DAS QUARTAL 4.2015 - page 28

DAS QUARTAL 4.15
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Themen im Fokus
Büromöbel: gut in Form
für die Gesundheit
Ausgaben für ergonomische Arbeitsplätze rechnen sich.
Wenn Ausstattung und Möbel den individuellen
Bedürfnissen der Beschäftigten angepasst sind, sinken
die durch Rückenprobleme verursachten Fehlzeiten – und
so automatisch die Krankheitskosten.
Text: Pia Weber
K
örperlicheStatur undGewohnheiten sind
individuell. Manche Menschen sitzen
beimTelefonieren gerade oder stützen sich
auf den Schreibtisch. Sie bevorzugen einen
Bürostuhl mit halbhoher Rückenlehne, die
den Bandscheiben Halt gibt. Andere wippen
nachhintenundbrauchen eine höhere Lehne,
die den Rücken in ganzer Länge stützt. Da
sie solch individuelle Bewegungsmuster
bei sich und ihren Mitarbeitern beobachten,
machen Denise Kube und ihr Geschäfts-
partner Peter Gißler vom Architekturbüro
Kube Gißler in Staufen bei Freiburg beim
Möbelkauf neben demPreis die Ergonomie
zumEntscheidungskriterium. „DieWahl des
richtigen Sitzplatzes ist uns wichtig, denn
wir verbringen mitunter zehn Stunden im
Büro“, sagt Kube. Damit sie nicht rasch
ermüdet, passt ihr Bürostuhl sich jeder
Schwingung an: „Er läuft quasi mit und
unterstützt meine Bewegung, statt gegen
sie zu arbeiten, sodass meine Energie nicht
unnötig abgelenkt wird.“
Die beiden Firmenchefs wissen, dass eine
exakt auf die Bedürfnisse des Körpers sowie
die persönlichen Arbeitsweisen abgestimm-
te Möblierung weit mehr ist als ein gestalte-
risches Detail. Deshalb gibt es für jeden im
Architekturbüro die jeweils passende Sitz-
gelegenheit.
Zwischen 600 und
1.000 Euro pro Stuhl
investieren Kube und Gißler – nicht nur
für sich, sondern für alle der insgesamt
sechs Arbeitsplätze. „Das ist schon eine
erhebliche Summe, aber es lohnt sich“,
betont Kube. „Die Rechnung geht betriebs-
wirtschaftlich auf, denn dadurch ersparen
wir uns potenziell viele krankheitsbedingte
Ausfälle wegen Rückenproblemen.“ Zudem
punktet die Firma mit dieser Art der Ge-
sundheitsvorsorge bei ihren Mitarbeitern.
Häufig die Haltung ändern
Rückenschmerzen sind ein Produktivitäts-
killer. Die Techniker Krankenkasse meldete
für 2014, dass pro 100 Mitglieder durch-
schnittlich 143 Fehltage wegen dieses Lei-
dens entstanden. Aber nicht nur deshalb
müssen Unternehmer die Beschwerden der
Beschäftigten ernst nehmen – sie sind so-
gar gesetzlich dazu verpflichtet. Seit 1996
schreibt die Bildschirmarbeitsverordnung
(BildscharbV) die Gestaltungsanforderun-
gen an Arbeitstische und Stühle vor, damit
möglichst wenig Erkrankungen am Bewe-
gungsapparat auftreten.
Überdacht werden sollte auch, wie gearbei-
tet wird. „Prävention bedeutet, Aufgaben
so zu planen, dass sitzende und stehende
Tätigkeiten mit Bewegung kombiniert wer-
den“, meint Sascha Wischniewski, Leiter
der Gruppe Ergonomie in der Bundesan-
stalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
(BauA). Bildschirmarbeit etwa kann durch
Telefonieren im Stehen oder mit dem
Gang zum Kopierer unterbrochen werden.
Wichtige Säule der Büroergonomie ist eine
gute Steh-Sitz-Dynamik, also der häufigere
Wechsel zwischen Stehen und Sitzen. „Als
Faustregel gilt, dass die Haltung zwei- bis
viermal pro Stunde geändert und nicht über
20 Minuten am Stück gestanden werden
sollte“, erläutert Wischniewski. Für die
Bundesanstalt zählt zum optimalen Ar-
beitsplatz deshalb ein höhenverstellbarer
Arbeitstisch, an dem im Stehen wie auch
im Sitzen gearbeitet werden kann.
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