DAS QUARTAL 2.2020

also mindestens vier Wochen die übliche Vergütung für das Probearbeiten bezahlen. Selbstständiges Arbeiten ist kein Probearbeiten mehr Die Spielregeln sind klar: Bewerber laufen nur mit. Weil sie beim Probearbeiten kei- ne Vergütung erhalten, sind alle selbst- ständigen Arbeiten zu vermeiden, für die Festangestellte ein Gehalt beziehen. Einige Beispiele: Wer in der Sales-Abteilung zur Probe arbeitet, darf zu Kundengesprächen mitgehen, diese aber nicht selbst führen. Lkw-Fahrer sitzen beim Schnuppern auf dem Beifahrersitz. Kurzes Rangieren ist erlaubt, selbstständiges Fahren oder Be- und Entladen nicht. Mehrtägige Mitarbeit im Call-Center oder als Verkäuferin in einer Bäckerei in Berufskleidung ist auch kein Schnuppern. Schon beim vermeintlichen Probearbeiten ist eine Bezahlung der geleis- teten Arbeit dann Pflicht. Arbeitsrichter ent- scheiden solche Fälle meist zugunsten der Bewerber: Auch ohne schriftlichen Vertrag sei ein Arbeitsverhältnis zustande gekom- men. Gegen unverbindliches Probearbeiten sprechen insbesondere folgende Punkte: Der Bewerber ● muss feste Arbeitszeiten und Pausen einhalten, ● auf Weisung des Chefs konkrete Tätigkei- ten ausführen, ● bestimmte Arbeitsorte aufsuchen und erhält eine Vergütung sowie ● sich an Dienstpläne halten und Dienstklei- dung tragen. Bei Probearbeiten kann gesetzliche Versicherung greifen Und was ist beim Probearbeiten – neben der Vergütung – mit der Versicherung, falls Bewerber sich verletzen? Das war lange heftig umstritten. Meistens erklärte sich die gesetzliche Unfallversicherung für nicht zuständig, schließlich sei der Kandi- dat nicht angestellt. Ein neues Urteil des Bundessozialgerichts sieht dies anders: Arbeitsuchende seien im Betrieb beim Probearbeiten durch die gesetzliche Ver- sicherung abgesichert. Im konkreten Fall lag kein Arbeitsverhältnis vor, weil der Be- werber nicht in den Betrieb eingegliedert war. Er stürzte am Probearbeitstag bei ei- nem Entsorgungsunternehmen vom Lkw. Die gesetzliche Unfallversicherung muss dennoch zahlen. Die Tätigkeit des Joban- wärters sei von wirtschaftlichemWert und ermögliche es dem Unternehmen, einen geeigneten Kandidaten auszuwählen. Die- ser sei als „Wie-Beschäftigter“ gesetzlich unfallversichert, so die Richter. Passiert der Unfall auf dem Weg zum Schnupper- Betrieb, liegt jedoch meist kein Arbeitsunfall vor. Arbeitslose haben beim Probearbeiten eine Versicherung in Form der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn die Arbeitsagen- tur sie in den Betrieb schickt. Beim Probearbeiten generell an Versicherung denken Heikel wird es mit der Versicherung beim Probearbeiten aber, falls Jobanwärter auf Anweisung des Chefs selbstständig Tä- tigkeiten verrichten. Trägt der Bewerber dabei Dienstkleidung und bekommt ein Fahrzeug gestellt, liegt meist ein Arbeits- verhältnis vor. Zwar zahlt die gesetzliche Unfallversicherung dann bei einem Unfall, doch müssen Unternehmer Regressforde- rungen der Berufsgenossenschaft einkal- kulieren. Auch mit den Sozialkassen gibt es Ärger: Der Betrieb hat das – ungewollt entstandene – Arbeitsverhältnis nicht angemeldet, den Bewerber also schwarz beschäftigt. Firmenchefs sollten sich da- her im Vorfeld von einem Anwalt beraten lassen. Wer Bewerber länger testen will, verzichtet besser auf ein Probearbeiten und offeriert einen Vertrag mit Bezahlung. Ein befristetes Arbeitsverhältnis zur Probe ist immer möglich. Dann droht kein Problem mit der Versicherung. Reicht ein Schnup- pertag aus, sollten Unternehmer dennoch auf den Versicherungsschutz achten: Ver- ursacht der Bewerber im Betrieb nämlich einen Schaden, ist seine private Haftpflicht- versicherung zuständig. Firmen sollten sich bestätigen lassen, dass der Kandidat so eine Versicherung hat. DAS QUARTAL 2.20 27 Themen im Fokus Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg

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