DAS QUARTAL 2.2020

geringe Umsätze, meistens nur für einen Auftraggeber tätig, kein nennenswertes wirtschaftliches Risiko. Wer dann seine Arbeitszeit nicht frei einteilen kann oder sich an Vorgaben des Auftraggebers halten soll, gilt schnell als abhängig Beschäftig- ter. Viele Freiberufler und Kleinunterneh- mer wollen aber ihr eigener Herr sein und nicht auf der Gehaltsliste des Auftragge- bers stehen. Um Scheinselbstständigkeit zu vermeiden, sollten sie anwaltlich klären lassen, ob Verträge und Zusammenarbeit mit ihren Kunden rechtssicher sind. Dies ist umso wichtiger, weil Auftraggeber das Ri- siko nicht mehr allein tragen. Attestiert die Rentenversicherung nachträglich Schein- selbstständigkeit, mussten betroffene Frei- berufler und Kleinunternehmer bislang ma- ximal Sozialversicherungsbeiträge für drei Monate nachzahlen. Der Arbeitgeber darf die Beiträge vom künftigen Lohn abziehen, falls der Mitarbeiter an Bord bleibt. Künftig drohen auch Scheinselbstständigen unkal- kulierbare finanzielle Risiken. Scheinselbstständige müssen Honorare zurückzahlen Das Bundesarbeitsgericht hat die Recht- sprechung zulasten der Scheinselbst- ständigen geändert. Attestiert die Ren- tenversicherung einem Freiberufler oder Kleinunternehmer rückwirkend Schein- selbstständigkeit und macht ihn zum so- zialversicherungspflichtig Beschäftigten, dürfen Auftraggeber „überzahlte Hono- rare“ zurückverlangen. Denn durch die nachträgliche DRV-Einstufung seien Auf- traggeber nur verpflichtet gewesen, die üb- liche Vergütung für Angestellte zu zahlen, so die Richter. Im konkreten Fall hatte der Scheinselbstständige ein höheres Hono- rar kassiert. Die Differenz zwischen dieser Vergütung und dem üblichen Arbeitslohn vergleichbarer Arbeitnehmer musste er erstatten. Das übliche Gehalt bestimmte das Unternehmen anhand des Lohnspie- gels der Bundesagentur für Arbeit und Auskünften der IHK. Der inzwischen ge- kündigte IT-Mitarbeiter musste 106.000 Euro zurückzahlen. Für die Betroffenen können so hohe Regressforderungen exis- tenzbedrohend sein. Vor entsprechenden Aufträgen sollten Kleinunternehmer und Freiberufler daher Scheinselbstständigkeit mit dem Anwalt besprechen, um rechtli- che und finanzielle Risiken zu begrenzen. Lautet das Urteil von DRV oder Richtern künftig auf Scheinselbstständigkeit, dürf- ten sicher mehr Auftraggeber die finanzielle Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses verlangen. Wie Freiberuf­ler eine Scheinselbst- ständigkeit vermeiden Angesichts solcher Gefahren ist Vorsicht das oberste Gebot. Um das Risiko Schein- selbstständigkeit auszuschließen, sollten Freiberufler und Kleinunternehmer unbe- dingt den Rat eines Anwalts einholen. Er prüft, ob Verträge rechtssicher formuliert sind und die Zusammenarbeit klar defi - niert ist, damit das Urteil nicht gegen sie ausfällt. Zwar gibt es Kriterien für Schein- selbstständigkeit, auf die sich DRV und Richter berufen, jedoch keine gesetzlich festgeschriebene Checkliste. Darum sollte niemand die folgenden Punkte als Check- liste missverstehen, sondern nur zur ge- nerellen Orientierung nehmen. Besonders gefährlich ist es, wenn ein Freiberufler oder Kleinunternehmer eine Scheinselbststän- digkeit fürchtet, weil er keine Mitarbeiter hat. Dann sind am besten alle Tätigkeiten zu vermeiden, die der eines Festangestell- ten ähneln. Echte Selbstständige ● bestimmen selbst für wen und wann sie arbeiten, für sie gelten keine festen Arbeitszeiten; ● entscheiden, ob sie Aufträge annehmen oder ablehnen; ● handeln die Konditionen frei aus, ihre Honorare sind höher als das Gehalt von Angestellten; ● bleiben ihr eigener Chef, sie erhalten keine Weisungen; ● sind nicht in die Organisation ihrer Auf- traggeber eingegliedert; ● bekommen keine Visitenkarten ihrer Auftraggeber und tragen keine Berufs- kleidung; ● machen Werbung in eigener Sache, haben eigene Geschäftsräume und nutzen Räu- me des Auftraggebers nur für einzelne Projekte; ● tragen ein wirtschaftliches Risiko, schaf- fen etwa Arbeitsgeräte und Fahrzeuge selbst an; ● nutzen daher nicht ausschließlich die Betriebsmittel des Auftraggebers. Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg DAS QUARTAL 2.20 13 Themen im Fokus

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