DAS QUARTAL 4.2019

DAS QUARTAL 4.19 22 Themen im Fokus Die Perspektive moderner Finanzmarkt- theorie – indexnahe Anlagen steigern so- gar die Markteffizienz Um zu verstehen, warum aus finanzmarkt- theoretischer Perspektive von indexnahen Anlagen auch in Zukunft keine Gefahr für die Lenkungsfunktion der Märke aus- geht, ist es sinnvoll, die Argumentation der Skeptiker noch etwas genauer zu beleuchten. Im Kern lautet sie wie folgt: Im Gegensatz zu indexnahen Produkten stehen hinter aktiv gemanagten Anlagen detaillierte und objektive Unternehmens- analysen, welche als eine Art Investitions- filter wirken, das heißt: Schlechte Unter- nehmen werden in den entsprechenden Fonds untergewichtet bzw. im Extremfall sogar aussortiert, was dazu führt, dass ih- nen weniger oder sogar keine finanziellen Mittel mehr zufließen. Gute Unternehmen dagegen werden übergewichtet, weshalb sie verstärkt Mittel erhalten. Im Endef- fekt – so die Vorstellung – führt aktives Anlagemanagement zum gewünschten Ergebnis, dass genau die innovativen, effi- zienten und kundenorientierten Unterneh- men vom Finanzmarkt begünstigt und die schlechten durch Kapitalentzug abgestraft werden. Dieser Mechanismus – so die These weiter – wird nun durch indexnahe Anlagen außer Kraft gesetzt, denn diese verteilen die Anlagegelder unabhängig von irgendwelchen Analysen undifferenziert und gewissermaßen „gleichmacherisch“ entsprechend der Marktkapitalisierung. Es findet somit keine Vorselektion in gute und schlechte Unternehmen mehr statt. Wenn nun immer mehr Gelder von akti- ven in indexnahe Anlagen umgeschichtet werden, dann greift dieses undifferenzierte Investieren immer mehr um sich und führt letztendlich zum Verlust der allokativen Lenkungsfunktion der Finanzmärkte. Die skizzierte Argumentation ist auf den ersten Blick nachvollziehbar und zu- mindest vordergründig durchaus plau- sibel. Genau besehen hat sie jedoch an entscheidenden Punkten erhebliche Schwachstellen, was letztlich dazu führt, dass die gesamte Argumentation zusam- menbricht und sich sogar in ihr Gegenteil verkehrt. Dies aus folgenden Gründen. Zunächst wird unterstellt, dass es an den Finanzmärkten nur zwei Typen von In- vestoren gibt: einerseits die „ignoranten“ Indexinvestoren, die keinerlei Beitrag zur Markteffizienz leisten, und andererseits die Gruppe der aktiv gemanagten Fonds, deren zugrunde liegende Analysen die allokative Funktion der Finanzmärkte wie skizziert ge- währleisten. Doch genau diese unterstellte Dichotomie geht völlig an den Marktreali- täten vorbei. An den realen Finanzmärkten agieren nicht nur zwei, sondern mindestens drei unterschiedliche Anlegertypen. Da sind zum einen die indexnahen Anleger, die ihre Entscheidungen in der Tat nicht an Unternehmens- oder sonstigen Analysen ausrichten, sondern am jeweiligen Index- gewicht. Die aktiv gemanagten Fonds allerdings müssen differenzierter betrachtet werden. Sie teilen sich in zwei Gruppen auf. Da ist zunächst die relativ kleine Gruppe von Fonds, deren zugrunde liegende Ana- lysen temporär tatsächlich zu überlegenen Anlageentscheidungen und entsprechend überdurchschnittlichen Wertentwicklungen führen (sogenannte „Informed Traders“). Daneben aber gibt es eine große Gruppe aktiver Fonds, welche nachweislich keine überlegenen Wertentwicklungen vorwei- sen können. Die Analysen, die den Anlage- entscheidungen dieser Fonds zugrunde liegen, sind daher letztlich wertlos. Diese Akteure werden in der Finanzmarkttheorie als sogenannte „Noise Traders“ bezeich- net, wodurch zum Ausdruck gebracht wird, dass die von den entsprechenden Analysen und Anlageentscheidungen bewirkten Kursbewegungen eben nicht systematischer Natur sind, sondern von Zufallsprozessen – ausgelöst durch den besagten „Noise“, den verwirrenden „In- formations- und Gerüchtelärm“ des Kapi- talmarktes – nicht unterschieden werden können. AUFTEILUNG AKTIVER UND INDEXNAHER AKTIENFONDS IN DEN USA 2000 VERSUS 2017 Stand: 31.12.2018 Quellen: ici.org (Investment Company Institute), eigene Darstellung ANTEIL AKTIV GEMANAGTER FONDS, DIE ÜBER 3, 5 UND 10 JAHRE EINEN REPRÄSENTATIVEN VERGLEICHSINDEX NICHT HINTER SICH LASSEN Stand: 31.12.2018 Quellen: SPIVA-Report (2018) für in Europa angesiedelte Aktienfonds (herausgegeben von S&P Dow Jones Indices), eigene Darstellung Historische Wertentwicklungen sind kein zuverlässiger Indikator für die Zukunft.

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