DAS QUARTAL 4.2017

Unternehmer müssen auf Sturm und Schnee vorbereitet sein Wenn jemand auf dem Firmengelände ausrutscht oder von herumfliegenden Gegenständen getroffen wird, ist der Unternehmer verantwortlich. Er muss dort unter allen Umständen die Sicherheit gewährleisten. Text: Frank Wiercks D as Urteil passt zur Jahreszeit. Kurz bevor mit „Sebastian“ der erste schwere Herbststurmüber Deutschland hinwegfegte, veröffentlichte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf eine Entscheidung in Sachen „Zoran“, einemSturmtief von 2015. Danach haftet einArbeitgeber dafür, dass der auf dem Firmengelände parkende Wagen eines Mit- arbeiters zerstört wurde. NachMeinung der Richter hat der BetriebseineVerantwortung in Sachen Verkehrssicherungspflicht verletzt – es sei nur zumwirtschaftlichenTotalschaden gekommen, weil ein Großmüllbehälter auf demHof nicht richtig gesichert gewesen sei und deshalb vom Wind mit Wucht gegen das Auto geschoben werden konnte. Nach der Sturmwarnung vor „Zoran“ habe die Verpflichtungbestanden, dasBetriebsgelände abzugehen und etwaige Gefahrenquellen zu sichern. Dass die Feststellbremse des Großmüllbehälters bei der letzten Leerung angezogenwordenwar, reichte zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht nicht aus. Unternehmer müssen Verkehrssicherungspflicht erfüllen Ich verstehe jeden Firmenchef, auf den das Thema wirkt wie ein rotes Tuch – selbst die Eigentümergemeinschaft meiner Wohn- anlage hat damit schon ihre liebe Mühe. Sie hat im Rahmen ihrer Verkehrssiche- rungspflicht mit der regelmäßigen Baum- kontrolle sowie dem Winterdienst einen Gartenbaubetrieb beziehungsweise einen Hausmeisterservice beauftragt. Das ging aber nicht ohne ausführliche Konsultation eines Rechtsanwalts. Er musste klären, ob sich die Dienstleister in ihren AGB eventu- ell ein Schlupfloch gelassen haben, um die Haftung nach einem Unfall dann doch auf die Eigentümergemeinschaft abzuwälzen. Wie viel intensiver müssen sich Unterneh- mer dann mit dem Thema beschäftigen, wo ihre Verantwortung doch lange nicht bei geräumten Gehwegen oder, wie das aktuel- le Urteil zeigt, einem wetterfest gemachten Betriebsgelände endet? Warnhinweise und Absperrungen für Kunden helfen Aber Lamentieren hilft nichts. Jeder Fir- menchef weiß, dass er von Gesetzes we- gen für die Verkehrssicherungspflicht im Betrieb oder am Einsatzort der Mitarbeiter verantwortlich ist. Der Umfang dabei ist in jedem Fall gut zu prüfen. Relativ klar ist es beim Winterdienst, hier gibt es viele Urteile. Nicht vergessen werden darf aber, dass Kunden sich manchmal außerhalb der Geschäftszeit oder abseits der für sie vorgesehenen Räume im Betrieb bewegen. Dann geben Richter dem Geschädigten eventuell eine Mitschuld an Verletzungen, aber selten ist der Unternehmer ganz aus dem Schneider. Um Unfälle zu vermeiden – oder zumindest zu dokumentieren, dass man alles dafür getan hat – und die Kunden auf Gefahren hinzuweisen, sollten überall, wo es nötig ist, deutliche Warnhinweise an- gebracht werden: selbst bei einer Drehtür, damit niemand gegen den Rahmen läuft. Das mit der Kennzeichnung fällt mir etwa beim Reifenwechsel immer auf, wo mich große Schilder davon abhalten sollen, in den Arbeitsbereich unter die Hebebühnen zu gehen – was ich eigentlich ganz gerne tue, ummein Auto mal von unten zu sehen. Regelmäßig neue Gefahrenquellen aufspüren Was sollten Unternehmer also machen, um sich keine Blöße bei der Verkehrssi- cherungspflicht zu geben? Am besten ist es, regelmäßig den Betrieb zu begehen und zu klären, ob alle Gefahrenquellen gekenn- zeichnet oder neue Gefahrenquellen hin- zugekommen sind. Dabei sollte ruhig der Rat von Experten eingeholt werden, zum Beispiel von der Berufsgenossenschaft. Es schadet auch nicht, sich regelmäßig mit dem Anwalt zu diesem Thema aus- zutauschen und ihn eventuell bestimmte Gefahrenquellen direkt beurteilen zu las- sen – er kennt die aktuelle Entwicklung der Rechtsprechung und kann Tipps geben, wo deshalb besondere Sorgfalt erforderlich ist. Sinnvoll ist auch eine Checkliste oder ein Plan zur strukturierten Vorgehensweise in besonderen Situationen – hätte das Unter- nehmen vor „Zoran“ nach so einer Check- liste geprüft, ob alle Gegenstände auf dem Betriebsgelände sturmfest sind, wäre der Großmüllbehälter vermutlich nicht auf den Wagen des Mitarbeiters geknallt. Unternehmer müssen ans Wohl ihrer Mitarbeiter denken Und denken Sie, über die reine Verkehrs- sicherungspflicht hinaus, immer an eins: Sie sind für Ihre Mitarbeiter verantwortlich. Als 2007 der Orkan „Kyrill“ eine Schneise der Verwüstung quer durch Europa zog und 47 Menschen starben, habe ich als Chefredakteur meine Angestellten recht- zeitig heimgeschickt. Ich wollte sie nicht in Gefahr bringen, weder auf dem Arbeitsweg noch in einem Bürogebäude, das direkt ne- ben mehreren großen Bäumen stand. Tat- sächlich war der Parkplatz am Tag nach „Kyrill“ von armdicken Ästen übersät – und ich habe meine Entscheidung, auf ein paar Arbeitsstunden zu verzichten, definitiv nicht bereut … DAS QUARTAL 4.17 16 Themen im Fokus Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg

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