinth von Wirtschafts- und
Forschungsförderungseinrichtungen, von
Agenturen für Arbeit vor Ort, von Bundes-
und Landesministerien sowie -behörden
oder von ländereigenen Investitionsbanken.
Außerdem gelten je nach Programm und
Höhe der Förderung unterschiedliche An-
tragsvoraussetzungen und Bemessungs-
grundlagen. „Die Programme sind noch zu
wenig aufeinander abgestimmt“, kritisiert
Welter.
Wollen Mittelständler aus den 33 EU-, 149
Bundes- und 548 Länderzuschüssen die
zu ihrem Vorhaben passende Geldspritze
finden, müssen sie sich rechtzeitig vor
Projektbeginn ausführlich informieren. Der
Steuerberater kann dabei wichtige Tipps
geben und einschätzen, ob die Planung
etwa die Fördervoraussetzungen erfüllt.
Erste Orientierung bietet die Förderdaten-
bank des Bundeswirtschaftsministeriums.
„Auch Lotsendienste, die Förderberatung
des Bundes für Forschung und Innovation
oder die zuständigen Förderträger bera-
ten Unternehmer und informieren, worauf
bei der Antragstellung zu achten ist“, sagt
Niclas Rüffer, Experte für Innovationsförde-
rung am Institut für Mittelstandsforschung
der Universität Mannheim.
Zuschüsse gibt es für ganz unterschied-
liche Vorhaben: Qualifizierung von Mitar-
beitern, Messeauftritte, Forschung und
Entwicklung, Kooperationen mit Unis und
Forschungsinstituten, Beratung, Umwelt-
schutz- und Energieeffizienz-Maßnahmen
und vieles mehr. Finanzspritzen sind zu-
dem ein beliebtes Instrument der Regional-
förderung in strukturschwachen Gebieten.
Der Antragsaufwand lohnt sich, denn der
Staat beteiligt sich je nach Vorhaben und
Unternehmensgröße meist mit 15 bis 50
Prozent an den Kosten.
In besonderem Maße profitieren Tüftler
und Erfinder. „Über zwei Milliarden Euro an
direkter Innovationsförderung fließen pro
Jahr von den Ländern und vom Bund“, so
Rüffer. Geld gibt es für Material- und Pro-
duktinnovationen sowie die Markteinfüh-
rung neuer Produkte und Dienstleistungen.
Außerdem bezuschusst der Bund Maßnah-
men zur Energieeffizienzsteigerung in der
Produktion bis zu einem Betrag von 1,5
Millionen Euro mit 20 Prozent. Wichtig ist:
Wer das Geld will, muss den Förderantrag
stellen, bevor er mit dem Vorhaben be-
ginnt. Flaggschiff der Zuschussförderung
ist das Zentrale Innovationsprogramm
Mittelstand, kurz ZIM. Es unterstützt Inno-
vationsprojekte kleiner und mittlerer Betrie-
be aller Branchen mit 122.500 bis 157.500
Euro. Die konkrete Förderung ergibt sich
aus dem Fördersatz – 35 bis 45 Prozent je
nach Sitz und Größe des Unternehmens –
multipliziert mit den förderfähigen Kosten
von maximal 350.000 Euro. Derzeit erarbei-
tet das BMWi eine neue Richtlinie.
Es locken hohe Zuschüsse
Zuschüsse erhalten auch Mittelständler,
die Experten zur Beantwortung bestimm-
ter unternehmerischer Fragen ins Haus ho-
len, etwa bei Außenhandel, Kooperationen
oder Innovationen. Umwelt- und Energie-
einsparberatungen helfen, die Produktion
umzustellen und so dauerhaft die Kosten
zu senken. Bis zu einem Höchstbetrag
sponsern die Programme von Bund und
Ländern meist 50 Prozent der Kosten für
diese Experten. Eine Förderhöchstgrenze
von insgesamt 200.000 Euro in drei Jahren
gilt, falls die Geldgeschenke aus EU-Töpfen
stammen. Außerdem fließen Bundes- und
Landesmittel nur, solange Gelder im Haus-
halt zur Verfügung stehen. Bei großen Vor-
haben ist es deshalb wichtig, den Antrag
möglichst früh im Jahr zu stellen, wenn die
Fördertöpfe noch voll sind.
ZUSCHÜSSE
Hierfür gibt es Fördermittel
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer
Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG,
Nürnberg, Ausgabe 01/2015
Betriebsansiedlungen und -erweiterungen
Schaffung von Jobs und Ausbildungsplätzen
Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern
Kooperationen, etwa in der Forschung
Produkt- und Prozessinnovationen
Forschung und Entwicklung
Viele Arten der Unternehmensberatung
Messeteilnahmen und Markterschließung
Investitionen in Umweltschutz und in
Energieeffizienz
Einen Überblick über Zuschüsse gibt es unter anderem in der Förderdatenbank
des Bundes unter
, bei der Förderberatung des Bundes
für Forschung und Innovation unter
sowie beim Zentralen
InnovationsprogrammMittelstand (ZIM) unter
.
Mit Ihrem Steuer-
berater können Sie dann kalkulieren, wie sich ein Vorhaben rechnet.
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