Seite 16 - DAS QUARTAL 4.2012

THEMEN IM FOKUS
DAS QUARTAL 4.12
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fung sowie empfindlichen Nachzahlungen
rechnen. „Die 3.600 Prüfer dürfen die Künst-
lersozialabgabe rückwirkend für die letzten
fünf Jahre erheben und schätzen, wenn ein
Unternehmen keine Angaben macht“, warnt
der Kieler KSK-Experte und Fachbuchautor
Andri Jürgensen.
Die KSK greift hart durch.
Zur Kasse gebe-
ten werden nicht nur klassische Auftragge-
ber der Künstler und Publizisten wie Thea-
ter, Verlage oder Galerien. Jeder Betrieb, der
Kreative engagiert und ihre Werke für Unter-
nehmenszwecke nutzt, muss ab dem vierten
Auftrag pro Jahr die Abgabe zahlen. Noch
härter trifft es Unternehmen, die regelmäßig
Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betrei-
ben und damit Texter, Grafiker, Designer
oder Fotografen betrauen. Was nun regel-
mäßig oder – wie das Gesetz sagt – „nicht
nur gelegentlich“ bedeutet, darüber lässt
sich streiten, denn es fehlt eine klare Rege-
lung. „Die KSK legt das sehr eng aus“, weiß
Joachim Berndt, Professor für Wirtschafts-,
Arbeits- und Sozialversicherungsrecht an
der Jade Hochschule Wilhelmshaven. „Ein
Auftrag pro Jahr reicht ihr unter Umständen,
um die Abgabe zu kassieren.“
Unabhängig von enger Auslegung und rigi-
der Prüfpraxis ist Professor Berndt sicher,
dass Prozesse gegen die Verfassungsmäßig-
keit der KSK-Abgabe wenig Chancen haben.
Seiner Meinung nach gehen Firmenchefs,
die nicht zahlen, sogar ein steigendes Risiko
ein: „Nach fünf Jahren Prüfpraxis können
sie kaum behaupten, sie wüssten nichts von
der Abgabepflicht.“
Für die betroffenen Betriebe hätte das gra-
vierende Folgen, wie der Experte sagt: „Ge-
hen die Prüfer davon aus, dass Beiträge vor-
sätzlich vorenthalten wurden, ist die
Verjährung ausgesetzt.“ Die Abgabe wird
also nicht für fünf, sondern rückwirkend für
zehn oder mehr Jahre fällig – plus satter
Säumniszuschläge. Bei einem Zinssatz von
einem Prozent pro Monat auf die geschul-
Wilhelmshaven gemeldet und die fällige Ab-
gabe überwiesen. Derzeit sind das 3,9 Pro-
zent des Auftragswerts.
Dass Unwissenheit nicht vor Strafe schützt,
haben wie Heidemarie Belaschk bereits viele
Unternehmer erfahren. Darum steigt die
Zahl der KSK-Zahler kontinuierlich. Seit die
Deutsche Rentenversicherung 2007 für die
KSK die Überprüfung übernommen hat,
ob Betriebe für freischaffende Künstler die
Abgabe überweisen, hat sich die Zahl der
Meldungen von 63.000 auf 145.000 gut ver-
doppelt.
Kein Firmenchef sollte das Thema auf die
leichte Schulter nehmen. Am besten be-
spricht er es ausführlich mit einem Steuer-
berater. Geht es um die Beschäftigung von
Künstlern, liegt der Teufel bei Steuern und
Abgaben nämlich ganz besonders im Detail
egal, ob es sich um die KSK handelt, um
Gebühren für Musiknutzung an die Gesell-
schaft für musikalische Aufführungs- und
mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema)
oder um Steuerzahlungen von Künstlern aus
dem Ausland, für die der Auftraggeber haf-
tet, der eine Veranstaltung in Deutschland
organisiert hat. Wer beispielsweise den
KSK-Fragebogen der Rentenversicherung
nicht ausfüllt, muss mit einer Betriebsprü-
Z
unächst sorgte die Anfrage der Renten-
versicherung bei Heidemarie Belaschk
für Ratlosigkeit. Die Unternehmerin,
die zusammen mit Mann und Sohn die Firma
Rabe Spreewälder Konserven GmbH & Co.
KG in Lübbenau bei Cottbus leitet, sollte dar-
legen, ob ihr Betrieb künstlerische Leistun-
gen in Auftrag gegeben habe. „Künstler be-
schäftigen wir nicht“, war ihre erste
Reaktion, denn das Familienunternehmen
stellt seit vier Generationen Sauerkonserven
sowie Feinkostprodukte her. „Ich musste
mich erst beim Steuerbüro erkundigen, was
diese Künstlersozialabgabe überhaupt ist“,
erklärt Belaschk.
Auch Werber sind Künstler.
Inzwischen
kennt die Unternehmerin sich aus, denn die
Prüfung durch die Rentenversicherung kam
den Gurkenproduzenten teuer zu stehen.
1.000
Euro musste die Firma an die in Wil-
helmshaven ansässige Künstlersozialkasse
(
KSK) zahlen, weil ein Grafiker damit beauf-
tragt worden war, für die Verpackungen ein
neues Etikettendesign zu entwerfen. Seit
diesem Vorfall wird in der Buchhaltung jede
Rechnung für künstlerische Leistungen ge-
mäß Definition der KSK notiert, das gesamte
dafür gezahlte Honorar einmal jährlich nach
Künstler-Engagement:
alle Regeln beherrschen
Für ausländische Akrobaten beim Betriebsfest muss der Unternehmer Steuern abführen, für Texter oder Grafiker,
die Werbung gestalten, Beiträge zur Künstlersozialkasse. Wer diese Vorschriften ignoriert, riskiert teure Konsequenzen.
Text:
Sigrun an der Heiden
Haftungsrisiko:
In Deutschland auftretende Künstler aus dem Ausland sind beschränkt
steuerpflichtig. Wichtig für die Umsatzsteuer des Künstlers sind der Leistungsort und der
Anlass, entweder geschäftlich oder privat. Der Auftraggeber muss die Steuer für die
Künstler berechnen, dem Finanzamt melden und abführen. Er haftet dafür, dass die Steu-
er gezahlt wird. Es gibt zwei Varianten:
Bruttobesteuerung:
Die Einnahmen werden ohne Kostenabzug besteuert.
Steuersatz: 15% + 5,5% Solidaritätszuschlag, bis 250 Euro ist die Gage steuerfrei.
Nettobesteuerung:
Der Gewinn wird besteuert (nur bei Künstlern aus EU und EWR).
Steuersatz: bei natürlichen Personen 30%, bei Körperschaften 15% (jeweils + 5,5% Soli).
Steuerfalle
Das ist bei ausländischen Künstlern wichtig