DAS QUARTAL 3.2019

B efassen sich Unternehmer erstmalsmit der Gewerbesteuer, kommensieausdem Staunen oft gar nicht mehr heraus. Denn es geht umfür denBereichSteuerrecht zunächst überraschend scheinende Themen. Hierzu gehört etwaeinesogenannte Infektionsgefahr oder auch die Besteuerung von Betriebsaus- gaben – also nicht bloß vom Ertrag. Selbst Freiberuflern droht bei der Gewerbesteuer die eine oder andere Falle. Daher gehört das Thema auch für sie schon ab der Gründung auf dieBeobachtungslistedermöglicherweise relevanten Steuerfragen. Jeder Unternehmer sollte seinen Steuerberater hin und wieder auf die Gewerbesteuer ansprechen und sich auf den neuesten Stand bringen lassen. Das gilt besonders für jene, die sich eigentlich gar nicht davonbetroffen fühlenbeziehungsweise bisher keinegezahlt haben.Manchmal drohen auch ihnenRisiken, denensieabermithilfedes Steuerberatersmeistensausweichenkönnen. Die Gewerbesteuer ist für viele Unternehmer eine ungeahnte Herausforderung. Gewerbesteuer ist eine wachsende Belastung Wichtige unternehmerische Entscheidun- gen allein wegen steuerlicher Details zu treffen, ist selten klug. Das war hier schon zu lesen. Bei der Gewerbesteuer liegt der Fall anders. Unter Experten grundsätzlich unumstritten ist: Die Gewerbesteuer recht- fertigt Entscheidungen über Ansiedlung oder Umzug einer Firma. Das gilt mit Blick auf einen vorübergehenden Steuernachlass für die Standortwahl. Und für den kommunen- spezifischen Hebesatz der Gemeinde, aus der sich die Gewerbesteuerbelastung später errechnet. Die Gewerbesteuer gehört selbst- verständlich zur Standortanalyse. Natürlich ist Rücksprache mit dem Steuerberater vor Entscheidungen von großer Tragweite es- senziell. Aber Standortveränderungen kön- nen sinnvoll sein. Die Gewerbesteuer ist seit der Unternehmenssteuerreform 2008 eine Herausforderung, nicht nur für Kapitalge- sellschaften. Deren Anteil an der Steuerbe- lastung stieg bei einem Hebesatz von 400 auf 46,9 Prozent – von 43,1 Prozent. Wäh- rend sie bei einem Hebesatz von 200 nur 30 Prozent der gesamten Steuerbelastung ausmacht, fällt sie bei einem gemeindespe- zifischen Hebesatz von 490 mit 52 Prozent ins Gewicht, so die IHK Gießen-Friedberg. Auf Betriebsausgaben fällt Gewerbesteuer an Und das ist längst nicht alles. Die Gewerbe- steuer birgt weitere Herausforderungen. So mancher Firmenchef ahnt kaum, dass sie nicht nur auf den Gewinn fällig ist, sondern möglicherweise auch auf einige Betriebsaus- gaben. Klingt komisch, ist aber eine Tatsache. Das Zauberwort lautet „Hinzurechnungen“. Kurz erklärt: Unternehmer ermitteln ganz nor- mal ihren Gewinn. Und müssen dann für die Gewerbesteuererklärung rechnerisch einige zuvor abgezogene Betriebsausgaben wieder aufschlagen. Das gilt unter anderem für • Entgelte für Schulden (alle Arten von Zinsaufwendungen), • Entgelte für Renten und dauernde Lasten einschließlich Pensionsverpflichtungen aus Direktzusagen an Arbeitnehmer, • Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters, • 20 Prozent der Miet- und Pachtzinsen (ein- schließlich Leasingraten) für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, • 50 Prozent der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für unbe- wegliche Wirtschaftsgüter des Anlage- vermögens sowie • die zeitlich befristete Überlassung von Rechten (Konzessionen und Lizenzen). Der Steuerberater kennt die Freibeträge und weiß die Last durch Gestaltung zu lindern. Hinzurechnung bei Gewerbesteuer bleibt rechtens Diese Besteuerung eigentlich steuermindern- der Ausgaben sorgt schon länger für Ärger. DasHamburger Finanzgericht legtewegen der grundlegenden Bedeutung für Unternehmen diese Frage vor Jahren dem Bundesverfas- sungsgericht vor. Dies lehnte die Vorlage je- doch ab. Der Bundesfinanzhof hielt dann 2018 imFall einesHotelbetreibersmit hohenKosten für Miet- und Pachtzahlungen sowie Lizenz- gebühren – allesamt gewerbesteuerpflichtig –eine Vorlage beimoberstenGericht nicht für nötig, womit es bei der Hinzurechnung bleibt. Immerhin: Kleinere Unternehmen betrifft die- se Herausforderung bei der Gewerbesteuer oft nicht. Die Hinzurechnung erfolgt anteilig und nur, wenn ein Freibetrag von 100.000 Euro überschritten wird. Doch generell stieg auch ihre Gewerbesteuerlast. Beispielsweise dadurch, dass die Gewerbesteuer nicht mehr –wie früher einmal –als Betriebsausgabe bei der Körperschaftssteuererklärung zählt. Was ebenfalls bereits höchstrichterlich für verfas- sungsgemäß befunden wurde. Auch für Freiberuf­ler ist Gewerbesteuer ein Thema Also bleibt Unternehmern nur, jeden legalen Weg zu beschreiten, auf demsich die Gewer- besteuer umgehen lässt. Allerdings ist es für viele schon eine Herausforderung, überhaupt zu erkennen, dass hier Handlungsbedarf be- steht – gerade für eigentlich gewerbesteu- erunverdächtige Freiberufler. Die können beispielsweise durch zusätzliche gewerbli- che Umsätze oder zu viele Angestellte in die Gewerbesteuerpflicht rutschen. Wegen einer möglichen Abfärbung von Teilumsätzen auf die gesamten Einnahmen – Steuerrechtsex- perten sprechen von „Infektion“ – gehört das Thema Gewerbesteuer regelmäßig ins Ge- sprächmit demSteuerberater. Mit ihm lässt sich die Infektionsgefahr rechtzeitig erkennen und so eine Ansteckung vermeiden, damit nicht alle Einnahmen unter die Gewerbe- steuerpflicht fallen. Mit etwas Nachdenken lässt sich die Belastung senken Manche Gewerbetreibende können auch mit etwas organisatorischemGeschick ihre Gewerbesteuerlast senken – nämlich durch eine Betriebsaufspaltung. Unternehmer mit mehreren Standbeinen können rechtlich voneinander unabhängige Einheiten schaf- fen und so den Gewerbesteuerfreibetrag von 24.500 Euro für natürliche Personen und Personengesellschaften mehrmals nutzen. Das spart Gewerbesteuer. Gerade bei kleinen Unternehmen ist das aber keine ganz einfache Lösung. Der Steuerberater sollte dabei eng eingebunden sein. Denn damit diese durchaus legale Strategie auch wirklich greift, muss der Firmenchef seine Betriebe klar sowie effektiv voneinander trennen. Und natürlich prüfungssicher – auchwenn er letztlich alles allein oder mit ein bis zwei Mitarbeitern stemmt. Die Heraus­ forderungen rund um die Gewerbesteuer sind also wirklich zahlreich und vielfältig. Gewerbesteuer ist eine ganz besondere Herausforderung Die Gewerbesteuer verlangt Unternehmern mehr ab, als die meisten anderen Steuern: Wissen, Verständnis und natürlich Geld. Besteuert werden selbst Ausgaben. Nur mit dem Steuerberater lassen sich hier tragfähige Strategien zum Steuersparen erarbeiten. Text: Midia Nuri DAS QUARTAL 3.19 29 Themen im Fokus Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg

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