DAS QUARTAL 3.2018

9,19 Euro ab 2019 – schon jetzt sollten Betriebe darauf reagieren Der Mindestlohn steigt. Firmenchefs sollten rasch prüfen, wie sich das auf die Zahl der Arbeitsstunden von Minijobbern, Einsatzpläne und Kalkulationen auswirkt. Sonst drohen Bußgelder und Strafverfahren. Text: Frank Wiercks B ald also 9,19 Euro pro Stunde. Die Min- destlohnkommission hat empfohlen, dass die gesetzliche Lohnuntergrenze zum 1. Januar 2019 auf diesen Satz und zum 1. Januar 2020weiter auf 9,35 Euro steigen soll. Derzeit liegt sie bei 8,84 Euro. Die Erhöhung scheint ein kräftiger Schluck aus der Pulle, reicht aber selbst manchem Arbeitgeber nicht. Der meinungsstarke Trigema-Chef Wolfgang Grupp etwa, der stets betont, dass seine Textilien auf der Schwäbischen Alb zusammengenäht werden, nennt es eine Schande für Unternehmer, dass überhaupt in Deutschland ein Mindestlohn eingeführt werdenmusste. Firmensolltenangemessene Löhnezahlen, vondenenMitarbeiter inderRe- gion ihren Lebensunterhalt finanzieren könn- ten – bei ihmgebe esmindestens 9,80 Euro pro Stunde und bei guten Leistungen bereits nach einigen Wochen eine Lohnerhöhung. Nach Berechnungen der Bundesregierung müsste ein Geringverdiener sogar 12,63 Euro pro Stunde verdienen, um im Alter nicht von Grundsicherung abhängig zu sein. Auf diesem Niveau dürfte der gesetzliche Mindestlohn jedoch kaumso schnell landen. Tatsächlich läge er hierzulande mit 9,19 beziehungsweise 9,35 Euro knapp hinter der europäischen Spitzengruppe mit Ländern wie Luxemburg, Frankreich und Irland, aber vor Großbritannien und gut doppelt so hoch wie in Spanien. Bei Minijobbern rechtzeitig die Stunden- zahl anpassen Die meisten Unternehmer dürften aber – im Gegensatz zu Wolfgang Grupp – weniger über den grundsätzlichen Sinn des gesetzli- chen Mindestlohns philosophieren, als sich mit den konkreten Auswirkungen auf ihren Betrieb zu beschäftigten. Jede Erhöhung macht bei den betroffenen Unternehmen die Neukalkulation der Preise notwendig und eventuell Preiserhöhungen unumgäng- lich. Ebenso wichtig: Für Minijobber muss der Firmenchef rechtzeitig vor Inkrafttreten der neuen Lohnuntergrenze die Stunden- zahl anpassen, weil sie künftig mit weniger Arbeitszeit die 450-Euro-Grenze erreichen. Diese Grenze aber darf rein rechnerisch um keinen Cent überschritten werden, da sonst alle Vorteile eines Minijobs entfallen. Des- halb sollen entsprechende Verträge mög- lichst bald mit dem Steuerberater geprüft und Einsatzpläne angepasst werden. Manche Prämien zählen bei der Mindest- lohn-Berechnung In so einem Gespräch kann der Firmenchef mit dem Steuerberater auch gleich klären, ob neuere Urteile zum Mindestlohn sich in seinem Betrieb darauf auswirken, wie die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns berechnet wird. So sind beispielsweise bestimmte Prämien mindestlohnwirksam, dürfen also einbezogen werden, wenn die Höhe des Stundenlohns ermittelt wird. Das gilt etwa für eine „Immer-da-Prämie“, mit der der Unternehmer honoriert, dass ein Mitarbeiter sich weniger oft krank meldet. Oder für eine Sonderzahlung, die fällig wird, wenn der Beschäftigte seinen Arbeitsplatz besonders sauber hält. Firmenchefs könn- ten also zusammen mit dem Steuerberater überlegen, welche Prämien gleichzeitig An- reize für Arbeitnehmer schaffen und durch ihre Zahlung helfen, den Mindestlohnan- spruch zu erfüllen. Das kann laut Bundes- arbeitsgericht auch eine Treueprämie sein. Entgeltfortzahlung immer mit Steuerbe- rater ausrechnen Andererseits müssen Unternehmer daran denken, dass der gesetzliche Mindestlohn eine Untergrenze definiert, die grundsäch- lich einzuhalten ist – auch in Sondersitu- ationen. So hat das Bundesarbeitsgericht etwa entschieden, dass sich die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen – falls kein höherer tariflicher oder vertraglicher Vergütungsanspruch besteht – nach dem Mindestlohngesetz richtet. Sieht ein Tarif- vertrag einen Nachtarbeitszuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenver- dienst zu zahlen ist, ist auch dieser min- destens aus dem gesetzlichen Mindest- lohn zu berechnen. Auch wichtig: Wer die Beschäftigten durch leistungsorientierte Entlohnung gemäß einer Akkordstaffel be- zahlt, muss mit Steuerberater oder Anwalt gut klären, welche Ausgangswerte zugrun- de gelegt werden, um nicht gegen das Mindestlohngesetz zu verstoßen – und seine aktuellen Sätze unter diesem Aspekt eventuell zum 1. Januar 2019 anpassen. Bei Verstößen werden natürlich weiterhin saftige Bußgelder und Nachzahlungen fäl- lig, sobald eine Betriebsprüfung oder eine Razzia des Zolls respektive der Finanzkon- trolle Schwarzarbeit (FKS) entsprechende Hinweise zutage fördert. Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg DAS QUARTAL 3.18 18 Themen im Fokus

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgzNDE=