DAS QUARTAL 1.2014 - page 12

DAS QUARTAL 1.14
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Themen im Fokus
Wie wird ein Steuerbescheid
geprüft?
Nach der Einspruchsstatistik des Bundesministeriums der Finanzen gehen bei
den Finanzämtern jährlich rund vier Millionen Einsprüche ein. Diese Statistik
zeigt deutlich, wie wichtig die Prüfung von Steuerbescheiden ist. Nur wer
den Steuerbescheid intensiv geprüft hat, kann eine Entscheidung
treffen, ob und in welchem Umfang ein Einspruch
erhoben wird.
D
ies ist insbesondere deshalb wichtig, da
der Einspruch innerhalb eines Monats
nach Bekanntgabe einzulegen ist. Nach
Ablauf dieser Frist ist eine Korrektur eines
fehlerhaften Bescheids nur sehr einge-
schränkt möglich.
Prüfung der formalen Anforderungen
Grundsätzlich sollte bei einem Steuerbe-
scheid zunächst geprüft werden, ob die
formalen Anforderungen erfüllt sind. Im
Rahmen der formellen Prüfungshandlun-
gen ist die Richtigkeit zu überprüfen von:
Adressat (korrekte Bezeichnung)
Empfänger (korrekte Bezeichnung,
richtige Bankverbindung)
Festsetzungsfrist (Ist der Bescheid inner-
halb der Festsetzungsfrist ergangen?)
Die Zulässigkeit eines Änderungs­
bescheids
Die Zulässigkeit von Nebenbestim-
mungen (z. B. Vorläufigkeitsvermerk,
Vorbehalt der Nachprüfung)
Materiell-rechtliche Prüfung
Im Rahmen der materiell-rechtlichen Prü-
fungshandlungen ist zu untersuchen, ob
1. eine Abweichung von der Steuererklä-
rung vorliegt und
2. soweit Abweichungen vorliegen, ob diese
gerechtfertigt sind.
Bei dieser Prüfung wird der zutreffende
Ansatz der Einnahmen und Abzugsbeträ-
ge geprüft. Zu den Abzugsbeträgen zählen
die Werbungskosten wie Fahrten zwischen
Wohnung und Tätigkeitsstelle, Sonderaus-
gaben wie Spenden oder Kinderbetreu-
ungskosten und außergewöhnliche Belas-
tungen wie Krankheitskosten. Zudem ist
zu untersuchen, ob die zutreffenden Frei-
beträge wie der Behindertenpauschbetrag
angesetzt und die geleistete Einkommen-
steuervorauszahlung bzw. die einbehalte-
ne Lohnsteuer zutreffend berücksichtigt
wurden.
In einem weiteren Schritt sind die Güns-
tigerprüfungen zu kontrollieren. Die
Günstigerprüfungen sind vor allem beim
Kindergeld/Kinderfreibetrag, bei den Vor-
sorgeaufwendungen und bei den Kapital-
erträgen (Abgeltungsteuer) von Bedeutung.
Achtung Vorläufigkeitsvermerke
In vielen Punkten ist die Rechtslage nicht
eindeutig. Daher halten die Finanzämter
den Steuerbescheid in vielen Fällen offen
und setzen ihn vorläufig fest. Festsetzun-
gen der Einkommensteuer beispielsweise
sind nach aktuellem Stand hinsichtlich
folgender Punkte vorläufig vorzunehmen:
1. Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer
und der darauf entfallenden Nebenleis-
tungen als Betriebsausgaben (§ 4 Absatz
5b EStG)
2. a) Beschränkte Abziehbarkeit von Kin-
derbetreuungskosten (§ 4f, § 9 Absatz 5
Satz 1, § 10 Absatz 1 Nummern 5 und 8
EStG) – für die Veranlagungszeiträume
2006 bis 2008
b) Beschränkte Abziehbarkeit von Kinder-
betreuungskosten (§ 9c, § 9 Absatz 5
Satz 1 EStG) – für die Veranlagungs-
zeiträume 2009 bis 2011
3. a) Beschränkte Abziehbarkeit von Vor-
sorgeaufwendungen (§ 10 Absatz 3, 4,
4a EStG) – für die Veranlagungszeiträu-
me 2005 bis 2009
b) Beschränkte Abziehbarkeit von sonsti-
gen Vorsorgeaufwendungen im Sinne
des § 10 Absatz 1 Nummer 3a EStG – für
Veranlagungszeiträume ab 2010
4. Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu
Rentenversicherungen als vorwegge-
nommene Werbungskosten bei den
Einkünften im Sinne des § 22 Nummer
1 Satz 3 Buchstabe a EStG für Veranla-
gungszeiträume ab 2005
5. Besteuerung der Einkünfte aus Leibren-
ten im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 3
Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG
für Veranlagungszeiträume ab 2005
6. Höhe der kindbezogenen Freibeträge
nach § 32 Absatz 6 Sätze 1 und 2 EStG
7. Höhe des Grundfreibetrags (§ 32a Ab-
satz 1 Satz 2 Nummer 1 EStG)
Erläuterungen
Eine besondere Bedeutung haben die Er-
läuterungen. Diese folgen auf die Vorläufig-
keitsvermerke. Hier soll das Finanzamt den
Steuerzahler darauf aufmerksammachen,
in welchem Umfang von den Angaben der
Steuererklärung abgewichen wurde. Häufig
findensichindenErläuterungenauchHinweise,
dass noch Unterlagen beim Finanzamt ein-
gereicht werden sollten. Soweit Abweichun-
gen nicht erläutert sind, ist beim Finanzamt
die Ursache der Abweichungen zu erfragen.
Rechtsmittel
Bei einer nicht berechtigten Abweichung hat
der Steuerzahler die Möglichkeit, innerhalb
eines Monats nach Bekanntgabe gegen
den Steuerbescheid Einspruch einzulegen.
Wichtig:
Der Einspruch schützt nicht vor
der Zahlung. Eventuelle Nachzahlungen
müssen daher trotz eines laufenden Ein-
spruchs geleistet werden. Es besteht je-
doch die Möglichkeit einen „Antrag auf
Aussetzung der Vollziehung“ zu stellen.
Wichtig:
Wer Einspruch einlegt, muss
damit rechnen, dass das Finanzamt die
Steuererklärung vollständig prüft. Es ist
auch berechtigt, den Steuerbescheid nach
vorheriger Anhörung zu „verbösern“.
BEI FRAGEN SPRECHEN SIE BITTE IHREN
ZUSTÄNDIGEN STEUERBERATER AN.
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