DAS QUARTAL 4.2017

Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit In der vergangenen Ausgabe DAS QUARTAL 3.2017 haben wir einen Einblick in den Auslauf des Statusfeststellungsverfahrens gegeben. Das Statusfeststellungs- verfahren dient dazu, den Status von Personen als abhängig Beschäftigte oder selbstständig Tätige verbindlich festzustellen. Z ur Vertiefung dieses wichtigen Themas stellt dieser Artikel die Abgrenzung zwi- schen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbstständigen Tätigkeit dar. Die abhängige Beschäftigung § 7 SGB IV definiert den Begriff Beschäf- tigung als „nichtselbständige Arbeit, ins- besondere in einem Arbeitsverhältnis. An- haltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers“. Mit dieser Definition greift das Gesetz zur Feststellung der Versicherungs- und Bei- tragspflicht auf eine typisierende Betrach- tung zurück. Es wird nicht detailliert be- stimmt, wer zu dem Kreis der versicherten Personen zählt. Vielmehr werden die ver- sicherten Personen ausgehend vom Nor- malfall in der Form des Typus beschrieben. Entscheidendes Merkmal „Nichtselbstständigkeit“ Entscheidendes Tatbestandsmerkmal, das die Arbeit zur Beschäftigung imSinne der So- zialversicherung macht, ist die Nichtselbst- ständigkeit. Dieses Merkmal ist allerdings selbst nicht näher definiert. Das charakteris- tische Hauptmerkmal der Nichtselbstständig- keit ist nach der Rechtsprechung des Bundes- sozialgerichts die persönliche Abhängigkeit. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist persönliche Abhängigkeit gege- ben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. WeitereMerkmale, die für die Annahme einer Beschäftigung sprechen, sind beispielsweise, dass die Person kein Unternehmerrisiko trägt, eine Urlaubsvereinbarung getroffen hat, vom Betriebsergebnis imWesentlichen unabhän- gige Bezüge bezieht oder die Leistungen aus- schließlich imNamen und auf Rechnung des Auftraggebers erbracht werden. Die selbstständige Tätigkeit Nach Auffassung der höchstinstanzlichen Gerichte enthält § 84 Abs. 1 S. 2 HGB eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die für die Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einem abhängigen Beschäf- tigungsverhältnis zu beachten ist. Nach dem Gesetzestext ist selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die selbstständige Tätigkeit kennzeichnet danach vornehmlich • das eigene Unternehmerrisiko, • das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, • die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und • die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Maßgebendes Kriterium für ein Unterneh- merrisiko ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Be- stimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen. Zu den weiteren Merkmalen, die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit sprechen, zählen beispielsweise der Ent- scheidungsspielraum des Auftragnehmers bezüglich der Preiskalkulation, die Beschäf- tigung weiterer Mitarbeiter, das Führen ei- gener Geschäftsbücher sowie der Einsatz eigenen Betriebskapitals. Zuordnungsgrundsätze Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend sind dabei die Verhältnisse bei Durchführung eines einzelnen Auftrags. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Die Zuordnung des konkreten Lebenssach- verhalts zum rechtlichen Typus der abhän- gigen Beschäftigung nach demGesamtbild der Arbeitsleistung erfordert eine Gewich- tung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung beziehungswei- se selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt nach Angaben der Deutschen Rentenversiche- rung Bund voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und ge- wichtet, in die Gesamtschau mit diesemGe- wicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden. Abgrenzung in besonderen Fällen, insbesondere bei Gesellschafter- Geschäftsführern Da die Begriffe Beschäftigungsverhältnis und Arbeitsverhältnis nicht deckungsgleich sind, ist die Erbringung abhängiger Erwerbsarbeit auch im Rahmen von Rechtsverhältnissen außerhalb eines Arbeitsverhältnissesmöglich. Der am häufigsten in der Praxis vorkom- mende Problemkreis bezieht sich auf die Geschäftsführer einer GmbH. Diese nehmen imAllgemeinen eine Doppelstellung ein. Als Teilhaber sind sie Mitunternehmer und als Mitarbeiter stehen sie in einem Dienstver- hältnis zur juristischen Person. Auch bei diesen ist die Frage, ob die Mitarbeit im Rahmen eines – die Versicherungspflicht auslösenden – abhängigen Beschäfti- gungsverhältnisses im Sinne der Sozial- versicherung erfolgt, nach den allgemeinen Grundsätzen zu prüfen. Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungs- verhältnis schließt die kapitalmäßige Betei- DAS QUARTAL 4.17 26 Themen im Fokus

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