DAS QUARTAL 1.2015 - page 24

DAS QUARTAL 1.15
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Themen im Fokus
Der nächste Crash kommt
bestimmt – was tun?
Text: Prof. Dr. Stefan May (Leiter Asset Management)
D
urchdiespürbareBörsenkurskorrektur im
Oktober letzten Jahres – insbesondere
in Deutschland! – wurden Aktieninvestoren
jähaneineunbequemeundhäufigverdrängte
Tatsache erinnert: Der nächste Aktienmarkt-
Crash kommt bestimmt!
Insofern ist es verständlich, dass Anleger
von ihrer Beraterin oder ihrem Berater ge-
nau davor geschützt werden wollen. Zumal
viele Investmentstrategen, Anlageberater
usw. mit dem Anspruch auftreten, genau
dies leisten zu können.
Die traurige Wahr-
heit aber ist:
Auch wenn viele teils selbster-
nannte Experten das Gegenteil behaupten,
letztlich ist niemand in der Lage, vorherzu-
sehen, wann der nächste Einbruch kommt
und wie lange die sich anschließende
Durststrecke dauert. Dies zeigen alle ob-
jektiven wissenschaftlichen Forschungs-
arbeiten zu diesem Thema.
Angesichts dieser desillusionierenden Er-
kenntnis stellt sich für den Aktienanleger
die Frage, wie er sich dann am besten vor
dem nächsten Einbruch an den Märkten
schützen kann. Hierzu hat die angewandte
wissenschaftliche Finanzmarktforschung
durchaus Antworten entwickelt, welche An-
legern dabei helfen, wenn auch nicht ganz
ohne Einbußen, so doch mit möglichst ge-
ringen Verlusten durch die nächste Krise
zu kommen.
Hierbei sind zwei Aspekte entscheidend.
Zunächst muss sichergestellt sein, dass
die Struktur des Depots in einem wissen-
schaftlich-handwerklichen Sinne in Ord-
nung ist. Diese Anforderung lässt sich mit
den Vorbereitungen eines Hausbesitzers
vergleichen, der sein Heim vor einem heran-
ziehenden schweren Sturm schützen will.
Auch hier geht es nicht darum, das Haus
zu verlassen oder dem Sturm schutzlos
auszuliefern: Vielmehr wird er alles daran-
setzen, alle Vorbereitungen so zu treffen,
dass es den Sturmmöglichst unbeschadet
übersteht. Genau dieses Prinzip gilt auch
im Anlagemanagement: Je mehr hand-
werkliche Fehler bei der Strukturierung ei-
nes Wertpapierdepots begangen werden,
desto schlimmer sind die Auswirkungen
einer Krise auf den Vermögenswert.
Ist die Struktur des Depots in dieser im Fol-
genden genauer dargelegten Art und Weise
gefestigt, dann ist es von entscheidender
Bedeutung, dass das Risikopotenzial des
Depots der individuellen Risikokapazität
des Anlegers angepasst wird. Diese Anpas-
sung hat zwei Facetten: Zunächst muss sie
sicherstellen, dass die vorhandenen Risiken
vom Kunden vor dem Hintergrund seiner
konkreten finanziellen Einkommens- und
Vermögenssituation auch im Krisenfall ge-
tragen werden können. Darüber hinaus ist
es unabdingbar, sicherzustellen, dass der
Kunde die entsprechenden Risiken auch
emotional-subjektiv durchstehen kann.
Nur wenn beides gewährleistet ist, kann
eine entscheidende Bedingung langfristig
erfolgreichen Wertpapiermanagements er-
füllt werden, nämlich Disziplin in den Anla-
geentscheidungen. Nur so wird verhindert,
dass erstens aufgrund etwaiger finanziel-
ler Engpässe zur Unzeit verkauft werden
muss, und zweitens, dass der Kunde im
Krisenfall die Nerven verliert und unbedingt
aussteigen will.
Wie sieht nun ein handwerklich solide
strukturiertes Wertpapierdepot aus?
Ohne nun an dieser Stelle auf die letzten
Feinheiten einer wissenschaftlich korrek-
ten und handwerklich soliden Depotstruk-
tur eingehen zu können, sollen doch die
wesentlichen Aspekte genauer beleuchtet
werden. Entscheidend für die Krisenfestig-
keit eines Wertpapierdepots sind vor allem
die folgenden drei Merkmale des struktu-
rellen Aufbaus:
• Verteilung des anzulegenden Vermö-
gens auf eine wohldefinierte Anzahl von
Anlageklassen
• Ausgewogene internationale Streuung,
insbesondere des Aktiensegments
• Maximale Diversifizierung, sowohl durch
Streuung über die im Depot enthaltenen
Anlageklassen hinweg als auch inner-
halb jeder einzelnen Anlageklasse
Bei der
Verteilung des Vermögens
auf die
verschiedenen Anlageklassen ist entschei-
dend, nicht möglichst viele Anlageklassen
ins Depot aufzunehmen, sondern sich auf
diejenigen zu beschränken, für welche
durch wissenschaftliche Forschungsar-
beiten zweifelsfrei erwiesen wurde, dass
sie tatsächlich eine Überrendite, d. h. eine
DIE VORTEILHAFTIGKEIT DES RISIKOPRÄMIEN-
ANSATZES
Historie eines ausgewogenen prämienorientierten Portfolios
Quellen: Bloomberg, eigene Darstellung
Stand 30.04.2014. Frühere Wertentwicklungen sind kein verlässlicher Indikator für die Zukunft. Bei der Anlage
in internationalen Aktienmärkten bestehen ggf. Währungsrisiken.
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