DAS QUARTAL 4.2018

Das tragen Unternehmer zum Aufbau motivierter Teams bei Ein gutes Team ist für den Chef harte Arbeit. Er muss die Voraussetzung dafür schaffen, dass es zusammenwächst. Er muss Kritik aushalten, verlässlich sein, Lob verteilen – und falls nötig konsequent durchgreifen. Text: Midia Nuri V or Kurzem gab der „Münchner Merkur“ denTipp, passendeKandidaten für einen Jobmit nur vier Fragen zu identifizieren. Ein interessanter Ansatz – aber man sollte das Thema unbedingt um die Frage ergänzen, wie die sinnvolle Eingewöhnung und Einglie- derung als wichtig identifizierter Personen in ihr neues Team aussieht. Das ist natürlich bei Auszubildenden sinnvoll, die die ersten Schritte ins Berufsleben wagen, aber auch bei Mitarbeitern, die das Team auf Dauer mit ihren Fähigkeiten bereichern sollen. Das wiederumerfordert vor allemguteStimmung. Und dies passt genau zumTag des positiven Denkens, der am13.09.2018 gefeiert wurde. Warumalso nicht mal darüber nachdenken, wie Unternehmer es generell schaffen, gute Mitarbeiter zu integrieren und langfristig zu halten? Dass ein Betrieb ausgerechnet die wichtigsten und besten Mitarbeiter verliert, kommt nämlich viel zu oft vor. Und das hat Gründe – wogegen die Firmenchefs etwas tun können. Mehr Geld und Verantwortung können stark motivieren Tatsächlich haben Mittelständler rein sta- tistisch betrachtet überdurchschnittlich zufriedene Mitarbeiter. Gerade erfolgrei- che kleine und mittelgroße Betriebe ma- chen also schon viel richtig. Trotzdem kommt es in den besten Unternehmen vor, dass gerade die treue Seele des Betriebs plötzlich abhandenkommt oder innerlich dauerhaft auf dem Absprung ist. Dies zu verhindern, fängt schon damit an, dass die besten Angestellten nicht zunehmend be- und schließlich überlastet werden, gerade weil sie so gute Arbeit leisten. Die Produktivität sinkt, wenn die Arbeitszeit 50 Wochenstunden übersteigt, zeigen Studien der Universität Stanford. Wie teuer das ein Unternehmen zu stehen kommt, davon war hier bereits zu lesen. Sinnvoller wäre es, viel und gut arbeitenden Mitarbeiter auch formell mehr Verantwortung zu übertragen sowie ein höheres Gehalt zu zahlen. Loben und persönliche Befindlichkeiten beachten Ein guter Chef zu sein heißt außerdem, es den Mitarbeitern nicht durch Chaos oder Unklarheit unnötig schwer zu machen. Dass Unternehmer gute Arbeit loben und Mitarbeitern für ihren Einsatz danken soll- ten, war hier bereits Thema. Ganz generell geht es mit Blick auf Motivation und Treue der Mitarbeiter darum, sich auch mensch- lich um sie zu kümmern. Wer als Chef die persönlichen Bedürfnisse und Befindlich- keiten seiner Mitarbeiter im Auge hat, ist schon auf einem guten Weg zum vorbild- lich motivierenden Chef und unternimmt quasi nebenbei auch wichtige Schritte in Richtung der ja in Unternehmen ebenfalls nötigen Prävention. Sich zu kümmern, muss Chefsache sein – andere Dinge las- sen sich eher mal delegieren. Seniorität allein darf kein Beförderungs- grund sein Die Leistung der Mitarbeiter muss natür- lich stimmen. Umgekehrt sollte der Un- ternehmer tunlichst darauf achten, hierfür gegebene Zusagen einzuhalten. Wenig demotiviert Mitarbeiter mehr als gebro- chene Versprechen. Unternehmer sollten auch das Signal nicht unterschätzen, das Auswahl und Beförderung von Mitarbeitern ihren Kollegen geben. Noch demotivieren- der als nicht eingehaltene Versprechen ist für fähige und engagierte Mitarbeiter, dass jemand nicht dank erkennbarer Fähigkeiten ins Team geholt oder befördert wird, son- dern scheinbar willkürlich. Das Phänomen ist im Management als Peter-Prinzip be- kannt: Mitarbeiter erhalten Posten, die nicht ihrer Eignung entsprechen, und sollen Auf- gaben erfüllen, denen sie nicht gewachsen sind. Insbesondere Inhaber rasch wach- sender Unternehmen tappen oft in diese Falle – sie befördern jemanden, weil er ein langer Wegbegleiter ist, und stoßen so andere Mitarbeiter vor den Kopf, die mehr Leistungen erbracht haben. Kritiker sollten gleich Verbesserungsver- schläge machen Für Unternehmer besteht die Kunst, ein Team motiviert zu halten, aus Sicht von Unternehmensberater Wolfgang Kierndorf darin, einerseits die Experten zu schätzen – sie gehen dem Betrieb am häufigsten verloren, wenn sie ihre Leistung und Fach- kenntnis nicht gewürdigt fühlen – und an- dererseits Multitalenten genug Auslauf zu geben. Die sollten Verantwortung bekom- men sowie Freiraum für Entscheidungen und Rückhalt für Experimente. Wer bei der Arbeit Gelegenheit bekommt, Leidenschaf- ten auszuleben oder zu entdecken, wird ein ebenso treuer wie produktiver Mitarbeiter – Studien zufolge steigert das Verfolgen einer Leidenschaft bei der Arbeit die Pro- duktivität um das Fünffache. Im Magazin „CIO“ empfiehlt Berater Kierndorf den Chefs zudem, „Nein-Sager“ zu konstruktiver Kritik zu bewegen, indem sie die Kritik hinnehmen und zugleich um Verbesserungsvorschlä- ge bitten. Das ist im Zweifel nicht nur sehr nützlich, sondern hebt auch die Stimmung – und gilt, solange der Ton stimmt, sogar für Kritik am Chef selbst. Der sollte wiede- rum die stillen Mitarbeiter nicht aus dem Blick verlieren und um ihre Meinung bitten – oft haben sie eine Situation bereits ana- lysiert und das Problem gelöst, während die anderen noch darüber streiten. Den Bruch von Regeln darf der Chef im Team nicht zulassen Ein bisschen ist Teamführung wie gute Erziehung: Belohnt der Chef die Mitarbei- ter ständig für den Bruch von Regeln oder verhält er sich sonst irgendwie willkürlich, wird kaum ein funktionierendes Team ent- stehen, dessen Mitglieder nach vereinbar- ten Regeln an vereinbarten Zielen arbeiten. An nichts anderem kann Unternehmern aber im eigenen Interesse gelegen sein. Regelbruch mag beim kreativen Ausprobie- ren seine Berechtigung haben. Aber imMit- einander gerade eines kleineren Unterneh- mens kann sich sozialer Regelbruch tödlich auf den Teamgeist auswirken. Wer Konflikte nicht lösen will, muss den Betrieb verlassen Niemand ist perfekt – auch nicht der Chef als Teammotivator. Aber wenigstens auf so etwas wie sinnvolle Teamhygiene sollte er achten, raten Heidrun Schüler-Lubienetzki und Ulf Lubienetzki im Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ – also darauf, ob ein Mitarbeiter die Stimmung am Arbeits- platz vergiftet. Nicht durch normale Kon- flikte, die überall mal vorkommen, sondern durch fiesere Aktionen. Ein Zeichen dafür ist, dass sich Konflikte nicht lösen lassen DAS QUARTAL 4.18 24 THEMEN IM FOKUS

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