DER MONAT 01.2016 - page 5

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HSP NEWS
Nießbraucher ist nicht wie ein
Wohnungseigentümer zu behandeln
Der Nießbraucher einer Eigentumswoh-
nung ist nicht verpflichtet, die Inanspruch-
nahme des Sondereigentums für Maß-
nahmen am Gemeinschaftseigentum zu
dulden. Ferner sind Streitigkeiten der Eigen-
tümergemeinschaft mit Nießbrauchern kei-
ne Wohnungseigentumsangelegenheiten.
Dies hat der Bundesgerichtshof entschie-
den.
In dem vom Gericht entschiedenen
Fall plante eine Wohnungseigentümerge-
meinschaft die Sanierung von Terrassen
und Balkonen. Die Verwalterin wurde von
den Eigentümern ermächtigt, gerichtliche
Schritte gegen „Eigentümer“ einzuleiten,
die die Durchführung der Maßnahme be-
hindern oder den Zugang zu den zu sa-
nierenden Stellen verweigern sollten. Die
Nießbraucher einer Eigentumswohnung
verweigerten das Betreten der von ihnen
bewohnten Wohnung zum Zwecke der
Sanierung und sprachen gegen die be-
auftragten Unternehmen ein Hausverbot
aus. Auf der Grundlage des Beschlusses
der Eigentümergemeinschaft klagte die
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
auf Duldung der Sanierungsarbeiten. Sie
stützte ihre Klage auf Regelungen des Woh-
nungseigentumsgesetzes (WEG).
Nach Ansicht des Gerichts rechtfertigen
die Vorschriften des WEG kein Vorgehen
gegen Fremdnutzer, zu denen auch Nieß-
braucher gehören. Auch eine entsprechen-
de Anwendung der Vorschriften käme nicht
in Betracht, weil das Gesetz keine Rege-
lungslücke aufweise. Ebenso wären auch
weitere zivilrechtliche Ansprüche gegen
den Nießbraucher nicht möglich, da diese
den einzelnen Wohnungseigentümern zu-
ständen und nicht von der Gemeinschaft
geltend gemacht werden könnten. Im Er-
gebnis hat das Gericht klargestellt, dass
Streitigkeiten mit Nießbrauchern oder
sonstigen Fremdnutzern von Wohnungs-
eigentum, wie z. B. Mietern, keine woh-
nungseigentumsrechtlichen Streitigkeiten
sind. Es fehlt an einer Rechtsbeziehung zur
Gemeinschaft. Einem Nießbraucher steht
weder ein Stimmrecht in der Wohnungsei-
gentümerversammlung zu, noch die Befug-
nis, Beschlüsse anzufechten.
Vorweggenommene Werbungs-
kosten bei Einkünften aus Vermie-
tung und Verpachtung
Aufwendungen können als vorweggenom-
mene Werbungskosten abgezogen werden,
wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang
zwischen den Aufwendungen und der an-
gestrebten Einkunftsart besteht. Fallen sol-
che Aufwendungen mit der beabsichtigten
Vermietung einer leer stehenden Immobilie
an, müssen bestimmte Voraussetzungen
erfüllt sein. Dazu gehört, dass der Eigen-
tümer erkennbar beabsichtigt, aus dem
Objekt durch Vermietung Einkünfte zu
erzielen. Auch jahrelange erfolglose Um-
bauarbeiten ändern an dieser Beurteilung
nichts, wenn sich der Bauherr nach Kräften
bemüht hat, die Arbeiten voran zu treiben.
Ist bei einem solchen Objekt mit mehreren
Wohnungen beabsichtigt, eine der Woh-
nungen selbst zu nutzen, sind die vorab
entstandenen Werbungskosten um die
entsprechende Quote zu kürzen.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Grundstückseigentümer / Mieter
DER MONAT 1.16
Newsdienst
Aktuelles aus den Bereichen Steuern, Recht und Wirtschaft im Monat Januar 2016.
Rückwirkende Änderung der
umsatzsteuerlichen Bemessungs-
grundlage für die private Nutzung
eines im Übrigen unternehmerisch
genutzten Gebäudes nicht zu
beanstanden
Ein Unternehmer kann ein Grundstück,
das er teils unternehmerisch, teils nicht-
unternehmerisch (regelmäßig zu eigenen
Wohnzwecken) nutzt, insgesamt dem Un-
ternehmensvermögen zuordnen. Für vor
dem 01.01.2011 hergestellte oder ange-
schaffte Gebäude kann er die für die An-
schaffung bzw. Herstellung in Rechnung
gestellte Umsatzsteuer in voller Höhe als
Vorsteuer abziehen. Gleichzeitig muss er
die private Nutzung der Umsatzsteuer un-
terwerfen (sog. Seeling-Modell).
Bemessungsgrundlage für die Umsatz-
steuer waren bis zum 30.06.2004 die bei
Ausführung der Umsätze entstandenen
Kosten. Hierzu gehörten auch die Abset-
zungen für Abnutzung in Höhe von 2 %
jährlich. Mit Wirkung ab 01.07.2004 sind
die Ausgaben Bemessungsgrundlage. An-
schaffungs- und Herstellungskosten sind
auf zehn Jahre (und nicht mehr 50 Jahre)
zu verteilen, sodass sich die Umsatzsteuer
erheblich erhöht. Die Neuregelung erfolgte
durch ein im Dezember 2004 erlassenes
Gesetz.
Die rückwirkende Erhöhung der Bemes-
sungsgrundlage ist nach Auffassung des
Bundesfinanzhofs verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden. Ein Unternehmer
konnte spätestens ab April 2004 nicht
mehr darauf vertrauen, dass die Anschaf-
fungs- bzw. Herstellungskosten nur mit 2
% in die umsatzsteuerliche Bemessungs-
grundlage einfließen. Unionsrechtliche Be-
denken gegen die neue Bemessungsgrund-
lage bestehen ebenfalls nicht.
EU Recht erweitert Umsatzsteuer-
freiheit von Pflegeleistungen
Unternehmer, die Pflegeleistungen an hilfs-
bedürftige Menschen erbringen, können
sich für die Umsatzsteuerfreiheit unmittel-
bar auf das Unionsrecht berufen. Dieses
befreit Pflegeleistungen weiter gehend als
das nationale Recht von der Umsatzsteuer.
Für die Befreiung ist erforderlich, aber auch
ausreichend, dass die Pflegekraft mit der
Pflegekasse auf Grund ihrer Kenntnisse ei-
nen Vertrag über Pflegeleistungen abschlie-
ßen kann. Der tatsächliche Abschluss eines
Vertrags ist nicht erforderlich.
(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)
Umsatzsteuer
1,2,3,4 6,7