DAS QUARTAL 1.2018

DAS QUARTAL 1.18 9 Themen im Fokus O b hippe Turnschuhe, die der neusten Mode folgen, wirklich der große Trend in Sachen Arbeitskleidung sind, Stichwort „Silicon Valley“ und „Generation locker flockig“? Oder sollte man doch lieber je- den Tag ins gleiche Standardensemble schlüpfen und den Kopf so frei halten für hoffentlichwichtigere Dinge als die Auswahl der Klamotten, wie der zum Südkurier aus Konstanz gehörende Blog „Himate“ vor- schlägt? Für manche Firmenchefs gehen Hemdsärmel und Sneakers in Ordnung, andere dagegen legen Wert darauf, sowohl im Unternehmen wie auch außerhalb mit Schlips zum Anzug aufzutreten – und verlangen Ähnliches auch von den Mitar- beitern. Somancher entscheidet sich gleich für eine einheitliche Firmenkleidung, um dem Unternehmensauftritt das gewisse Etwas zu geben. Auch bei der Berufskleidung redet das Finanzamt mit Allein vom persönlichem Geschmack, ein wenig Marketing und Selbstdarstellung sowie vielleicht einer Prise Selbstmanage- ment hängt die Firmenkleidung trotzdem nicht ab. So einfach macht es der Gesetz- geber dem Arbeitgeber nicht. Manche Un- ternehmen müssen bei Stoff und Schuhen allgemeinverbindliche Sicherheits- oder Hygienevorschriften erfüllen. Viele sind an tariflich ausgehandelte Regelungen ge- bunden. Und jedes muss sich natürlich an Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema orientieren, die bis zu der Frage reichen, wer die Kosten für vorgeschriebene Kleidung sowie deren Reinigung zu tragen hat oder ob das Umziehen als Arbeitszeit gilt. Da- rüber hinaus gilt es, stets die steuerlichen Finessen beim Abzug als Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Der Stoff der Steuer- gesetze ist dicht gewebt, beim Thema Firmen- und Berufsbekleidung tut deshalb Rat von Steuerberater und Anwalt oft Not. Reinigung von Hygienekleidung ist Arbeitgebersache Was etwa das Reinigen von Hygieneklei- dung betrifft, ist die Sache höchstrichterlich klar: Der Betrieb trägt die Kosten, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Schlachthofs. Ein Mitarbeiter hatte dage- gen geklagt, dass von seinem Monatslohn für die Reinigung der von ihm getragenen weißen Hygienekleidung 10,23 Euro ab- gezogen wurden. Diese per Lohnabzug eingeforderte Erstattung werteten die Ar- beitsrichter als unrechtmäßig. Der Betrieb habe „die Reinigungskosten nicht im In- teresse des Klägers, sondern im Eigenin- teresse aufgewendet“. Sie verwiesen auf einschlägige Vorschriften, nach denen in einem Bereich, in dem mit Lebensmitteln umgegangen wird, geeignete und saubere Arbeitskleidung zu tragen sei. „In lebens- mittelverarbeitenden Betrieben hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass seine Arbeitnehmer saubere und geeignete Hy- gienekleidung tragen“, so die Richter. „Zu seinen Pflichten gehört auch die Reinigung dieser Kleidung auf eigene Kosten.“ Ist Kleidung vorgeschrieben, gilt Umziehen als Arbeitszeit Nur: Lässt sich so ein Urteil verallgemei- nern? Ist die Anschaffung von aus hygi- enischen Gründen betriebsnotwendiger Kleidung automatisch Arbeitgebersache? Betrifft die Entscheidung alle Firmen, de- ren Mitarbeiter spezielle Kleidung gemäß bestimmter Hygienevorschriften tragen müssen, neben der Nahrungsmittelverar- beitung etwa die Gastronomie oder den medizinischen Bereich? Ein wichtiger An- haltspunkt ist bei dieser Überlegung die Frage, ob spezielle Kleidung im Interesse der Firma ist. Das ist die Maßgabe, die das Bundesarbeitsgericht auch mit Blick auf Umkleidezeiten anlegt. Dient das Umziehen dem Firmeninteresse, muss es vom Arbeit- geber finanziert werden, urteilten die BAG- Richter: Umkleidezeit ist dann Arbeitszeit und muss entsprechend bezahlt werden. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusam- menhang auch, ob es dem Mitarbeiter so- wie Mitreisenden in Bussen und Bahnen aus hygienischen Gründen zuzumuten ist, dass jemand mit erheblich verschmutzter beruflicher Schutzkleidung nach Hause fährt. Was also gilt im jeweiligen Einzelfall? Viele Fragen, unvollständige Antworten. Tarife und betriebliche Praxis mit Anwalt besprechen Unternehmer sollten daher zum gesam- ten Themenkomplex Berufskleidung ihren Anwalt oder Steuerberater fragen, zumal jedes Detail zählt. Nicht geklärt hat das BAG im Fall der Reinigungskosten etwa ausdrücklich, ob der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine andere Regelung hätte vereinbaren können. Das war schlicht nicht versucht worden, aber prinzipiell lässt sich im gegenseitigen Einverständnis manche Pflicht auf den Arbeitnehmer übertragen. Das kann geschehen, wenn die Schutzklei- dung zum Beispiel dem Schutz der privaten Tracht dient – also zumindest teils privaten Interessen dient. Vertragliche Regelungen dürfen den Mitarbeiter allerdings nicht übermäßig belasten. Und im Unternehmen d a r f n i c h t bereits eine be- triebliche P r a x i s entstanden sein – auch die schafft rechtliche Fak- ten. Wer hier auf fundierter Basis ent- scheiden und eventuell Veränderungen durchsetzen will, sollte also am besten vorab alle damit verbundenen Fragen von ei- nem Anwalt klären lassen. Viele Tarifverträge machen Vorgaben auch zur Kleidung Denn natürlich kann ein Unternehmer sei- nen Mitarbeitern auch abseits von Hygiene und Sicherheit vorschreiben, wie sie sich kleiden sollen. Er kann etwa vorgeben, sich branchenüblich zu kleiden oder gar – in kleineren Betrieben aber eher eine Sel- tenheit – gemäß einer Kleiderrichtlinie. In diesen Fällen muss er sich dadurch nicht einmal an den Kosten für die Kleidung be- teiligen. Nur sind solche Vorgaben ohne Rücksprache mit einem Anwalt in jedem Fall riskant, denn viele Tarifverträge ent- halten auch Regelungen für die Kosten von Kleidung. Davon kann im Falle einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung sogar ein Unternehmer betroffen sein, der sich eigentlich unabhängig in seinen Entschei- dungen wähnt. Berufliche Kleidung ist ein Thema für den Steuerberater Bei der steuerlichen Betrachtung von Be- rufskleidung bleibt oft noch mehr Interpre- tationsspielraum als aus arbeits- und tarif- rechtlicher Sicht. Soweit klar: Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern betriebsnotwendige Kleidung und dessen Reinigung bezahlen, können diese Kosten als Betriebsausgaben ansetzen. Für Mitarbeiter, die die Kosten für Berufskleidung und deren Reinigung selbst tragen, gilt prinzipiell dasselbe mit Blick auf die Werbungskosten. Allerdings ist hier dann auch schon Schluss mit einfach. Ri- goros schiebt der Fiskus hier der Möglich- keit einen Riegel vor, teils private Kosten der Allgemeinheit aufzulasten. Nicht akzeptiert wird der Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten für bürgerliche Kleidung – auch wenn die Kleidung nachweislich nur am Arbeitsplatz getragen wird.

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