DAS QUARTAL 4.2018

S eit Mitte Januar gilt die Payment Service Directive2 (PSD2).Mit dieserRichtliniewill die EU-Kommission den Verbraucherschutz stärken und den europaweitenWettbewerb im Zahlungsverkehr erhöhen, indem sich dort auch Nichtbanken stärker engagieren dürfen. Dass sich etwas ändert, hat jeder Kontoinhaber über seine Banken erfahren, da alle Finanzinstitute die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) den neuen Regelungen anpassen und das mitteilen mussten. In der Berichterstattung ging es danach vor allem um den Bankkunden als Verbraucher. Der Branchendienst „biallo“ etwa betonte die Aussicht auf mehr Rechts- sicherheit bei Zahlungsdiensten, sinkende Gebühren und schnellere Geldüberweisun- gen. Gleichzeitig sorgten Warnungen vor dem gläsernen Kunden für Aufsehen, weil bald – mit Zustimmung des Betroffenen – mehr Finanzdienstleister einen Zugriff auf seine Kontoinformationen erhalten könnten. PSD2 könnte für ein gläsernes Bankkonto sorgen Fakt ist: Kunden können nun sogenannte Zahlungsauslösedienste wie z. B. Klarna zum direkten Geldtransfer etwa an einen Händler ermächtigen, ohne dass ein Um- weg über die kontoführende Bank genom- men werden muss. Sogenannte Konto- informationsdienste wie Numbrs können damit beauftragt werden, dem Kunden auf einer App einen detaillierten Überblick über seine Konten und Verträge zu geben. Dafür brauchen diese Dienstleister natürlich Zu- gang zu den Konten – aber dieser muss ih- nen ausdrücklich gewährt werden, ist also die souveräne Entscheidung des Nutzers. Trotzdem sollten die AGB-Änderungen der Banken gut mit dem Anwalt studiert wer- den. Und natürlich auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Zahlungsaus- löse- oder Kontoinformationsdiensten und die von Onlinehändlern wie Amazon, die mit neuen Finanzdienstleistungen auf den Markt drängen werden oder sogar schon aktiv sind. Aber ein genauer Blick in die AGB von Geschäftspartnern sollte für Firmen- chefs ja stets Pflicht sein. PSD2-Verweigerern drohen Abmahnungen Besonders intensiv muss sich mit der PSD2 jeder beschäftigen, der einen Onlineshop betreibt. Einmal unter dem Aspekt der AGB, deren Tücken er sicher bereits seit dem Thema Widerrufsbelehrung und Verbrau- cherrechterichtlinie (VRRL) kennt. Sie sind so zu ändern, dass für alle von der PSD2- Richtlinie erfassten Zahlungsarten nicht länger zusätzliche Gebühren berechnet werden dürfen. Das gilt auch offline. Ei- nige Firmen scheinen die Vorgabe umgehen zu wollen, was etwa Abmahnungen durch Ver- braucherschützer oder Wettbewerber pro- vozieren kann. Zudem ist zu überlegen, wie mit bestimmten Partnern umgegangen wird. Paypal etwa fällt nicht direkt unter die neue PSD2-Vorgabe, für diesen Zahlungsweg ist also eine Gebühr zulässig. Paypal hat in sei- ne AGB aber parallel zum Inkrafttreten der PSD2 aufgenommen, dass Händler vom Kunden keine Gebühr für die Nutzung von Paypal verlangen dürfen – und das, obwohl Paypal für Händler teurer ist als manch anderer Finanzdienstleister. Wer nicht auf Paypal verzichten will, sollte überlegen, Na- vigation und Voreinstellungen im Shop zu ändern. Paypal könnte unter den Zahlungs- optionen ganz nach unten geschoben und eine andere, für den Händler preiswertere Alternative als bevorzugter Zahlungsweg automatisch vorgeschlagen werden. Händler könnten leichter Finanzierungen anbieten Wichtig ist die Beschäftigung mit der PSD2 für Händler auf lange Sicht aus einem weiteren Grund: Die neue Freiheit beim Zugriff aufs Konto kann ihnen helfen, dem Kunden mit Ratenzahlungsangeboten die Kaufentscheidung zu erleichtern. Wollte ein Verbraucher früher beispielsweise eine Waschmaschine finanzieren, ging er für einen Kredit zur Bank und bezahlte dann den Einzelhändler. Nur große Ketten konn- ten eigene Finanzierungsangebote direkt im Laden anbieten. Künftig könnten das auch kleine Händler mithilfe sogenannter Fintechs. Einige dieser Start-ups im Fi- nanzbereich bieten schon Apps an, die sich ohne viel Aufwand in die IT des Händlers in- tegrieren lassen. Der kann dann im Online- oder Offline-Verkaufsprozess einen Kredit anbieten, für den die App im Hintergrund die Konditionen klärt, und Kunden eine maßgeschneiderte Finanzierung offerieren. Allerdings gilt auch für solche Fälle: Die mögliche Zusammenarbeit mit einem Fin- tech sollte vorher intensiv mit Anwalt und eventuell auch Steuerberater besprochen werden – nicht nur wegen der AGB, son- dern auch unter Aspekten wie Datenschutz und Finanzierung. Prüfen Sie Chancen und Risiken der neuen Zahlungsrichtlinie Die PSD2 eröffnet kleinen Unternehmen neue Wege zur Kundenbindung: Sie könnten in Kooperation mit Fintechs maßgeschneiderte Finanzierungen anbieten und Kunden so die Kaufentscheidung erleichtern. Text: Frank Wiercks DAS QUARTAL 4.18 26 Themen im Fokus Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgzNDE=