DER MONAT 06.2017 - page 3

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Unternehmer/Unternehmen
HSP NEWS
DER MONAT 6.17
Mietvertragliche Individualver-
einbarungen haben Vorrang vor
schriftlichen Formularregelungen
Der Bundesgerichtshof befasste sich
in einer Entscheidung mit der Frage, ob
mündliche Änderungen eines Gewerbe-
mietvertrags trotz einer formularmäßig
vereinbarten sog. doppelten Schriftform-
klausel wirksam sind. Unter einer doppelten
Schriftformklausel versteht man dabei eine
Vereinbarung, die vorsieht, dass Änderun-
gen und Ergänzungen des Mietvertrags und
auch die Aufhebung dieser Klausel einer
schriftlichen Vereinbarung bedürfen.
Nach Ansicht des Gerichts kann eine
Schriftformklausel, die formularmäßig
vereinbart wurde, jedoch nicht verhindern,
dass die Vertragsparteien mündlich oder
stillschweigend Änderungen des Vertrags
vereinbaren. Eine Individualabrede zwi-
schen den Parteien hat immer Vorrang vor
Formularvereinbarungen oder Allgemeinen
Geschäftsbedingungen. Dies beruht auf der
Überlegung, dass derartige Vereinbarun-
gen als generelle Richtlinien für eine Viel-
zahl von Verträgen abstrakt vorformuliert
und daher von vornherein auf Ergänzung
durch die individuelle Einigung der Parteien
ausgelegt sind. Vereinbaren die Parteien,
wenn auch nur mündlich, etwas anderes,
so kommt dieser Änderung Vorrang zu.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die
Vertragspartner bei ihrer mündlichen Ab-
sprache an die entgegenstehende Klausel
gedacht haben und sich bewusst darüber
hinwegsetzen wollten.
Fortsetzung eines Mietverhältnis-
ses wegen unzumutbarer Härte
der Kündigung
Wehrt sich ein Mieter gegen die Kündigung
seines Mietverhältnisses und macht einen
Härtefall geltend, der einer Beendigung
entgegensteht, so muss sich das Gericht
umfassend mit der persönlichen Situation
des Mieters auseinandersetzen. Seinen
Vortrag zwar als wahr zu unterstellen und
sich zum Nachteil des Mieters jedoch kein
eigenständiges Bild zu machen, reicht nach
Ansicht des Bundesgerichtshofs dabei
nicht aus.
In dem entschiedenen Fall kündigte der
Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigen-
bedarfs für die vierköpfige Familie seines
Sohns. Die Mieter widersprachen der Kün-
digung, da einer der Mieter gesundheitli-
che Einschränkungen habe und an einer
beginnenden Demenz leide, die sich zu
verschlimmern drohe, wenn er aus seiner
gewohnten Umgebung gerissen würde.
Die Vorinstanz unterstellte das Vorbrin-
gen der Mieter als wahr, befand dieses aber
für nicht ausreichend, um eine Kündigung
zu verhindern. Ein vom Gesetz geforderter
Härtefall liege nicht vor, da das Interesse
des Vermieters an einer Beendigung des
Mietverhältnisses überwiege. Der Bundes-
gerichtshof widersprach der Auffassung
der Vorinstanz, da diese sich nicht mit der
existenziellen Bedeutung der Situation des
Mieters auseinandergesetzt habe. Gerade
bei drohenden schwerwiegenden Gesund-
heitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr
seien die Gerichte gehalten, sich bei Fehlen
eigener Sachkunde mittels sachverstän-
diger Hilfe ein genaues und ein nicht nur
oberflächliches Bild der Lage zu verschaf-
fen. Sie müssten ermitteln, welche ge-
sundheitlichen Folgen im Einzelnen für den
Mieter mit einem Umzug verbunden wären.
Erst dann könnten diese die Konsequenzen
sachgerecht abwägen. Folglich hat das Ge-
richt die Entscheidung der Vorinstanz auf-
gehoben und zur erneuten Verhandlung
dorthin zurückverwiesen.
An GmbH als Versicherungsneh-
merin gezahlte Versicherungs-
leistungen wegen Erkrankung des
Gesellschafter-Geschäftsführers
sind Betriebseinnahmen
Eine Freiberufler GmbH hatte eine Be-
triebsunterbrechungsversicherung abge-
schlossen, in der auch die Krankheit ihres
alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers
abgesichert war. Die Versicherungsbeiträ-
ge wurden als Betriebsausgaben gebucht.
Aufgrund eines krankheitsbedingten Ar-
beitsausfalls des Geschäftsführers er-
hielt die GmbH Versicherungsleistungen
von 34.200 € ausgezahlt, die sie nicht als
betriebliche Einnahme, sondern als nicht
steuerbare verdeckte Einlage des Gesell-
schafters deklarierte. Das Finanzgericht
Köln entschied aber, dass es sich um eine
betriebliche Einnahme handelt, weil nur die
GmbH als Versicherungsnehmerin Anrecht
auf die Versicherungsleistung hatte.
Gewerbliche Einkünfte durch
Vermietung eines Arbeitszimmers
an eigenen Auftraggeber
Die Vermietung von Wohnraum ist nur
dann eine gewerbliche Tätigkeit, wenn die
Betätigung des Vermieters sich als ge-
winnstrebende Beteiligung am allgemei-
nen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und
hinter der bloßen Nutzung des Mietobjekts
als Vermögensanlage zurücktritt.
In einem vom Bundesfinanzhof entschie-
denen Fall erzielte eine Frau gewerbliche
Einkünfte, indem sie nebenberuflich für
einen Professor Gutachten schrieb. Sie
vermietete ein Arbeitszimmer im eigenen
Einfamilienhaus an den Professor. Dieser
sollte ihr den Raum rücküberlassen, ohne
ihn selbst zu nutzen. Der Professor zahlte
ihr folglich in Form des Mietzinses einen
Aufschlag für die Schreibarbeit. Die Frau
machte indes Verluste aus Vermietung
und Verpachtung geltend. Da sie den Raum
ohne die gewerbliche Tätigkeit aber nicht
an den Professor vermietet hätte, war die
Vermietung Teil ihrer gewerblichen Tätig-
keit. Sie hätte daher steuermindernd nur
Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer
geltend machen können. Dies scheiterte im
konkreten Fall jedoch an den hierfür weiter
notwendigen räumlichen Voraussetzungen.
Mieter/Vermieter
Hinweis
Bei Einzelunternehmen und Perso-
nengesellschaften sind Aufwendun-
gen für Versicherungen, die das
persönliche Krankheitsrisiko der
Unternehmer absichern, keine
Betriebsausgaben. Versicherungs-
leistungen sind entsprechend auch
keine Betriebseinnahmen.
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