DER MONAT 10.2015 - page 2

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HSP NEWS
DER MONAT 10.15
Newsdienst
Aktuelles aus den Bereichen Steuern, Recht und Wirtschaft im Monat Oktober 2015.
Entlastung insbesondere der
mittelständischen Wirtschaft von
Bürokratie
Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz will
die Bundesregierung die mittelständische
Wirtschaft von Bürokratie entlasten, weil
die daraus entstehenden Kosten insbeson-
dere kleinere und mittlere Unternehmen in
ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
und Dynamik beeinträchtigen.
Einzelkaufleute, die an den Abschluss-
stichtagen von zwei aufeinander folgen-
den Geschäftsjahren nicht mehr als je-
weils 500.000 € Umsatzerlöse und jeweils
50.000 € Jahresüberschuss aufweisen,
sind von der Bilanzierung und der Pflicht
zur Aufstellung eines Jahresabschlusses
befreit. Mit Wirkung ab 2016 werden die-
se Beträge um 20 % auf 600.000 € bzw.
60.000 € erhöht.
Im Gleichlauf zum Handelsrecht werden
– ebenfalls mit Wirkung ab 2016 – auch
die Schwellenwerte der steuerlichen Buch-
führungs- und Aufzeichnungspflichten für
gewerbliche Unternehmer sowie Land- und
Forstwirte auf 600.000 € (Umsatz) und
60.000 € (Gewinn) erhöht. Wer die in 2015
gültigen Umsatz- und Gewinngrenzen über-
schreitet, aber die neuen Schwellenwerte in
2016 unterschreitet, wird vom Finanzamt
keine Mitteilung über den Beginn der Buch-
führungspflicht erhalten.
Durch das Faktorverfahren soll bei Ehe-
gatten oder Lebenspartnern in der Steuer-
klassenkombination IV/IV der individuell zu-
treffende Lohnsteuerabzug erzielt werden.
Der Faktor hat zurzeit eine Gültigkeit von
bis zu einem Kalenderjahr. Zukünftig soll
der Faktor bis zu zwei Kalenderjahre gül-
tig sein. Auf Grund der noch erforderlichen
technischen Umsetzung wird das Bundes-
ministerium der Finanzen den erstmaligen
Anwendungszeitpunkt dieser Regelung per
Verwaltungsschreiben festlegen.
Wird ein Arbeitnehmer nur kurzfristig
beschäftigt, kann der Arbeitgeber die Lohn-
steuer mit einem Pauschsteuersatz von 25
% des Arbeitslohns erheben. Das Verfahren
zum Abruf der elektronischen Lohnsteuer-
abzugsmerkmale muss er dann nicht be-
rücksichtigen. Eine kurzfristige Beschäfti-
gung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer
beim Arbeitgeber gelegentlich, nicht regel-
mäßig wiederkehrend beschäftigt wird, die
Dauer der Beschäftigung 18 zusammen-
hängende Arbeitstage nicht übersteigt
und der Arbeitslohn während der Beschäf-
tigungsdauer 62 € durchschnittlich je Ar-
beitstag nicht übersteigt. Schon mit Wir-
kung ab dem Veranlagungszeitraum 2015
wird der Betrag von 62 € auf 68 € erhöht.
Hintergrund ist der gesetzliche Mindest-
stundenlohn von 8,50 €.
Kirchensteuerabzugsverpflichtete,
z. B. Kapitalgesellschaften, müssen zur
Vornahme des Kirchensteuerabzugs auf
Kapitalerträge jährlich die so genannten
KiStAM (Kirchensteuerabzugsmerkmale)
beim Bundeszentralamt für Steuern elek-
tronisch abfragen. Zuvor müssen sie die
Schuldner der Kapitalertragsteuer – bei
Kapitalgesellschaften die Anteilseigner –
über den Abruf informieren, damit diese
gegebenenfalls einen Sperrvermerk setzen
können. Diese jährliche Informationspflicht
wird nun umgewandelt in eine einmalige
Information während der Dauer der recht-
lichen Verbindung. Die Information hat vor
der Abfrage der KiStAM und schriftlich oder
in geeigneter Form zu erfolgen.
Existenzgründer werden von Auskünften
zu statistischen Zwecken u. a. im Bereich
Dienstleistungen, produzierendes Gewerbe,
Handel und Beherbergung befreit. Im Ka-
lenderjahr der Betriebseröffnung und in den
beiden folgenden Kalenderjahren besteht
dann keine Auskunftspflicht, wenn das
Unternehmen im letzten abgeschlossenen
Geschäftsjahr einen Umsatz von weniger
als 800.000 € erwirtschaftet hat. Bei Gesell-
schaften müssen alle Gesellschafter Exis-
tenzgründer sein, um sich auf die Befreiung
von der Auskunftspflicht berufen zu kön-
Unternehmer/Beteiligungen
Reichweite des Vorsteueraus-
schlusses bei weniger als 10
%-iger Nutzung eines Gegen-
stands für die wirtschaftliche
Tätigkeit des Unternehmers
Der Bundesfinanzhof hat dem Gerichtshof
der Europäischen Union (EuGH) die Frage
vorgelegt, wie weit der Vorsteueraus-
schluss im nationalen Recht für Gegen-
stände geht, die der Unternehmer zu we-
niger als 10 % für sein Unternehmen nutzt.
Das Unionsrecht ermächtigt Deutschland,
den Vorsteuerabzug für solche Gegenstän-
de zu versagen, „die zu mehr als 90 % für
private Zwecke des Steuerpflichtigen [Un-
ternehmers] oder seines Personals oder all-
gemein für unternehmensfremde Zwecke
genutzt werden“.
Ein Unternehmer kann drei verschiedene
Sphären haben: Er hat eine unternehme-
rische Sphäre (Sphäre 1). Daneben hat er
regelmäßig eine unternehmensfremde (pri-
vate) Sphäre (Sphäre 2). Er kann zusätzlich
eine nichtunternehmerische, aber nicht un-
ternehmensfremde Sphäre haben (Sphäre
3). Zu dieser letzten Sphäre gehören z. B.:
unentgeltliche Tätigkeiten eines Vereins,
die aus ideellen Vereinszwecken verfolgt
werden; hoheitliche Tätigkeiten einer juristi-
schen Person des öffentlichen Rechts; das
bloße Erwerben, Halten und Veräußern von
gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen. Allen
diesen Tätigkeiten ist gemeinsam, dass sie
nicht zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Un-
ternehmers gehören, aber auch nicht als pri-
vate Tätigkeiten angesehen werden können.
Nutzt der Unternehmer einen Gegen-
stand zu 95 % in der unternehmensfremden
Sphäre (Sphäre 2), ist unstreitig der Vor-
steuerabzug auf den Einkauf in voller Höhe
ausgeschlossen. Der Bundesfinanzhof
hält es für unionsrechtlich fraglich, ob der
Vorsteuerabzug auch in voller Höhe aus-
geschlossen ist, wenn der Gegenstand zu
95 % in der nichtunternehmerischen, aber
nicht unternehmensfremden Sphäre (Sphä-
re 3) und zu 5 % in der unternehmerischen
Sphäre (Sphäre 1) genutzt wird oder ob
dann nicht ein Vorsteuerabzug in Höhe
von 5 % zu gewähren ist. Es spreche vieles
dafür, die Ermächtigung an Deutschland so
auszulegen, dass sie den vollen Vorsteu-
erabzug nur bei einer mehr als 90 %-igen
unternehmensfremden Nutzung (Sphäre 2)
ausschließt. Da die Auslegung des Unions-
rechts dem EuGH obliegt, hat er diesem die
Frage vorgelegt.
Umsatzsteuer
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