DAS QUARTAL 4.2018

So verhindern Sie, dass die Falle zuschnappt Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) brachte 2017 neue Regeln für Überlassungshöchstdauer, Kettenverträge und Equal Pay. Die Beschäftigungs- dauer könnte bald viele Probleme bereiten. Text: Midia Nuri A us den Augen, aus dem Sinn: Vor ein- einhalb Jahren trat die Reform des Ar- beitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) in Kraft. Zunächst heiß diskutiert, geriet mit der Zeit mancher damals nicht aktuelle Aspekt in Vergessenheit – schließlich müssen Fir- menchefs sich tagtäglichmit vielenwichtigen Themen beschäftigen. Daher könnte jetzt ein böses Erwachen erleben, wer in seinem Betrieb auch Zeitarbeiter einsetzt. Denn das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sieht seit der Reformvor, dass Leiharbeiter höchstens 18 Monate im gleichen Betrieb beschäftigt werden dürfen – bleiben sie länger, werden sie zu festen Mitarbeitern jenes Unterneh- mens, in demsie tätig sind. Wer Zeitarbeiter nun also bereits seit 18Monaten bei sich im Betrieb hat und sie nicht in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernehmen will, hat ein Problem. Immerhin hat er laut Deut- sche Handwerkszeitung noch die Option, den Mitarbeiter befristet anzustellen – im Extremfall für drei Monate und einen Tag, um ihn dann anschließend gegebenenfalls wiedervomPersonaldienstleisterzuentleihen. Wer über längere Zeiträume Zeitarbeiter bei sich beschäftigt, sollte am besten sehr bald den Anwalt kontaktieren und das weitere Vorgehen klären. Am besten, bevor sich die Bundesagentur für Arbeit vonsichausmeldet – die die Zeitarbeitsunternehmen sowie die Einsätze der Leiharbeitnehmer kontrolliert. AÜG ändert Regelungen zur Höchstdauer von Leiharbeit Wer nicht bereits seit April 2017 Leiharbei- ter in seinem Unternehmen beschäftigt, sondern kürzer, hat etwas mehr Zeit, sich mit der Angelegenheit zu befassen. Aber auch auf diese Firmenchefs kommen Entscheidungen sowie einige notwendi- ge Schritte zu. Denn die Höchstdauer für Leiharbeit von 18 Monaten am Stück ist nur eine der Neuerungen im reformierten AÜG. Wer Mitarbeiter länger als neun Monate am Stück von einem Personaldienstleister entleiht, muss etwa gemäß dem im Gesetz festgeschriebenen Prinzip „Equal Pay“ für Leiharbeiter das gleiche Entgelt zahlen wie für vergleichbare Stammbeschäftigte, die direkt im Unternehmen beschäftigt sind. Ausnahmen bei der Überlassungshöchst- dauer sind möglich Natürlich ist jetzt zunächst nötig, nicht ver- sehentlich eine wichtige Frist zu verpassen und so unabsichtlich die Belegschaft zu vergrößern. Alles Übrige war hier bereits mal zu lesen. Trotzdem ist es ratsam, mit dem Anwalt zu besprechen, wie sich die Neuerungen des AÜG sukzessive auf den Betrieb auswirken und was in welchem Fall am besten zu tun wäre. So sind mit Blick auf die Überlassungshöchstdauer eventuell Ausnahmen möglich – immer dann, wenn Tarifverträge einen anderen maximalen Zeitraum enthalten oder Ab- weichungen im Betrieb aufgrund von Ta- rifverträgen vereinbart werden können. Ob das der Fall ist, klärt der Anwalt. Es gibt auch die Möglichkeit, Probleme wegen il- legaler Arbeitnehmerüberlassung, einem Scheinwerkvertrag oder der Überschrei- tung der Höchstüberlassungsdauer durch eine so-genannte Festhaltenserklärung zu umgehen. Sie besagt sinngemäß, dass der Arbeitnehmer nicht an einer Beschäftigung im Betrieb interessiert ist, sondern am Ar- beitsverhältnis mit dem Personaldienst- leister – was eine unbefristete Beschäfti- gung verhindern kann. Solche Sonderfälle solle aber stets ein Anwalt beurteilen. Auch Equal-Pay-Prinzip mit dem Anwalt besprechen Natürlich können Unternehmer einen Zeit- arbeiter auch einfach befristet einstellen, wenn sie feststellen, dass sie ihn länger als vorgesehen im Unternehmen benöti- gen, aber nicht ganz unbefristet – sach- grundlose Befristungen sind ja möglich, wenn auch nur einmal, wie das Bundes- verfassungsgericht geurteilt hat. Der Verlängerung des Personalverleihs durch Kettenverträge schiebt das AÜG einen Riegel vor. Personalverleihern drohen bei Verstößen gegen die Vorgaben und den Informationspflichten ihren Kunden be- ziehungsweise Mitarbeitern gegenüber hohe Bußgelder und gewerberechtliche Verbote. Ansonsten ist das Arbeitnehmer­ überlassungsgesetz zwar streng, lässt aber Grauzonen oder Randbereiche zur freieren Gestaltung, die der Anwalt kennt. So kann der Arbeitgeber etwa die Hürde des Equal- Pay-Prinzips aufweichen, indem er nicht nach neun Monaten auf einen Schlag das Gehalt aufstockt, sondern alternativ ab der sechsten Beschäftigungswoche einen wachsenden Branchenzuschlag zum Ta- riflohn in der Zeitarbeit zahlt. So lässt sich die Angleichung an das Gehalt regulärer Beschäftigter auf 15 Monate strecken. Und selbst zu dem Verbot, Leiharbeitnehmer als Streikbrecher einzusetzen, weiß der An- walt sicherlich einiges rechtlich Wissens- werte zu sagen. Unklarheit um erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers Auch das Gespräch mit dem Steuerberater sollten Unternehmer mit Zeitarbeitern im Betrieb suchen – um etwa die Frage der ersten Tätigkeitsstätte des Leiharbeitneh- mers zu klären. Das ist spätestens für die Abrechnung von Reisekosten ein wichtiges Detail. Das Finanzgericht Niedersachsen sagt, der Betrieb des Entleihers sei keine erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitneh- mers. Es gab damit der Klage eines Be- schäftigten statt, der statt der einfachen Entfernung zwischen Wohnung und Ein- satzort einen Werbungskostenabzug von 30 Cent pro gefahrenen Kilometer ange- setzt hatte. Das Verfahren ist derzeit noch vor dem Bundesfinanzhof anhängig. (Az.: VI R 6/17) Vorausschauende Personalplanung ist ein Muss Wer erst plant, künftig – gegebenenfalls nach längerer Zeit mal wieder – Leihar- beiter in den Betrieb zu holen, muss wis- sen, dass Verträge zwischen Unternehmen nicht mehr risikolos als Werkverträge be- zeichnet werden. Das Überlassen von Ar- beitnehmern muss seit April vergangenen Jahres im Vertrag ausdrücklich so genannt werden. Wer einen Betriebsrat hat, muss ihn über den Einsatz von Leih- und Werk- auftragnehmern unterrichten. Auch ist für Firmenchefs wissenswert, dass Zeitar- beitnehmer beim Berechnen der Schwel- lenwerte des Betriebsverfassungsgesetzes und der Unternehmensmitbestimmung zu berücksichtigen sind. Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg DAS QUARTAL 4.18 28 Themen im Fokus

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