DAS QUARTAL 4.2018

DAS QUARTAL 4.18 14 Themen im Fokus I n kleinen Unternehmen entscheidet der Chef meistens alleine. Fällt er aus, ist der Betrieb schlagartig handlungsunfähig. In größeren Unternehmen gibt es oft weitere Geschäftsführer oder Prokuristen. Dann läuft der Betrieb zumindest eine Zeit lang weiter, nachdem der Hauptgesellschafter oder -geschäftsführer plötzlich ausgefallen ist. Werden große Entscheidungen nötig, für die seine Zustimmung erforderlich ist, steht aber auch hier alles still. Um diese Lähmung im Ernstfall, die schnell in der Insolvenz enden könnte, zu verhindern, sollte jeder Unternehmer für seinen Betrieb eine notariell beglaubigte Vorsorgevollmacht erstellen. Durch dieses Dokument gibt er einem vertrauenswürdigen Bevollmäch- tigten die Erlaubnis, die Firma während seiner Abwesenheit in seinem Sinne zu lenken und weitreichende Entscheidungen zu treffen. Die Vorsorgevollmacht sollte nur in Absprache mit dem Rechtsanwalt und dem Steuerberater verfasst werden und muss exakt auf die individuelle Situation des Unternehmens abgestimmt werden. Dabei sind viele Details zu beachten: Patientenverfügung, Betreuungsverfü- gung, Vollmacht Zwar gehen sowohl Vorsorgevollmacht wie auch Patienten- und Betreuungsverfügung grundsätzlich in eine ähnliche Richtung – jemand ermächtigt eine Person, für ihn/ sie Entscheidungen zu treffen, wenn er/sie selbst nicht mehr dazu in der Lage ist. Bei den konkreten Inhalten gibt es aber große Unterschiede, weshalb in der Regel min- destens zwei unterschiedliche Dokumente erforderlich sind, bei größeren Unterneh- men normalerweise sogar drei. Eine Patientenverfügung klärt die Frage, welche medizinischen Maßnahmen man wünscht beziehungsweise nicht wünscht. Liegt jemand beispielsweise im Koma, kann eine juristisch wasserdichte Patien- tenverfügung dem Arzt bestimmte lebens- verlängernde Maßnahmen untersagen. Grundsätzlich bindet auch eine mündliche Patientenverfügung den Arzt, sie wird aber gerade im Stress einer Krankenhausbe- handlung oft unter schwierigen Umständen gegeben oder könnte unklar formuliert sein. Besser ist es darum, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen und eine schriftli- che Patientenverfügung zu verfassen, am besten nach Rücksprache mit dem Anwalt. Eine Betreuungsverfügung dient der Vor- sorge für den Fall, dass man bei alltäglichen Fragen nicht mehr selbst entscheiden kann. Normalerweise wählt dann das Betreu- ungsgericht einen Betreuer aus. Liegt eine Betreuungsverfügung vor, wird der Richter in der Regel die gewünschte Person bestel- len. Die Betreuungsverfügung greift erst, wenn das Gericht es entsprechend der ge- sundheitlichen Situation des Verfügenden für erforderlich hält. Außerdem steht der Betreuer unter der Kontrolle des Gerichts, es wacht über die Einhaltung der Verfügung und kann etwa Ein- und Auszahlungen auf den Konten des Verfügenden prüfen. Eine Vorsorgevollmacht dient dazu, den Gang zum Betreuungsgericht zu vermei- den und rechtzeitig bei klarem Kopf no- tariell beglaubigt festzulegen, durch wen man im Falle einer eventuell eintretenden Geschäfts- oder Einwilligungsunfähigkeit umfassend vertreten werden will. Für Fir- meninhaber ist es ganz wichtig, dass der über die Vorsorgevollmacht eingesetzte Vertreter sofort für die Firma entscheiden kann, wenn etwas passiert ist – etwa nach einem schweren Autounfall des Chefs. Liegt keine Vorsorgevollmacht vor, muss das Be- treuungsgericht erst auf Antrag tätig werden und einen Betreuer bestellen. Oft vergehen mehrere Wochen, bis die Richter jemanden als vertretungsberichtigt erklären – in der Zwischenzeit dürfte mancher Betrieb wegen zu langer Handlungsunfähigkeit längst in der Insolvenz gelandet sein. Getrennte Vorsorgevollmachten für Betrieb und Privates Ein Unternehmer sollte also unbedingt mehrgleisig fahren. Er muss in jedem Fall eine Patientenverfügung aufsetzen, um seine Wünsche bei der medizinischen Be- handlung festzuschreiben. Und er muss eine Vorsorgevollmacht formulieren, in der er festlegt, welche vertrauenswürdige Person die Geschicke des Unternehmens mit Eintreten seiner Entscheidungsun- fähigkeit in welcher Weise lenken soll. So verhindert er, dass im Ernstfall vom Gericht eine Betreuungsverfügung erlas- sen wird. Mit der Vollmacht kann er auch Kompetenzen auf verschiedene Personen verteilen, muss dann aber darauf achten, dass sie sich nicht gegenseitig blockieren. Zudem sollte der Unternehmer eine zweite Vorsorgevollmacht für sein Privatvermö- gen beziehungsweise für sein Privatleben betreffende Entscheidungen erstellen. Idealerweise werden die Vollmachten ge- meinsammit dem Anwalt formuliert, damit sie sich ergänzen und nicht in wichtigen Punkten widersprechen oder durch unklare Anweisungen zumindest Entscheidungen erschweren. Getrennte Vollmachten für Unternehmen und Privatbereich Viele Unternehmer machen keinen Unter- schied zwischen Betrieb und Privatvermö- gen, zumal wenn sie als Einzelunternehmer alle Entscheidungen selber treffen und mit ihrem ganzen Vermögen für ihr unterneh- merisches Engagement haften. Sollten sie unerwartet ausfallen, gibt es ohne Vorsor- gevollmacht aber schnell Probleme. Ent- gegen der oft verbreiteten Meinung haben Ehepartner keine besonderen Vertretungs- oder sonstigen Rechte. In der Regel wird deshalb vom Betreuungsgericht ein Betreu- er bestellt, der sowohl privat als auch im Unternehmen die Vertretung übernimmt. Kommen dafür mehrere nahe Angehörige in Betracht, kann dies zu Zeitverzögerun- gen, großer Unsicherheit und eventuell sogar Streit etwa zwischen Ehepartner und Kindern führen. Außerdem muss der Betreuer dann zuerst ein Vermögensver- zeichnis erstellen. In einem Einzelunter- nehmen werden wichtige Entscheidungen so eventuell ebenso verzögert wie in einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, weil ohne Vorsorgevollmacht auch zuerst ge- klärt werden muss, wer beispielsweise bei Gesellschafterbeschlüssen für den ausge- fallenen Gesellschafter abstimmen darf. Vorsicht mit bei einer uneingeschränkten Vorsorgevollmacht Es gibt viele Gründe, warum ein Firmenchef plötzlich nicht mehr die Unternehmensfüh- So läuft der Betrieb weiter, wenn der Chef plötzlich ausfällt Wird ein Unternehmer handlungsunfähig, droht seinem Betrieb die Insolvenz. Nur per Vorsorgevollmacht kann ein Bevollmächtigter den Betrieb ohne Einmischung des Betreuungsgerichts nahtlos weiterführen. Text: Frank Wiercks

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