DAS QUARTAL 2.2019

DAS QUARTAL 2.19 9 Themen im Fokus G ut 10,6 Millionen Erwerbstätige haben einen Teilzeitjob, darunter viele Frauen. Bei ihnen geben häufig familiäre Motive den Ausschlag: Siemüssen für die Kinder da sein oder Angehörige pflegen. Aber es gibt auch durchaus Arbeitnehmer, die auf dieseWeise mehr Freizeit gewinnen oder sich weiterbil- den wollen. Bislang sah der Gesetzgeber lediglich einen Anspruch auf unbegrenzte Teilzeitarbeit vor – ohne ein Rückkehrrecht in Vollzeit. Das ist seit dem 1. Januar 2019 anders: Im Teilzeit- und Befristungsgesetz ist seitdem die Brückenteilzeit verankert. Arbeitnehmer haben nun das Recht, für einen bestimmten Zeitraum ihre Arbeitszeit zu verkürzen. Damit setzen Union und SPD ein Projekt aus ihremKoalitionsvertrag um. Die Rückfahrkarte in den früheren Job ist allerdings nicht für jeden machbar. Brückenteilzeit – die wichtigsten Fakten Mit der Brückenteilzeit, die seit Jahresbe- ginn im Teilzeit- und Befristungsgesetz festgelegt ist, will die große Koalition einen Weg aus der „Teilzeitfalle“ bieten. Zugleich sollen Unternehmen nicht mit neuen An- forderungen überlastet werden. Denn wenn von vorneherein klar ist, dass die Teilzeit endlich ist, dürfte für die Vertretung nur sehr schwer eine Ersatz-Fachkraft gefun- den werden. Gerade für kleinere Unterneh- men eine sowohl organisatorisch als auch finanziell schwer zu stemmende Aufgabe. Aus diesem Grund gilt die Brückenteilzeit erst in Unternehmen mit mehr als 45 Be- schäftigten. Gezählt wird nach Köpfen und ohne Auszubildende. Das Bundesarbeits- ministerium schätzt, dass die Brückenteil- zeit damit rund 22 Millionen Beschäftigte umfassen wird. Allerdings kommt es nicht auf die Betriebsgröße an, sondern auf die Größe des Unternehmens. Rechtlich gese- hen ist das ein großer Unterschied, denn so ist ein Arbeitgeber mit 60 Mitarbeitern auch dann brückenteilzeitpflichtig, wenn er drei Filialen mit jeweils 20 Mitarbeitern hat. Au- ßerdem muss der betreffende Angestellte bereits seit mehr als einem halben Jahr im Unternehmen sein. Darüber hinaus ist im Gesetz eine Quote eingebaut, wonach Unternehmen bis zu einer Größe von 200 Arbeitnehmern nur einer bestimmten Zahl von Angestellten die Brückenteilzeit gewähren müssen. Pro 15 Arbeitnehmer kann demnach ein Mitar- beiter auf Brückenteilzeit hoffen. Wie beim normalen Teilzeitanspruch hat der Arbeit- geber außerdem nach wie vor die Möglich- keit, die Brückenteilzeit aus betrieblichen Gründen abzulehnen. Hier gelten dieselben Maßstäbe wie bei der normalen Teilzeit. Teilzeit mit Ablaufdatum bedeutet auch, dass von vorneherein die Dauer der Ver- kürzung festgelegt werden muss. Hier sind Zeiten zwischen einem Jahr und fünf Jahren vorgesehen – kürzer oder länger ist nicht erlaubt. Ausnahme: Der Tarifver- trag sieht andere Zeiten vor. Haben Sie mit Ihrem Mitarbeiter Brückenteilzeit verein- bart, darf er in dieser Zeit nicht obendrauf noch verlangen, die Arbeitszeit weiter zu reduzieren. Der normale Teilzeitanspruch greift nämlich in dieser Phase nicht. Das gibt Ihnen Planungssicherheit. Außerdem heißt nach der Brückenteilzeit nicht unbe- dingt vor der Brückenteilzeit: Wer von einer befristeten Arbeitszeitverkürzung in seinen normalen Job zurückkehrt, muss erst ein- mal ein Jahr warten, bevor ein neuer Antrag auf den Tisch gelegt werden kann. Es gibt allerdings auch Punkte, welche die Brückenteilzeit nicht beeinflussen: • Teilzeit oder Vollzeit: Ob Ihr Mitarbeiter vor der Brückenteilzeit einen Vollzeitjob hatte oder bereits in Teilzeit war, spielt keine Rolle. • Umfang der Verkürzung: Wie viel we- niger Ihr Angestellter arbeiten möchte, ist ebenfalls unwichtig – auch geringe Verkürzungen sind denkbar. • Lage der reduzierten Arbeitszeit: Brückenteilzeit kann auf Wunsch auch blockweise genommen werden, etwa, um einige arbeitsfreie Wochen oder Mo- nate zu erreichen. • Grund für die Brückenteilzeit: Aus wel- chen Motiven Ihr Mitarbeiter die Brücken- teilzeit wünscht, ist gleich und muss im Antrag nicht angegeben werden. Bislang sieht das Gesetz keine Regeln vor, was passiert, wenn mehrere Mitarbeiter gleichzeitig Brückenteilzeit beantragen. Allerdings gehen Experten davon aus, dass Arbeitgeber dann nach Ermessen entschei- den können – und zum Beispiel den Arbeit- nehmern Vorfahrt in die Brückenteilzeit ge- ben, die ihre Arbeitszeit verkürzen wollen, um Kinder oder pflegebedürftige Angehö- rige zu betreuen. Teilzeit – die Form wahren Brückenteilzeit muss der Arbeitnehmer beantragen – und zwar in Textform, also beispielsweise als Brief oder E-Mail. Es reicht damit nicht mehr aus, den Wunsch mündlich mitzuteilen oder gewisserma- ßen über den Flur zu rufen. Der Antrag auf Brückenteilzeit muss spätestens drei Mo- nate vor dem gewünschten Beginn beim Arbeitgeber eingehen. Vorgeschrieben ist, dass im Antrag die gewünschte Dauer der Brückenteilzeit und die Verkürzung der Arbeitszeit angegeben werden. Wie die- se künftig verteilt werden soll, muss der Arbeitnehmer jedoch nicht aufführen. Sie können also auch als Arbeitgeber regeln, wie die reduzierte Arbeitszeit am besten verteilt wird. Wenn ein Antrag bei Ihnen eingegangen ist, sollten Sie möglichst zügig reagieren – und Ihrem Arbeitnehmer ausführlich und frist- gerecht antworten. Es ist wichtig, dass Sie mit Ihren Angestellten im Gespräch blei- ben. Bei der Brückenteilzeit ist das sogar gesetzlich vorgeschrieben: Ziel sollte sein, eine Lösung zu finden, die für beide Seiten passt. Sollte es tatsächlich betriebliche Gründe geben, die gegen die Brückenteil- zeit sprechen, müssen Sie das ausdrücklich erklären, und zwar schriftlich und bis einen Monat vor Beginn der gewünschten Ar-

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