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DAS QUARTAL 1.12
38
THEMEN IM FOKUS
schäftigten
Privatmails
auf
dem
Unternehmens-Account erhalten, hat dies
weitreichende Folgen. Der Arbeitgeber darf
im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht einfach
auf das Postfach des Mitarbeiters zugreifen,
da er mit dem Post- und Fernmeldegeheimnis
sowie dem Telekommunikationsgesetz in
Konflikt geraten könnte. Gattermann rät, die
Nutzung im Arbeitsvertrag oder in Betriebs-
vereinbarungen zu regeln (siehe Kasten). Da-
bei kann der Firmenchef den Umfang selbst
festlegen, vom totalen Verbot über zeitliche
Begrenzungen bis zur völligen Freigabe. Wird
die dienstliche und private Internetnutzung
ausdrücklich erlaubt, kommen Kontrollen al-
lerdings nur beim Verdacht auf eine konkrete
Straftat beziehungsweise einen Missbrauch
mit Bezug zum Arbeitsverhältnis infrage. „Le-
diglich wenn der Arbeitnehmer zustimmt,
kann der Arbeitgeber auch ohne diese Grün-
de kontrollieren“, erklärt BITKOM-Experte
Gattermann. Ist ausschließlich die dienstliche
Internetnutzung erlaubt, könnten Verbin-
dungsdaten wie etwa E-Mail-Adressen, Sende-
zeitpunkt oder Inhaltsdaten überprüft werden,
aber: „Auch in diesem Fall ist eine Totalüber-
wachung unzulässig und die Mitarbeiter sind
vorab über die Befugnis des Arbeitgebers zur
Kontrolle und Einsichtnahme zu informieren.“
An die Eigenverantwortung der Mitarbeiter
zu appellieren hält auch Arne Gattermann für
sinnvoll. Der BITKOM-Bereichsleiter Personal
und Arbeitsrecht weiß, dass die Grenze zwi-
schen Privatleben und Beruf zunehmend ver-
wischt. „Ein Arbeitgeber sollte daher die kur-
ze Nutzung des Internets während der
Arbeitszeit tolerieren.“ Genauere Spielregeln
als bei Martin Reichart hält er aber dennoch
für erforderlich, vor allem aus arbeits- und
datenschutzrechtlichen Gründen. Klar sein
sollte, ob und welche Dienste im Internet pri-
vat genutzt werden dürfen. Für die individu-
elle Ausgestaltung lohnt es sich, Unterstüt-
zung eines rechtlichen Beistands einzuholen,
um Sicherheit für die Zukunft zu schaffen.
Mitarbeiter dürfen nämlich aus einer regel-
mäßigen bestimmten Verhaltensweise ihres
Arbeitgebers eine sogenannte betriebliche
Übung ableiten, wie das Bundesarbeitsgericht
schon mehrfach urteilte. In diesem Sinne wird
beim privaten Internetsurfen die Duldung
durch den Arbeitgeber zum Anspruch für den
Arbeitnehmer. Um so einen Anspruch zu be-
schneiden, bedarf es dann wiederum einer
Vertragsänderung, zum Beispiel einer Ände-
rungskündigung.
An mögliche Folgen denken.
Ein anderes
Thema liegt Gattermann noch mehr am Her-
zen: „Das Thema E-Mail muss geregelt wer-
den.“ Lässt ein Firmenchef zu, dass die Be-
W
er im Büro ins Internet geht und E-
Mails checkt, befindet sich in bester
Gesellschaft. Jeder zweite deutsche
Beschäftigte nutzt laut einer Studie des Bun-
desverbands Informationswirtschaft, Tele-
kommunikation und neue Medien (BITKOM)
in Berlin täglich das Netz. Es verbessert die
Kommunikation, erleichtert den Austausch
von Informationen und macht Arbeitsabläufe
effizienter – auch, weil durch Internet und
Handy nach einer BITKOM-Umfrage 88 Pro-
zent der Berufstätigen über ihre reguläre Ar-
beitszeit hinaus für Kunden, Kollegen oder
Vorgesetzte erreichbar sind, 29 Prozent sogar
immer. „Mit der steigenden Verbreitung von
Smartphones und Tablet-PCs können Nutzer
bequem außerhalb des Büros berufliche E-
Mails lesen und bearbeiten“, so BITKOM-Prä-
sident Professor Dieter Kempf. „Eine klare
Trennung zwischen Job und Freizeit gibt es
für die meisten Berufstätigen nicht mehr.“
Darum liegen Fluch und Segen des Internets
nahe beieinander. Denn so schnell, wie ein
Mitarbeiter bei Lieferanten neue Teile bestellt,
bucht er am Schreibtisch online eine Reise.
Zwar entstehen dem Firmenchef dabei dank
der heute üblichen Flatrates keine Kosten, er
verliert jedoch wertvolle Arbeitszeit. „Die Un-
ternehmer merken langsam, dass private In-
ternetnutzung am Arbeitsplatz ein Thema ist“,
hat Thomas Prinz beobachtet. Der stellver-
tretende Leiter der Arbeitsrechtsabteilung bei
der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeit-
geberverbände (BDA) in Berlin betont: „Wir
empfehlen, das offen anzusprechen und kla-
re Regelungen zu schaffen.“
Offen über das Thema reden.
Martin Reichart
hat deshalb mit seinen sechs Mitarbeitern
eine Abmachung getroffen. „Private E-Mails
können gar nicht über den Firmen-Account
verschickt werden, weil der ausschließlich am
Computer im Sekretariat eingerichtet ist“,
sagt der freie Architekt in Unterschleißheim
bei München. „Aber grundsätzlich haben alle
Arbeitsplätze einen Internetanschluss und die
Mitarbeiter können privat surfen.“ Auf weite-
re Vorgaben zum Thema Privatnutzung des
Internets verzichtet er, weil der Charme eines
kleinen Unternehmens für ihn gerade darin
liegt, dass nicht alles festgelegt ist. Trotzdem
stellt Reichart klar: „Falls es tatsächlich eine
übermäßige Privatnutzung gibt, werde ich den
betreffenden Mitarbeiter zur Rede stellen.“
Internetnutzung: niemals ohne Spielregeln
Viele Arbeitsplätze kommen nicht mehr ohne Internetanschluss aus. Weil die Beschäftigten an ihrem Computer aber auch ganz
einfach privat surfen oder E-Mails verschicken können, müssen hier klare Vorgaben gemacht werden.
Text: Pia Weber
• Machen Sie klar, dass die Nutzung auch disziplinarische Folgen haben kann, wenn
Gesetze oder interne Richtlinien überschritten werden oder die Verfügbarkeit der IT für
dienstliche Zwecke beeinträchtigt wird.
• Verweisen Sie darauf, dass Missbrauch des geschäftlichen Internet- oder E-Mail-
Anschlusses, etwa für den Zugang zu Kinderpornografie, neben arbeitsrechtlichen auch
strafrechtliche Konsequenzen haben kann.
• Legen Sie fest, dass nur Absender und Empfänger der E-Mails im Rahmen betrieblicher
und gesetzlicher Regelungen über Löschung, Speicherung und Weiterleitung entscheiden.
• Verdeutlichen Sie, dass es bei begründetem Verdacht mit Zustimmung des Betriebsrats
gezielte Überprüfungen geben darf, wobei der betriebliche Datenschutzbeauftragte hinzu-
gezogen wird. Maßnahmen, die den Missbrauch verhindern oder beweisen, können bei
Gefahr im Verzug unmittelbar greifen. In diesem Fall sind Datenschutzbeauftragter und
Betriebsrat anschließend unverzüglich zu benachrichtigen.
• Informieren Sie Ihre Mitarbeiter, ob der geschäftliche Internet- oder E-Mail-Zugang privat
genutzt werden darf. Behalten Sie sich vor, bei Verstößen gegen diese Vereinbarung die
private Nutzung im Einzelfall zu untersagen. Quelle und Download: www.bitkom.de
Suchpfad: Publikationen/Juristische Praxishilfen/Surfen am Arbeitsplatz
So regeln Sie im Betrieb die private Internetnutzung
Diese Punkte sollten Sie immer beachten
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer
Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG,
Nürnberg, Ausgabe 01/2012