DAS QUARTAL 4.2017

BEI FRAGEN SPRECHEN SIE BITTE IHREN ZUSTÄNDIGEN STEUERBERATER AN. Filesharing über einen Familienanschluss Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat hat sich nach einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs mit Fragen der Haftung wegen der Teil- nahme an Internet-Tauschbörsen befasst. Nach dessen Urteil muss der Anschluss- inhaber den ihm bekannten Täter namentlich benennen, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will (Az. I ZR 19/16). Sachverhalt Die Klägerin hat die Verwertungsrechte an den auf demMusikalbum „Loud“ der Künst- lerin Rihanna enthaltenen Musiktiteln inne. Sie nahm die Beklagten wegen Urheber- rechtsverletzung auf Schadensersatz in Höhe vonmindestens 2.500 Euro sowie auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.379,80 Euro in Anspruch, weil diese Musiktitel über den Internetanschluss der Beklagten im Ja- nuar 2011 imWege des „Filesharing“ öffent- lich zugänglich gemacht worden sind. Die Beklagten haben bestritten, die Rechts- verletzung begangen zu haben, und darauf verwiesen, ihre bei ihnen wohnenden und bereits volljährigen drei Kinder hätten je- weils eigene Rechner besessen und über einen mit einem individuellen Passwort versehenen WLAN-Router Zugang zum Internetanschluss gehabt. Die Beklagten haben erklärt, sie wüssten, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen habe; nähere Angaben hierzu haben sie je- doch verweigert. Entscheidung des BGH Das Landgericht München I hatte der Klä- gerin Schadensersatz in Höhe von 2.500 Euro und den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 1.044,40 Euro zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklag- ten vor dem Oberlandesgericht München ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Im Ausgangs- punkt trägt die Klägerin als Anspruch- stellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Beklagten für die Urheber- rechtsverletzung als Täter verantwortlich sind. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des An- schlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen – etwa die Familienangehörigen – diesen Internetanschluss benutzen konnten. Zu dieser Frage muss sich der Anschluss- inhaber im Rahmen einer sogenannten se- kundären Darlegungslast erklären, weil es sich um Umstände auf seiner Seite handelt, die der Klägerin unbekannt sind. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rah- men des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände ei- ner eventuellen Verletzungshandlung ge- wonnen hat. Entspricht der Anschlussinha- ber seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der klagenden Partei, die für eine Haftung der Beklagten als Täter ei- ner Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen. Die Beklagten haben im Streitfall ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt, weil sie den Namen des Kindes nicht an- gegeben haben, das ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hat. Diese Angabe war den Beklagten auch unter Be- rücksichtigung der Grundrechtspositionen der Parteien zumutbar. Zugunsten der Klägerin sind das Recht auf geistiges Eigentum nach Art. 17 Abs. 2 EU- Grundrechtecharta und Art. 14 GG sowie auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Grundrechtecharta und aufseiten der Beklagten der Schutz der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen und in ein angemes- senes Gleichgewicht zu bringen. Danach ist der Anschlussinhaber etwa nicht verpflichtet, die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will. Fazit Das Problem ist die beschriebene „sekundäre Darlegungslast“. Es kann demnach vermutet werden, dass der Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, wenn über eine seinem Anschluss zuzuordnende IP-Adresse ein geschütztes Werk öffentlich zugänglich gemacht wird. Der Anschluss- inhaber, der geltend macht, jemand anders habe die Rechtsverletzung begangen, trägt insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Nicht ausreichend ist, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, lediglich pauschal behauptet, dass die theoretische Möglichkeit besteht, dass ein in seinem Haushalt lebender Dritter auf seinen Inter- netanschluss Zugriff hat. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete Dar- legung, dass die den Internetanschluss nutzenden Familienangehörigen ernsthaft als Täter in Betracht kommen. DAS QUARTAL 4.17 28 Themen im Fokus

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