DER MONAT 09.2016 - page 3

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DER MONAT 9.16
Anrechnung von Sonderzahlungen
auf den gesetzlichen Mindestlohn
Wird mit Sonderzahlungen die Arbeitsleis­
tung vergütet, können sie auf den Mindest­
lohn angerechnet werden.
Der Arbeitgeber muss für jede geleistete
Arbeitsstunde den Mindestlohn zahlen.
Etwas anderes gilt nur, wenn Zahlungen
ohne Rücksicht auf die Arbeitsleistung des
Arbeitnehmers oder aufgrund einer beson­
deren Zweckbestimmung erbracht werden.
In einem vom Bundesarbeitsgericht ent­
schiedenen Fall erhielt eine Arbeitnehmerin
laut Arbeitsvertrag einen Stundenlohn von
weniger als 8,50 €. Daneben waren ver­
traglich bestimmte Lohnzuschläge sowie
Urlaubs- und Weihnachtsgeld vorgesehen,
die aufgrund einer Betriebsvereinbarung zu
je 1/12 mit demmonatlichen Gehalt ausge­
zahlt wurden. Die Arbeitnehmerin meinte,
dass Monatsgehalt und Sonderzahlungen
auf der Basis des gesetzlichen Mindest­
lohns gezahlt werden müssten.
Nach Auffassung des Gerichts können
diese Zahlungen als Entgelt für die Arbeits­
leistung auf den gesetzlichen Mindestlohn
angerechnet werden. Der gesetzliche
Mindestlohn verändert die bisherigen An­
spruchsgrundlagen nicht, sondern tritt als
eigenständiger Anspruch daneben. Durch
die vorbehaltlos und unwiderruflich in je­
dem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten
Jahressonderzahlungen sei der Mindest­
lohnanspruch erfüllt.
Änderungen von Arbeitsverträgen
zur Nettolohnoptimierung sind im
Beitragsrecht der Sozialversiche­
rung zu beachten
Wenn sich ein Arbeitgeber mit bei ihm
Beschäftigten darauf verständigt, Arbeits­
verträge in der Weise zu ändern, dass der
bisherige Barlohn verringert wird und den
Arbeitnehmern im Gegenzug lohnsteu­
erfreie oder pauschal besteuerte weite­
re Leistungen gewährt werden (Netto­
lohnoptimierung), so darf der betreffende
Sozialversicherungsträger dies nicht ein­
fach für beitragsrechtlich unbeachtlich
erklären. Dies hat das Landessozialgericht
Baden‑Württemberg entschieden.
In dem Verfahren ging es um Beschäf­
tigte eines Gartencenters. Ihr Arbeitgeber
hatte schriftlich mit ihnen vereinbart, dass
ihr Bruttolohn abgesenkt wurde und dass
ihnen im Gegenzug Sachleistungen, u. a.
Tankgutscheine, Restaurantschecks, Er­
holungsbeihilfen, Reinigungspauschalen,
Personalrabatte und Kinderbetreuungszu­
schüsse gewährt wurden. Als eine sozial­
versicherungsrechtliche Betriebsprüfung
stattfand, wurde dies beanstandet. Der
Sozialversicherungsträger forderte den
Arbeitgeber auf, rd. 14.000 € an Beiträgen
nachzuentrichten.
Zu Unrecht, wie nun das Landessozialge­
richt Baden‑Württemberg feststellte. Das
Gericht entschied, dass für Arbeitgeberleis­
tungen, die nach den beitragsrechtlichen
Vorschriften nicht zum Arbeitsentgelt ge­
hören (z. B. Erholungsbeihilfen) oder be­
reits mit den richtigen Sachbezugswerten
berücksichtigt wurden (z. B. Restaurant­
schecks) keine weiteren Beiträge verlangt
werden dürfen. Darauf, dass dies im Leis­
tungsfall auch entsprechend geringere An­
sprüche des Arbeitnehmers gegen die Sozi­
alversicherung zur Folge habe, komme es
nicht an.
Arbeitnehmer/Arbeitgeber
Baulärm vom Nachbargrundstück
berechtigt zur Mietminderung
Das Landgericht Berlin hat entschieden,
dass die Miete für eine Wohnung, die nach
dem Einzug der Mieterin durch erheblichen
Baulärm von einem Nachbargrundstück
betroffen war, für die Dauer der Arbeiten
gemindert werden darf.
Geklagt hatte eine Mieterin, die bei Ab­
schluss des Mietvertrags auf dem Nach­
bargrundstück noch eine mit Bäumen
bewachsene Baulücke vorgefunden hatte.
Erst danach wurde diese mit einer Tiefga­
rage und einem Gebäude bebaut. Wegen
der Bauimmissionen verlangte die Mieterin
20 % der gezahlten Miete vom Vermieter
zurück.
Zu Recht meinte das Gericht. Bei Ver­
tragsschluss haben beide Parteien still­
schweigend vereinbart, dass die Wohnung
den üblichen Mietstandard gewährleiste,
also auch ein gesundheitlich unbedenkli­
ches Wohnen. Dieser Standard sei nach
Ansicht der Richter aufgrund der Bauar­
beiten auf dem Nachbargrundstück dau­
erhaft unterschritten worden. Zwar seien
gerade in Großstädten Baumaßnahmen in
der Nachbarschaft nicht unüblich, dennoch
sei die ganz überwiegende Mehrzahl von
Mietwohnungen von solchen Beeinträchti­
gen nicht betroffen. Unerheblich sei nach
Ansicht des Gerichts, dass der Vermieter
keine rechtliche Handhabe gegen den Bau­
herrn gehabt habe. Die sog. „Bolzplatzent­
scheidung“ des Bundesgerichtshofs hält
das Gericht für nicht einschlägig. Danach
sind auftretende Immissionen unter be­
stimmten Bedingungen nicht zu berück­
sichtigen. Die Entscheidung handelt aber
von einer dauerhaften Veränderung des
Wohnumfelds und nicht wie im entschie­
denen Fall nur von einer vorübergehenden
Beeinträchtigung.
Mieter/Vermieter
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