DER MONAT 11.2016 - page 3

3
HSP NEWS
DER MONAT 11.16
Aufteilung der Vorsteuer bei
Zuordnung eines Gebäudes zu
teils steuerpflichtigen und teils
steuerbefreiten Umsätzen
Der Gerichtshof der Europäischen Union
äußert sich grundlegend zur Aufteilung der
abzugsfähigen Vorsteuer für den Fall, dass
eine Gebäudenutzung nur zum teilweisen
Vorsteuerabzug berechtigt.
Die Aufwendungen zur Errichtung, Nutzung,
Erhaltung oder Unterhaltung eines Gebäudes
sind den zumVorsteuerabzug berechtigenden
und den nicht zum Vorsteuerabzug berechti-
genden Umsätzen zuzuordnen.
Kann keine eindeutige Zuordnung erfol-
gen, ist eine Aufteilung nach dem Umsatz-
schlüssel vorzunehmen. Alternativ kann
auch ein Flächenschlüssel zugrunde ge-
legt werden, wenn er zu einem präziseren
Zuordnungsergebnis führt.
Diese Grundsätze stehen imWiderspruch
zum deutschen Umsatzsteuerrecht. Danach
ist die Verteilung der Vorsteuerbeträge nach
dem Umsatzschlüssel nur dann durchzu-
führen, wenn keine andere wirtschaftliche
Zurechnung möglich ist. Die Verteilungs-
regelung nach deutschem Umsatzsteuer-
recht verletzt aber EU-Recht insoweit nicht,
als sie zu einer präziseren Aufteilung der
Vorsteuerbeträge führt.
Eine Nutzungsänderung des Gebäudes
zieht auch die Änderung des angewendeten
Verteilungsschlüssels nach sich.
Gutschriftempfänger schuldet
unberechtigt ausgewiesene
Umsatzsteuer
Wer in einer Rechnung Umsatzsteuer
ausweist, obwohl die Lieferung oder sons-
tige Leistung nicht erbracht wurde (sog.
Scheinrechnung), schuldet den ausgewie-
senen Umsatzsteuerbetrag. Als Rechnung
gilt auch eine Gutschrift. Im Unterschied
zur Rechnung, die der (angeblich) leistende
Unternehmer ausstellt, stellt die Gutschrift
der (angebliche) Leistungsempfänger aus.
Erstellt der angebliche Leistungsempfänger
mit Wissen des angeblich leistenden Un-
ternehmers eine Gutschrift über eine nicht
ausgeführte Lieferung oder sonstige Leis-
tung, schuldet der Gutschriftempfänger die
in der Gutschrift ausgewiesene Umsatz-
steuer. Dies hat das Finanzgericht München
entschieden. Zwar haben sich mittlerweile
die gesetzlichen Vorschriften geändert, die
Entscheidung gilt aber auch für die derzei-
tige Rechtslage.
Der in Anspruch genommene Gutschrift-
empfänger hat Revision beimBundesfinanz-
hof eingelegt, sodass dessen Entscheidung
abzuwarten bleibt. Streitig ist die Frage, ob
die Grundsätze, die für Scheinrechnungen
gelten, auch für Scheingutschriften gelten.
Umsatzsteuer
Keine Hochrechnung von illegal
gezahltem Arbeitsentgelt auf ein
Bruttoarbeitsentgelt zur Berech-
nung von Sozialkassenbeiträgen
Der Beklagte, ein Verlegebetrieb, hatte (wie
eine Prüfung des Hauptzollamts ergeben
hatte) möglicherweise Teile des Lohns
schwarz an seine Arbeitnehmer gezahlt.
Der Kläger, eine gemeinsame Einrichtung
der Tarifvertragsparteien zur Einziehung
von Sozialkassenbeiträgen, verlangte von
dem Beklagten die Zahlung von Beiträgen
nach den Sozialkassentarifverträgen des
Baugewerbes, die er aufgrund eines hoch-
gerechneten Bruttolohns errechnet hatte.
Zu Unrecht, wie das Bundesarbeits-
gericht feststellte. Der Beitrag errechnet
sich nach dem Tarifvertrag über das So-
zialkassenverfahren im Baugewerbe aus
einem Prozentsatz der Bruttolohnsumme,
die sich nach steuerrechtlichen Grundsät-
zen richtet. Unter der Bruttolohnsumme
ist auch die vom Arbeitgeber geschuldete
Vergütung anzusehen, unabhängig da-
von, ob diese tatsächlich gezahlt wurde.
Die sogenannte Nettolohnfiktion aus dem
Sozialversicherungsrecht, nach der das
Arbeitsentgelt um die darauf entfallenden
Steuern und den Gesamtsozialversiche-
rungsbeitrag hochgerechnet wird, findet
hier aber keine Anwendung. Der geltend
gemachte Anspruch ist kein sozialversi-
cherungsrechtlicher Anspruch. Eine ana-
loge Anwendung kommt nicht in Betracht,
da keine Regelungslücke vorliegt. Die Tarif-
vertragsparteien haben sich eindeutig für
eine am Steuerrecht orientierte Lösung ent-
schieden. Auch Nachweisschwierigkeiten
und mögliche Wettbewerbsverzerrungen
rechtfertigen keine analoge Anwendung
des Nettolohnprinzips.
Arbeitsrecht
Keine Verrechnung von selbst
getragenen Krankheitskosten mit
zurückerstatteten Krankenver-
sicherungsbeiträgen
Krankheitskosten sind lediglich als außerge-
wöhnliche Belastung steuerlich zu berück-
sichtigen. Es ist die zumutbare Belastung zu
beachten. Ein Ansatz der selbst getragenen
Krankheitskosten als Sonderausgaben ist
nicht möglich. Sonderausgaben sind nur
Beiträge
zu Krankenversicherungen, die
zumindest im Zusammenhang mit der
Erlangung eines Versicherungsschutzes
stehen und folglich der Vorsorge dienen.
In seiner Entscheidung stellt das Finanz-
gericht Baden-Württemberg ferner klar,
dass zurückerstattete Krankenversiche-
rungsbeiträge in voller Höhe mit den ge-
zahlten Krankenversicherungsbeiträgen
zu verrechnen sind. Eine Verrechnung mit
selbst getragenen Krankheitskosten lässt
das Gericht nicht zu.
Der Bundesfinanzhof muss abschließend
entscheiden.
Natürliche Personen
1,2 4