DAS QUARTAL 2.2020

Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg DAS QUARTAL 2.20 9 Themen im Fokus Streitfall immer als automatisch unbefris- tet. Mündlich oder per E-Mail vereinbaren dürfen Arbeitgeber zwar auch durchaus zwischendurch mal Änderungen bei Gehalt oder Arbeitsort. Unternehmer, die bereits viel auf elektronische Kommunikation setzen, sollten aber in dieser Frage juristischen Rat einholen. Ein Experte weiß, wie sich auch auf diesem Weg die nötigen Anforderungen an die Schriftform erfüllen lassen. In der Praxis weniger bedeutsam, aber ebenfalls möglich ist die Beurkundung durch einen Notar. Was tun, damit ein befristeter Vertrag auch wirksam ist? So einfach ein befristeter Arbeitsvertrag auch in der Theorie geschlossen ist, so sehr steckt die Tücke im Detail. Daher sollten Unterneh- mer ihren Anwalt vor und bei jeder Befristung stets hinzuziehen, umdie von ihnen und dem Mitarbeiter vereinbarte Vertragsform auch wirksam abzuschließen. Die Voraussetzun- gen müssen erfüllt sein, und auch die hierfür notwendigen vertraglichen Anforderungen. So gilt etwa eine schriftlich vereinbarte Zeit- befristung nur als wirksam, wenn ● ein Sachgrund für die Befristung gemäß § 14 Abs.1 TzBfG vorliegt oder ● die Befristung bei einer Neueinstellung vorgenommen wird und ● höchstens zwei Jahre beträgt (§ 14 Abs.2 TzBfG). Für eine schriftlich vereinbarte Zweck- befristung gilt: Diese ist wirksam, wenn ein Sachgrund gemäß § 14 Abs.1 TzBfG vorliegt. Ohne vom Gesetz vorgesehenen sachlichen Grund ist eine Befristung nur bei Neueinstellungen und für die Höchstdauer von zwei Jahren zulässig. Vorherige Beschäftigung im Betrieb birgt Risiken Bei Mitarbeitern unter 52 Jahren kann ein befristeter Arbeitsvertrag daran scheitern, dass der Bewerber schon einmal im Unter- nehmen beschäftigt war. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz schließt eine sachgrund- lose Befristung bei Neueinstellungen gene- rell aus, wenn zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Doch wie lange rückwirkend gilt dies? Hierfür macht das Gesetz keine zeitliche Eingrenzung. Juristisch ist es also höchst unsicheres Gelände. Zwar betrachte- te das Bundesarbeitsgericht (BAG) es 2011 mit Blick auf Anschlussbefristungen als un- problematisch, wenn ein Arbeitsverhältnis über drei Jahre zurückliegt. Andere Gerichte hielten sich daran jedoch nicht. Und das Bun- desverfassungsgericht kippte das BAG-Urteil dann 2018. NachMeinung der Verfassungs- richter hatte das Bundesarbeitsgericht die klar erkennbaren Regelungsabsichten des Gesetzgebers missachtet. Die Dreijahres- Grenze war damit hinfällig. Unternehmer sollten eine geplante Befristung selbst für vor langer Zeit bei ihnen beschäftigteMitarbeiter sehr gründlich vom Anwalt prüfen lassen. Zulässige Zahl der Anschlussbefristungen ist umstritten Ein befristeter Arbeitsvertrag darf nicht völ- lig ausgeschlossen sein, wenn das vorherige Beschäftigungsverhältnis sehr lange her ist. Mit dieser Feststellung würdigten die Rich- ter amBundesverfassungsgericht immerhin das verworfene BAG-Urteil: Das „Verbot der sachgrundlosen Befristung des Arbeitsver- trages kann insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zu- rückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.“ Als Beispie- le nennen sie etwa geringfügige Nebenbe- schäftigungen während der Schul-, Studien- und Familienzeit oder den vorherigen Einsatz als Werkstudierende. Studentische Mitar- beiter im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung seien ebenso ausgenommen wieMitarbeiter mit einer „erzwungenen oder freiwilligen Un- terbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung“ einhergegangen ist. Wie dies nun allerdings verfassungs- konform auszulegen ist – das überließ das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich den Fachgerichten. Sie „können und müssen in derartigen Fällen durch verfassungskonfor- me Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken“, so das Bundesverfassungsgerichtsurteil. Befristeter Arbeitsvertrag: So verlängern Unternehmer ihn richtig So kritisch ein befristeter Arbeitsvertrag nach vorheriger Beschäftigung zu sehen ist, so unproblematisch soll – zumindest grundsätzlich – die wiederholte Befristung sein. Sind die Voraussetzungen für eine Befristung erfüllt, müssen Arbeitgeber nur ein paar Dinge beachten. Zuerst einmal muss die Verlängerung nahtlos sein, um nicht in die Vorbeschäftigung-Falle zu tap- pen. Schon eine Verlängerung erst einen Tag nach der Frist reicht, damit der Vertrag automatisch unbefristet ist, so das Lan- desarbeitsgericht Düsseldorf. Eine recht- lich haltbare simple Vertragsverlängerung setzt voraus, dass die Vertragsparteien ausschließlich den Beendigungstermin hinausschieben. Sonstige Änderungen der Vertragsbedingungen dürfen Arbeitgeber hierbei also nicht vereinbaren. Die Folge einer unwirksamen Verlängerung ist, dass dadurch ein neuer befristeter Vertrag ab- geschlossen wird. Der wiederum ist dann nicht mehr ohne Sachgrund zulässig – weil zwischen den Parteien ja schon früher ein Arbeitsverhältnis bestand. Darauf sollten Arbeitgeber also unbedingt achten, damit sie hier nicht in die Falle laufen. Das gilt für Kettenbefristungen mit Sachgrund Mit akzeptablem Sachgrund ist ein befriste- ter Arbeitsvertrag mehrmals hintereinander problemlos zulässig. Allgemein gültige Ober- grenzen gibt es hierbei nicht – weder für die Gesamtdauer der Vertragszeit noch die Zahl der Vertragsverlängerungen. Übertreiben dür- fen Unternehmer esmit den Kettenbefristun- gen allerdings nicht. Sonst laufen sie Gefahr, dass ein Arbeitsgericht dies als Rechtsmiss- brauch einstuft. Für das Bundesarbeitsgericht ist unzulässig, dass einArbeitgeber Interessen „einseitig und auf Kosten des Arbeitnehmerin- teresses an einer unbefristetenBeschäftigung durchsetzt“. Der Vertrag würde damit als un- befristet eingestuft, so die BAG-Richter. Was genau problematisch ist, sagten die Richter nicht. In einemspäterenUrteil nannten sie eine Beschäftigungszeit von insgesamt sechsein- halb Jahren bei 13 Befristungen rechtsmiss- bräuchlich. Das Landesarbeitsgericht Berlin- Brandenburg hielt 2015 eine Gesamtdauer von sechs Jahren und acht Monaten für kri- tisch. Unternehmer sollten einen Rechtsex- perten fragen. In Einzelfällen aus Krankheit oder Elternzeiten können auchmal Kettenbe- fristungen über 15 Jahre in Ordnung gehen. Viele Faktoren beeinflussen Beurteilung der Kettenbefristung Ob ein befristeter Arbeitsvertrag beliebig oft zu verlängern ist, hängt von vielen Umstän- den ab. Der Anwalt sollte hier sehr genau prü- fen. An welchen Kriterien sie sich orientieren müssen, dafür legte das Bundesarbeitsge- richt in einemUrteil von 2017 ein Prüfschema vor. Ob Kettenbefristungen rechtlich haltbar sind oder nicht, dafür ist aus ihrer Sicht maßgeblich, ob die Verträge jeweils einen zeitweiligen Bedarf decken sollten oder aber verdeckt einen ständigen Bedarf ausfüllen. Dabei müssen Arbeitsverhältnisse mit wei- teren Personen mit ähnlichen Aufgaben im Unternehmen in Betracht gezogen werden, so die BAG-Richter. Auch ob der Mitarbeiter wechselnde Aufgaben ausgeübt hat und in welcher Art die Vertretungen angesetzt wa- ren, müsse geprüft werden. Der Anwalt sollte Unternehmern für jede Verlängerung grünes Licht geben. Und ihnen den Zeithorizont ab- stecken, mit dem sie auf der sicheren Seite planen können. Wird eine Befristung als un- berechtigt eingestuft, hat dies – wie stets – automatisch zur Folge, dass ein unbefristeter Arbeitsvertrag entsteht.

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