DER MONAT 9.2014 - page 2

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HSP NEWS
DER MONAT 9.14
Sonderausgabe
Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen
Ausgangslage: Die Ent-
scheidung des Bundes-
finanzhofs
Sachverhalt
Ein Bauträger beauftragte einen General-
unternehmer (Bauleister) mit der Erstellung
eines Wohnhauses mit sechs Wohnun-
gen zu einem Brutto-Pauschalpreis. Laut
Vertrag war der Generalunternehmer bei
der Abrechnung von Abschlagszahlungen
und der Schlussrechnung verpflichtet, die
Umsatzsteuer gesondert auszuweisen. Der
Generalunternehmer erteilte eine Schluss-
rechnung ohne Umsatzsteuerausweis, in
der er auf die Steuerschuldnerschaft des
Bauträgers hinwies. Der Bauträger mein-
te, nicht Steuerschuldner zu sein, weil er
keine Bauleistungen erbringe, denn nach
Auffassung der Finanzverwaltung müss-
ten die Bauleistungen „nachhaltig“ erbracht
werden, was nur vorliege, wenn die Bau-
leistungen im Vorjahr mehr als 10 % der
Gesamtumsätze betrügen. Wegen schwan-
kender Umsätze habe er diese Vorausset-
zung nicht erfüllt. Der Bauträger hatte dem
Generalunternehmer auch keine Freistel-
lungsbescheinigung ausgehändigt. Auch
eine vertragliche Einigung über den gesetz-
lichen Übergang der Steuerschuldnerschaft
habe nicht vorgelegen. Der Bundesfinanz-
hof gab dem Bauträger Recht. Der Bau-
träger wurde nicht Steuerschuldner, da
er die empfangene Leistung nicht selbst
zur Erbringung einer bauwerksbezogenen
Werklieferung oder sonstigen Leistung ver-
wendet hat.
Übergang der Steuerschuldner-
schaft
Bislang reichte es aus, dass an den Leis-
tungsempfänger im Inland eine bauwerks-
bezogene Werklieferung erbracht wird,
während er selbst lediglich im Ausland
ohne Zusammenhang mit dieser Leistung
eine derartige Werklieferung erbringt. Die-
se Auslegung stellte auf Umstände ab, die
der Leistende im Regelfall nicht erkennt
und auch nicht erkennen kann. So kann
er nicht genau erkennen, ob er oder sein
Leistungsempfänger Steuerschuldner ist.
Dagegen half auch nicht die Einschränkung
der Finanzverwaltung, dass mehr als 10 %
des Weltumsatzes mit Bauleistungen er-
bracht werden. Nunmehr ist ausschlagge-
bend, dass gerade die bezogene Leistung
für eigene Bauleistungen genutzt wird.
Auch das kann schwierig zu beurteilen sein:
Während der Generalunternehmer regel-
mäßig auf einem fremden (dem Auftragge-
bergehörenden) Grundstück baut, bebaut
der Bauträger in der Regel eigene Grund-
stücke. Dementsprechend erbringt nur der
(ein fremdes Grundstück bebauende) Ge-
neralunternehmer, nicht aber der (ein eige-
nes Grundstück bebauende) Bauträger eine
bauwerksbezogene Werklieferung.
Ob sich die Beteiligten über die Handha-
bung der Steuerschuldnerschaft ursprüng-
lich einig waren oder nicht, ist unbeachtlich,
denn das Gesetz stellt den Übergang der
Steuerschuldnerschaft nicht zur Disposi-
tion der Vertragsparteien.
Auslegung durch die
Verwaltung
Das Bundesministerium der Finanzen hat
mit inzwischen drei Schreiben zur Ent-
scheidung des Bundesfinanzhofs Stellung
genommen. Die Auslegung gilt für nach
dem 14.02.2014 bis zum 30.09.2014 aus-
geführte Umsätze.
Nachweisregeln
Die Verwendung zu eigenen Bauleistungen
kann nachgewiesen werden mit allen ge-
eigneten Belegen und Beweismitteln, aus
denen sich ergibt, dass der Leistungs-
empfänger ein Unternehmer ist, der die an
ihn erbrachte Bauleistung seinerseits zur
Erbringung einer Bauleistung verwendet.
Das kann auch eine in den Vertrag auf-
genommene Bestätigung des Leistungs-
empfängers sein. Bestätigt der Leistungs-
empfänger dem Leistenden, dass er die
an ihn erbrachte Bauleistung für eine von
ihm selbst zu erbringende oder erbrachte
Bauleistung verwendet, ist der Leistungs-
empfänger auch dann Steuerschuldner,
wenn er die Leistung tatsächlich nicht zur
Ausführung einer Bauleistung verwendet;
es sei denn, der Leistende wusste, dass die
Bestätigung falsch ist.
Legt der Leistungsempfänger dem Leis-
tenden eine gültige Freistellungsbescheini-
gung ausdrücklich für umsatzsteuerliche
Zwecke für diesen Umsatz vor, indiziert die-
se, dass die Leistung für eine Bauleistung
verwendet wird.
Auch bei Gebäudereinigungsleistungen
wird der Leistungsempfänger nur dann
Steuerschuldner, wenn er Unternehmer ist
und die an ihn erbrachten Gebäudereini-
gungsleistungen zur Erbringung eigener
Gebäudereinigungsleistungen verwendet.
Indizwirkung kommt in diesem Fall dem
Vordruck „USt 1 TG Nachweis zur Steuer-
schuldnerschaft des Leistungsempfängers
bei Gebäudereinigungsleistungen“ im
Original oder in Kopie zu.
Behandlung von Abschlags-
zahlungen: Anzahlung vor dem
15.02.2014, Leistung nach dem
14.02.2014
Bei nach dem 14.02.2014 ausgeführten
Bauleistungen oder Gebäudereinigungs-
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Bundesfinanzhof hat mit seiner Entscheidung im letzten Jahr zur Steuerschuldnerschaft
des Leistungsempfängers bei Bauleistungen für Aufsehen gesorgt. Viele Bauträger stellten beim
Finanzamt Anträge auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Umsatzsteuern. Leidtragende sind dann
die Bauunternehmer, die wiederum vom Finanzamt zur Kasse gebeten werden.
Lesen Sie in dieser Sonderausgabe, wie Finanzverwaltung und Gesetzgeber auf die Entscheidung
des Bundesfinanzhofs reagiert haben.
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