DAS QUARTAL 4.2017

DAS QUARTAL 4.17 20 Themen im Fokus Effizienz der Finanzmärkte – Ideologie oder relevanter Tatbestand? Text: Prof. Dr. Stefan May, Leiter Anlagemanagement • Die sogenannte Effizienzeigenschaft internationaler Finanzmärkte ist ein Meilenstein der wissenschaftlichen Finanzmarktforschung. • Häufig wird diese Eigenschaft falsch verstanden und entsprechend in Misskredit gebracht. • Für die sinnvolle Gestaltung einer Anlagestrategie ist die Effizienzeigenschaft jedoch von überragender Bedeutung. E in charakteristisches Merkmal des An- lagekonzepts der Quirin Privatbank – das uns von nahezu allen Mitbewerbern unterscheidet – besteht darin, dass wir bei all unseren Anlageentscheidungen die aner- kannten Resultate der wissenschaftlichen Finanzmarktforschung konsequent berück- sichtigen. Einesdieser Forschungsergebnisse lautet, dass die liquiden internationalen Aktien- und Anleihemärkte die sogenannte Effizienzeigenschaft aufweisen. Dies wird jedoch häufig falsch verstan- den und entsprechend diskreditiert. Denn entgegen einem weitverbreiteten Missver- ständnis bedeutet die Effizienzeigenschaft keineswegs, dass die Marktakteure jeder- zeit perfekt informiert sind oder gar zukünf- tige Entwicklungen voraussehen können. Sie besagt lediglich, dass an liquiden Märk- ten alle verfügbaren und relevanten Fakten bereits in den aktuellen Kursen berücksich- tigt sind, und eben nicht, dass die Marktak- teure bereits alles wissen. Stattdessen geht man davon aus, dass vorhandenes Wissen – wie vollkommen oder unvollkommen es auch sein mag – sich vollständig in den Kursen widerspiegelt. Die zugrundeliegen- de Logik wird deutlich, wenn man sich ver- gegenwärtigt, dass jedem Kauf immer auch ein Verkauf gegenüberstehen muss und umgekehrt. Jeder vermuteten Kurssteige- rung – aufgrund welcher Einschätzung und Analyse auch immer – steht daher immer auch die Überzeugung gegenüber, dass die Kurse fallen werden – und umgekehrt. Nun könnte man als Anleger den Stand- punkt vertreten, dass einem diese Frage ziemlich egal sein könne, da es eine eher akademische Angelegenheit sei, ob die Märkte nun diese ominöse Effizienzei- genschaft besitzen oder nicht. Dies wäre jedoch zu kurz gesprungen, denn sie ent- scheidet letztlich darüber, wie eine vernünf- tige und sinnvolle Anlagestrategie ausse- hen sollte. Zur praktischen Relevanz der Effizienzeigenschaft Geht man von effizienten Märkten aus, dann führt dies zur zwingenden Erkenntnis, dass es für den Investor nicht möglich ist, durch die Auswertung und Analyse öffentlich verfügbarer Informationen Informations- vorsprünge auszunutzen, um eine die all- gemeine Marktrendite nachhaltig überstei- gende Wertentwicklung zu erzielen. Damit scheidet aber genau die Form des Anlage- managements aus, welche für die meisten Banken wegen hoher Provisionseinnahmen ein gutes Geschäft ist: Anlagestrategien, die auf die kurz- und mittelfristige Pro­ gnostizierbarkeit der Finanzmärkte setz- ten, im Fachjargon auch aktive Anlage- strategien genannt. In diesem Zusam- menhang sei auf ein potenzielles Missverständnis hingewiesen: Häu- fig wird durch das Gegensatzpaar ak- tiv versus passiv der Eindruck erweckt, dass nicht aktive Investmentansätze mit unproduktiver Passivität, Nichts- tun und Tatenlosig- keit verbunden sind. Dies ist jedoch nicht der Fall. Worum es eigentlich geht, ist nicht die Frage, ob ein bestimmter Manage- mentstil mit Aktivität verbunden ist und ein anderer mit Passivität, sondern darum, ob Investmentstrategien auf kurz- und mittel- fristigen Marktprognosen aufgebaut sind. So gesehen bedeutet passives Investieren nicht Tatenlosigkeit des Managers, son- dern Prognosefreiheit der Anlagestrategie – und diese ist sehr wohl produktiv. Zum (Miss-)Erfolg aktiven Managements Nun beschäftigt sich die wissenschaftliche Finanzmarktforschung seit Jahrzehnten mit der Frage, wie erfolgreich aktives Wert- papiermanagement tatsächlich ist, und die Antwort ist immer wieder dieselbe: Aktives, d. h. imWesentlichen prognosegetriebenes Wertpapiermanagement ist nicht nachhal- tig erfolgreich. In der Regel geht es zulas- ten der Anlegerrendite und führt häufig zu empfindlichen Verlusten. Wie sehr die Praxis aktiven Managements den Anlegern insgesamt schadet, belegt folgende Grafik: Auf der Grundlage einer 20 Jahre umfas- senden Zeitreihenanalyse wurden hier die durchschnittlichen Jahresrenditen reprä- sentativer Aktien- und Anleihemärkte mit der Rendite verglichen, die von Privatanle- gern mit prognoseabhängigen Fonds erzielt wurde. Die erheblichen Renditedifferenzen zwischen der sogenannten Markt- und der Anlegerrendite sind den hohen Fonds- MARKTRENDITE VERSUS ANLEGERRENDITE Durchschnittliche Jahresrenditen im Zeitraum von 1996 bis 2015 Die Marktrendite basiert auf repräsentativen Indizes. Quellen: Dalbar Report 2016, eigene Darstellung Historische Wertentwicklungen sind kein verlässlicher Indikator für die Zukunft.

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