DAS QUARTAL 1.2016 - page 28

Pensionsrückstellung –
stabile Konstruktionen gefragt
Durch anhaltende Niedrigzinsen und das neue Bilanzrecht belasten Pensions­
zusagen für Geschäftsführer in vielen Betrieben zunehmend die Bilanz.
Nur mit individuellen Lösungen lässt sich das Problem stetig steigender
Rückstellungen entschärfen.
Text: Eva Müller-Tauber
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Themen im Fokus
M
anchmal ist rasches Handeln bares
Geld wert. Das erfuhr Martin Beham,
als er 2013 wie jedes Jahr mit dem Steu-
erberater die Bilanz analysierte. Dabei ging
es auch um seine Altersabsicherung über
den Betrieb und die damit verbundenen
Pensionsrückstellungen. „Er riet mir, meine
Direktzusage zu überprüfen“, erinnert sich
der geschäftsführende Gesellschafter der
A&B GmbH im oberbayerischen Taching.
Die Reaktion des Versicherers, bei dem die
Firma eine Rückdeckungsversicherung
abgeschlossen hatte, um mit Eintritt des
Versorgungsfalls über die notwendige Li-
quidität zu verfügen: „Mein Betrieb sollte
kurzfristig 300.000 Euro nachschieben,
damit die Ausfinanzierung garantiert ist.“
Problem der Ausfinanzierung
Wegen anhaltend niedriger Zinsen bringen
Lebensversicherungen, über die viele Di-
rektzusagen abgesichert sind, nicht mehr
die zur Vollausfinanzierung erforderlichen
Renditen. Mit Abschluss einer Direkt- oder
Pensionszusage – dem bei Geschäftsfüh-
rern sehr verbreiteten Durchführungsweg
in der betrieblichen Altersversorgung (bAV)
– verpflichtet sich jedoch das Unterneh-
men, im Versorgungsfall unmittelbar die
vereinbarte Leistung zu zahlen. Das bringt
vor allem geschäftsführende Gesellschaf-
ter in die Bredouille, die bei ihrer Altersvor-
sorge zum Großteil auf diese Direktzusage
bauen: Entweder nehmen sie in Kauf, dass
ihre Firma durch die Ausfinanzierung der
bAV in finanzielle Nöte geraten könnte, oder
sie bekommen weniger Geld.
Verschärft und sichtbar wird das Problem
niedriger Zinsen durch das Bilanzrechts-
modernisierungsgesetz (BilMoG). „Seit 1.
Januar 2010 müssen Betriebe die Pensi-
onsrückstellungen in der Handelsbilanz
mit einem Zins abzinsen, der sich an der
tatsächlichen Marktentwicklung orientiert“,
erklärt Paulgerd Kolvenbach, Ge-
schäftsführer der Longial GmbH
in Düsseldorf. „Ein sinkender
Zinssatz wie derzeit führt zu
höheren Rückstellungen
in der Bilanz“, so der
promovierte Mathe-
matiker. Das kann
sich negativ auf
die Eigenkapi-
talquote sowie
die Kreditwür-
digkeit aus-
wirken und
Investitionen
erschweren.
Individuelle
Lösungen
gefragt
Dies wollte
Beham un-
bedingt ver-
hindern. Doch
statt die gefor-
derte Summe
nachzuschieben,
suchte der Unter-
nehmer mit seinem Steuerberater sowie
einem bAV-Spezialisten und einem Anwalt
rasch eine individuelle Lösung, die seine
persönlichen Ansprüche wahrt, ohne den
Betrieb über Gebühr zu belasten. Den al-
ten Vertrag ließ er wegen guter Konditionen
weiterlaufen, ergänzte ihn aber durch ein
Investmentfonds-Produkt eines ausländi-
schen Versicherers, das bessere Renditen
erzielen kann, weil es mehr Aktien enthalten
darf als Produkte deutscher Anbieter.
Monatlich zahlt die Firma nun rund 500
Euro mehr für Behams Direktzusage. Die
zusätzlichen 120.000 Euro dafür muss sie
aber erst ab seinem 85. Geburtstag zur
Verfügung stellen. Parallel dazu reduzierte
sie die Rückstellungen: Bereits erdiente An-
sprüche fror sie ein, künftige löste sie auf.
„Die mussten zwar als Gewinn versteuert
werden, aber das war das kleinere Übel, zu-
mal sie sich im Rahmen der Gesetzgebung
mit Verlusten verrechnen ließen“, kommen-
tiert Beham die Lösung.
Unternehmer müssen handeln
Laut Arbeitsgemeinschaft für betriebliche
Altersversorgung (aba) in Berlin könnten
auf Firmen, die rückstellungsfinanzierte
Direktzusagen gegeben haben, durch die
niedrigen Zinsen und das geltende Bilanz-
recht bis Ende 2017 bilanzielle Zusatzbe-
lastungen von jährlich bis zu 45 Milliarden
Euro zukommen. Dies lässt Forderungen
nach einer Anpassung der Regeln laut
werden. Auch die Politik hat das Problem
erkannt. Als Lösung im Gespräch sind un-
ter anderem Änderungen an der handelsbi-
lanzrechtlichen Findung des zu bildenden
Zinssatzes zur Bestimmung der erforder-
lichen Pensionsrückstellungen. Darauf
sollte aber kein Betroffener warten, zumal
das keine umfassende Lösung der Proble-
me wäre. „Unternehmer müssen handeln“,
so Gerhard Regnery von Dr. Eich, Jakob &
Partner Koblenz, langjähriger Dozent für die
Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz so-
wie Referent unter anderem zur bAV. „Das
Thema ist komplex und kompliziert“, betont
er. „Jeder Firmenchef sollte, um die für sein
Unternehmen passende Lösung zu finden,
die Hilfe eines bAV-Beraters sowie seines
Steuerberaters und mitunter auch die eines
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